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Gartenrundgang
Im Gegensatz zu der zweitausendjährigen Geschichte der Stadt Regensburg, kann der Botanische Garten der Universität Regens- burg nur auf eine vergleichsweise kurze Existenz zurückschauen. Erst 1977 wurde mit umfangreichen Baumaßnahmen zu dessen Erstellung begonnen. Zwar hat es in der Stadtgeschichte von Regensburg nicht an Versuchen zur Etablierung von Botanischen Sammlungen gemangelt, jedoch war diesen Einrichtungen kein langer Bestand beschieden. |
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Es steht zu hoffen, dass dem jetzigen Garten mit seinen 4,5 ha am südlichen Stadtrand eine längere Lebensdauer zuteil wird. Die Aussichten dafür stehen gut, ist doch der Träger des Gartens, die in den 60-er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erbaute Universität Regensburg.
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Das Herzstück der Anlage stellt die Systematische Abteilung der Bedecktsamer dar, welches die verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Pflanzen untereinander widerspiegelt und nach stammesgeschichtlichen Gesichtspunkten aufgebaut wurde. Sehr sinnfällig fügen sich die aus ein oder mehreren Unterklassen bestehenden System-Arme in das sanft von Ost nach West aufsteigende Gelände ein. So sind die ursprünglichsten Arten am Hanggrund angesiedelt. Die Höherentwicklung symbolisierend, steigen von dort mehrere System-Arme auf, um an der Hangkrone in den Bereich der höchst entwickelten Arten des Pflanzenreiches überzugehen. |
Wohltuend weicht das System des Regensburger Gartens von der häufig als langweilig empfundenen Aneinanderreihung von Beeten herkömmlicher Systematikkonzepte ab, wie sie zumeist noch in älteren Botanischen Gärten anzutreffen sind.
Die Regensburger Anlage gefällt durch ihre Großzügigkeit. Durch die Einbeziehung von baum- und strauchartigen Pflanzenvertretern entstehen immer wieder kleinräumige Strukturen mit Ein- und Durchblicken. In einzelnen Fällen gelingt es durch die Zuordnung Naturstandort entsprechender Accessoires, wie z.B. Felsblöcke für die Steinbrech- u. Dickblattgewächse die Lebensräume der jeweiligen Pflanzen anzudeuten.
Selbst Wasserpflanzen wurden mittels kleiner oder größerer Wasserbecken in die Systematische Abteilung integriert. Häufig sind die Ränder dieser Wasserflächen mit Holzschwellen besetzt, die als Sitzplätze zum Verweilen einladen. Durch die unterschiedlichen Becken und Teiche wird eine außerordentliche Vielfalt an aquatischen Lebensräumen geboten. Ein Beleg dafür sind auch die 12 im Garten nachgewiesenen Libellen-Arten.
Dem südlichen Rand der Systematischen Abteilung schließt sich die Geographische Abteilung an. Ursprünglich beher- bergten unsere geographischen Abteilungen nur Gehölze, die während des recht warmen geologischen Erdzeitalters Tertiär vor 65 Millionen Jahren in den artenreichen, sommergrünen Laub- u. Nadelmischwäldern im nördlichsten Teil unserer Erdhalbkugel bis nach Spitzbergen anzutreffen waren. In den nachfolgenden Eiszeiten verschwanden viele dieser Pflanzen. Anderen gelang es in wärmebegünstigten Zonen ihrer Kontinente bis in unsere Zeit zu überleben. Neben diesen sogenannten Tertiärrelikten haben aber auch mittlerweile Pflanzen in diesen Bereich Einzug gehalten, die nicht nur auf eine uralte Ahnenreihe blicken können, sondern deren Entstehung sich erst nach den Eiszeiten vollzog. |
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Die Grundfläche dieser Abteilung umfaßt annähernd 4000 qm mit 700 Pflanzenarten. Von Ost nach West ist sie in die Erdteile Amerika, Asien und Europa unterteilt, dabei bilden große, im Boden versenkte Steinquader die Kontinentengrenzen. Die Flächen sind ansprechend gegliedert, wobei englische Gartengestaltungselemente Berücksichtigung fanden. Eine Vielzahl kaum in Deutschland kultivierter Pflanzen, die hier zu finden sind, machen diesen Bereich sicherlich zu einem sehenswerten Gartenteil.
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Ein Teil der westlichen Abgrenzung der systematischen Abteilung wird vom Submediterranen Bereich gebildet. Pflanzen aus einer bestimmten Höhenstufe südlich der Alpen sind in diesem Areal anzutreffen. Ist auch der hintere Geländeabschnitt jener Anlage nur in Form einer einfachen Gehölzpflanzung vorhanden, so vermag doch der Vordergrund durch eine großzügige Staudenpflanzung mit thermophilen Arten zu gefallen. Die Pflanzung zeigt sich im Juni/Juli in einem farbenprächtigen Zustand, wenn Felsennelke, Graslilie, Mauerpfeffer und diverse Klee-Arten zusammen mit einer ganzen Reihe anderer Pflanzen ihren Blütenhöhepunkt erreichen. |
Nach Norden geht der hintere Teil des submediterranen Bereiches in einen Eichen-Birkenwald über, der natürlicherweise in W- und NW-Europa auf sandigen, bodensauren und nährstoffarmen Böden anzutreffen ist. Im Laufe der Menschheitsgeschichte führte die großflächige Abholzung jenes Waldtyps und die anschließende fortdauernde Beweidung zur Ausprägung einer andersgearteten Vegetationsform, der Heide. Die weitläufige Heidelandschaft, welche sich im Botanischen Garten an den Eichen-Birkenwald angliedert, ist daher als ein Produkt dieses anthropogenen Einflusses auf die Natur anzusehen. |
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Integriert in die Heidelandschaft wurde auch die Nachbildung einer kleinen Binnendüne, wie sie während der Eiszeiten in nicht mit Eis bedeckten, aber weitgehend vegetationslosen Sandgebieten durch den Wind geschaffen wurde. Sehenswert ist auch das dort befindliche Heidemoor.
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Nach Norden grenzt eine Pflanzung unterschiedlicher Auwald- Ausprägungen das System ab. Diese, durch hohen Grundwasserstand oder häufige Überschwemmungen gekennzeichneten Vegetationstypen unserer Heimat, sind entlang eines künstlichen Bachlaufes aufgepflanzt. Den schönsten Anblick vermitteln die Auwald-Formationen Schwarzerlenbruch und Eschen-Ulmen-Auwald im oberen Bereich des Bachlaufes. Im März/April ist die Fläche mit einem Blütenteppich von Knotenblume, Schlüsselblume, Buschwindröschen, Sumpfdotterblume, Scharbockskraut und Bärlauch überzogen. |
Dem Auwald schließen sich nach Norden hin weitere, zumeist als Arboretum gestaltete Vegetationstypen an. Verschiedene Europäische Laubwaldformationen gehen in die Boreale Nadelwaldzone über, die wiederum von Gehölzen der alpinen Höhenstufengliederung begrenzt wird. Bemerkens- wert in diesem sehr extensiv gehaltenen Bereichen ist die gelungene Darstellung der Tundra, gegenüber der Borealen Nadelwaldzone gelegen. |
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Östlich des Systems setzt sich die sanfte Neigung des Hanges nach unten fort und geht in kleinen Gewächshausbereich und den unteren Gartenteil über. Gut die Hälfte des unteren Gartens nimmt die Versuchs- und Anzuchtsfläche ein. Im Frühjahr und Sommer ist die Fläche komplett mit blühenden Stauden überzogen, die einerseits für die Lehre und Forschung Verwendung finden, andererseits aber auch zur Bestückung der Themenflächen herangezogen werden. Den südwestlichen Zipfel des unteren Gartens füllt der 1989 errichtete Schulgarten aus. Teich, Magerwiese, Staudenflur und Trockenhügel sind Themenschwerpunkte der Anlage, dessen Pflege den Didaktik-Studenten obliegt.
Wie viele andere Botanische Gärten besitzt der Regensburger auch eine Pharmazeutische Abteilung, die in diesem unteren Gartenabschnitt angesiedelt ist und Gift-, Heil- und Küchenkräuter beherbergt. Weitere Attraktionen bilden im unteren Gartenbereich eine kleine Kletterpflanzen-, Brombeer-, Sorbus- und einheimische Wildrosen-Sammlung.
Der für Besucher zugängliche Gewächshausbereich umfaßt ca. 450 qm und ist in vier Häuser unterteilt. Während das Haus 1 zur Kultur vorwiegend von Farnen, Bromelien und Orchideen dient sind in Haus 2 Insektivoren und Nutzpflanzen aus den temperierten Bereichen der Erde zu finden. Pflanzen des Tropischen Regenwaldes beherbergt das Haus 3 wobei auch hier eine Vielzahl von tropischen Nutzpflanzen zu sehen sind. Kakteen und andere sukkulente Pflanzen wurden im hinteren Abschnitt von Haus 4 angesiedelt. Der vordere Teil ist mit Insektivoren der kühleren Bereiche unserer Erde bestückt |
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Flechtenführer durch den Botanischen Garten Regensburg
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