DIE ZEIT: Der Ausbruch der Coronapandemie bei uns ist demnächst fünf Jahre her. Ist die politische Aufarbeitung dieser Zeit aus Ihrer Sicht gelungen, Frau Dorn?

Thea Dorn: Welche Aufarbeitung? Ich sehe nichts, was diesen Namen verdient. Dabei schüren die Verwerfungen, die die Pandemie in der Gesellschaft und vor allem im Verhältnis zwischen Staat und Bürger angerichtet hat, bis heute wechselseitiges Misstrauen. Als Bürger hatte man den Eindruck: Der Staat traut uns nicht, er hält uns für Schwererziehbare, die er an die kurze Leine nehmen muss. Die Frage "Wie sind wir miteinander umgegangen?" sollte sich die Politik dringend stellen – übrigens auch die Wissenschaft, die Medien und die Justiz. Es irritiert mich, dass dies nicht längst geschieht.