
Symbolbild Erdbeben
Googles Erdbeben-Warnung versagte in der Türkei
Wer ein Android-Smartphone besitzt, wird durch Googles Erdbeben-Warnsystem “Android Earthquake Alarms” (AEA) gewarnt. Nun zeigt sich, dass das System versagt hat.
In der Türkei wurden 10 Millionen Menschen nicht gewarnt, als es zu einem verheerenden Erdbeben kam, berichtet die BBC. Stattdessen wurden sie dazu aufgefordert, achtsam zu sein.
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Ein Fehler, der zahlreiche Menschenleben gekostet hat
35 Sekunden können über Leben und Tod entscheiden. Das Erdbeben-Warnsystem von Google hat aber im Jahr 2023 versagt, als ein schweres Erdbeben mit einer Stärke von 7,8 das Land erschütterte.
10 Millionen Menschen im Umkreis von 157 Kilometern um das Epizentrum hätten die höchste Alarmstufe des Google-Erdbeben-Warnsystems erhalten sollen. Dadurch hätten sie 35 Sekunden mehr Zeit gehabt, sich in Sicherheit zu bringen. Doch die Warnung wurde nicht an die Personen rund um das Epizentrum versendet.
Stattdessen erhielten eine halbe Million Menschen eine Warnung, die weniger Dringlichkeit vermittelt und für leichte Beben vorgesehen ist. Google räumt ein, dass das Frühwarnsystem in diesem Fall nicht ausreichend gewarnt hat.
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Wie das Warnsystem funktioniert
Das Erdbeben-Warnsystem ist in rund 100 Ländern verfügbar und funktioniert nur auf Android-Smartphones. Es kommt vor allem in jenen Ländern zum Einsatz, wo seismische Netzwerke fehlen, um die Bevölkerung zu warnen.
Dafür nutzt es Beschleunigungssensoren in den Smartphones. Diese sind zwar langsamer als herkömmliche Messgeräte, dennoch können sie gefährliche Erdbeben erkennen. Die Smartphones nehmen verschiedene seismische Wellen wahr und senden die Daten samt Standort an Google-Server.
Dort wird nach der seismischen Quelle gesucht und wenn sie mit ausreichender Sicherheit identifiziert werden konnte, wird eine Warnung verschickt. Android-Smartphones sind standardmäßig mit Erfassungs- und Alarmierungsfunktionen zur Erdbebenwarnung ausgestattet.
Was schief gelaufen ist
Als sich das erste Erdbeben anbahnte, schliefen viele Menschen. Denn zu diesem Zeitpunkt war es ca. 04:17 in der Früh. Hätten sie die höchste Alarmstufe, also “Take Action”, erhalten, wären sie durch den Alarm aufgewacht. Denn diese Warnung setzt auch die “Nicht-Stören-Funktion” außer Kraft und verdeckt den gesamten Bildschirm des Smartphones.
Das AEA schätzte die Stärke des Bebens auf 4,5 bis 4,9 auf der Moment-Magnituden-Skala. Nur 469 Personen haben die “Take Action”-Warnung erhalten. Es blieb aber leider nicht bei diesem einen Erdbeben, das ja eigentlich eine Stärke von 7,8 hatte. Am selben Tag kam es zu einem zweiten Beben. Auch hier unterschätzte das System die Stärke des Erdbebens. Zwar wurden 8.158 “Take-Action”-Warnungen versendet, 4 Millionen Menschen erhielten aber nur eine “Be Aware”-Warnung, die den Nicht-Stören-Modus nicht deaktiviert.
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Google und die Fehleranalyse
„Wir verbessern das System kontinuierlich auf der Grundlage der Erkenntnisse, die wir bei jedem Erdbeben gewinnen“, sagte ein Sprecher von Google. Laut einer internen Untersuchung von Google habe das AEA im Jahr 2023 gut funktioniert. Das AEA war zwar an diesem Tag einsatzbereit und aktiv. Allerdings starben am Tag des Bebens, also dem 6. Februar 2023, 55.000 Menschen.
Was schief gelaufen ist, haben Google-Forscher in der Fachzeitschrift Science Details veröffentlicht. Demnach gab es “Einschränkungen bei den Erkennungsalgorithmen”. „Jedes Erdbeben-Frühwarnsystem steht vor derselben Herausforderung – der Feinabstimmung von Algorithmen für Ereignisse großer Magnitude“, so Google gegenüber der BBC.
Google betont außerdem, dass das System nur als Ergänzung zu nationalen Warnsystemen gedacht ist. Es wird auf Seiten der Wissenschaft aber befürchtet, dass sich viele Länder zu sehr auf ein System verlassen, das nicht ausreichend getestet wurde. Die Google-Forscher haben das Erdbeben in einer Fehleranalyse simuliert. Diesmal habe das System 10 Millionen “Take Action”-Warnmeldungen verschickt.
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