Neun Jahre nach der Schlammkatastrophe im brasilianischen Mariana liegt eine Einigung über Entschädigungszahlungen vor. Die drei verantwortlichen Bergbauunternehmen, die Zentralregierung sowie zwei betroffene Gliedstaaten unterzeichneten am Freitag (Ortszeit) in Anwesenheit von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva eine Vereinbarung über umgerechnet rund 28 Milliarden Euro. Opfervertreter zeigten sich von der Einigung aber enttäuscht.

Durch den Dammbruch eines Abraumbeckens des Unternehmens Samarco waren am 5. November 2015 über 40 Millionen Kubikmeter Schlamm freigesetzt worden, die mehrere Dörfer überschwemmten. 19 Menschen starben. Der Schlamm gelangte über drei Flüsse bis in den Atlantik, die Spur der Verwüstung war 650 Kilometer lang. Das Unglück gilt bis heute als eine der größten Umweltkatastrophen der brasilianischen Geschichte.

Samarco sowie die australische BHP Billiton und die brasilianische Vale sollen über die kommenden 20 Jahre umgerechnet 16 Milliarden Euro an die betroffenen Familien, Städte und Gemeinden zahlen. Zu den rund 28 Milliarden Euro aus der Einigung zählten demnach weitere 5,3 Milliarden Euro an schon eingegangenen Verpflichtungen, die aber noch ausstünden, sowie 6,2 Milliarden Euro, die die Unternehmen bereits gezahlt hätten. Die Regierung schätzt, dass rund 300.000 Bürger Entschädigungszahlungen erhalten werden.

Kritik von Opferorganisationen

Vertreter von Opferorganisationen kritisierten die Einigung der in den Medien "Tragödie von Mariana" genannten Katastrophe. Viele Geschädigte würden aufgrund fehlender Dokumente über ihr verlorenes Hab und Gut nicht entsprechend entschädigt. Zudem seien die individuellen Zahlungen zu niedrig. Präsident Lula da Silva verwies auf die sich über Jahre hinziehenden Verhandlungen zwischen der Justiz und den Unternehmen. In den vergangenen Wochen hatte die Regierung Druck gemacht, damit die Einigung vor Beginn eines Prozesses in England zustande kommt.

Enttäuscht über die Langsamkeit der brasilianischen Justiz, hatten sich Betroffene 2018 an die englische Justiz gewandt. In der vergangenen Woche war in London ein Prozess angelaufen, in dem Familien von der BHP Billiton 36 Milliarden Pfund Entschädigungen fordern. Insgesamt sollen demnach rund 620.000 Betroffene Aussicht auf Zahlungen haben. Experten gehen jedoch davon aus, dass die nun in Brasilien verhandelte Einigung die Aussichten auf einen Erfolg in England schwächt. Ein Urteil wird dort für Mitte 2025 erwartet.

In Brasilien wurde bisher niemand wegen der Katastrophe verurteilt. Neben vier Unternehmen waren 2016 ursprünglich 22 Personen angeklagt worden. Ihnen wurde neben Umweltdelikten auch Mord vorgeworfen. Mittlerweile sind es nur noch sieben Menschen, die sich wegen Umweltdelikten verantworten müssen.