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BAS Substitutionsleitfaden 2011 Final 110107

Der Leitfaden der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen bietet Ärzten grundlegende Informationen zur substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen. Die überarbeitete Auflage betont die Notwendigkeit einer qualifizierten medizinischen Versorgung und die Zusammenarbeit mit psychosozialen Diensten, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen und mehr Ärzte zu motivieren, sich mit dieser Therapieform auseinanderzusetzen.

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BAS Substitutionsleitfaden 2011 Final 110107

Der Leitfaden der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen bietet Ärzten grundlegende Informationen zur substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen. Die überarbeitete Auflage betont die Notwendigkeit einer qualifizierten medizinischen Versorgung und die Zusammenarbeit mit psychosozialen Diensten, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen und mehr Ärzte zu motivieren, sich mit dieser Therapieform auseinanderzusetzen.

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2 Impressum

Impressum
Bayerische Akademie Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen
BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
für Sucht- und Landwehrstraße 60-62, 80336 München
Gesundheitsfragen Tel.: 089.530 730-0, Fax: 089.530 730-19, E-Mail: [email protected]
www.bas-muenchen.de
BAS Unternehmergesellschaft
(haftungsbeschränkt) Autoren (1. Auflage)
Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter, Arzt, BKH Haar
Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin, Augsburg
Dr. Ute Höffner, Ärztin, BAS e.V. München
Daniela Zeitler, Dipl.-Psych., BAS e.V. München
Dr. Corinna Bystron, Ärztin, BKH Haar
Dr. Christoph Schwejda, Arzt, BKH Haar
Dr. Hannes Rabe, Arzt, ÄKBV München
Gerhard Eckstein, Dipl.-Psych., Condrobs e.V. München
Stephan Walcher, Arzt, Concept München
Dr. Rainer Musselmann, Arzt, Concept München
Dr. Lothar Schneider, Arzt, Fürth
Prof. Dr. Gerhard Bühringer, Dipl.-Psych., Institut für Therapieforschung München
Dr. Brigitte Mugele, Ärztin, Klinikum am Europakanal Erlangen (†)
Dr. Franz Zilbauer, Arzt, Augsburg
Dagobert Ross, Arzt, Augsburg
Druck
Leitfaden für Ärzte Medienhaus Kastner AG, Schloßhof 2-6, 85283 Wolnzach, www.kastner.de
Aktualisiert von
zur substitutionsgestützten Dr. Beate Erbas (MPH), Ärztin, BAS, München
Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin, Augsburg
Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter, Arzt, Isar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost
Behandlung Opiatabhängiger Unter Mitarbeit von
2. vollständig überarbeitete Auflage Matthias Bastigkeit, Fachdozent für Pharmakologie, Geschendorf
Dr. Wolf-Dietrich Braunwarth, Arzt, Klinikum Nürnberg Nord
Josef Haberl, Arzt, Bezirkskrankenhaus Augsburg
Dr. Liane Paul, Toxikologin, Institut für Rechtsmedizin, LMU München
Dr. Hannes Rabe, Qualitätskommission KVB, München
Dr. Frank Schaefer, Arzt, Schwerpunktpraxis München
Dr. Werner Tauber, Arzt, Bezirksklinikum Ansbach
Dr. Willi Unglaub, Arzt, Bezirksklinikum Regensburg
Stephan Walcher, Arzt, Concept München
Bertram Wehner, Dipl.-Soz.Päd., mudra Nürnberg
PD Dr. Norbert Wodarz, Arzt, Psychiatrische Universitätsklinik Regensburg
1. Auflage, Dezember 1999 (Auflage 25.000 Stück)
2. vollständig überarbeitete Auflage, Juni 2010 (Auflage 2.000 Stück)
© Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmer-
gesellschaft (haftungsbeschränkt)
Diese Broschüre wird kostenlos abgegeben.
Vorwort zur 2. Auflage 3 4 Vorwort zur 2. Auflage

Vorwort zur 2. Auflage gesenkt werden kann. Die Substitutionsbehandlung ist die weltweit am
meisten praktizierte Behandlungsform der chronischen Opiatabhängigkeit
Nachdem vor rund 10 Jahren die erste Auflage des Substitutionsleitfadens und konnte auch in Deutschland ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis
erschienen ist und die letzte Aktualisierungsergänzung 2003 gedruckt wur- stellen (Cobra-Studie, Wittchen et al., 2003-2007).
de, war es an der Zeit, das Buch zu überarbeiten und zu ergänzen. Viele
Abstinenz ist das oberste Ziel jeder Behandlung Opiatabhängiger. Die
Leser bevorzugen gedruckte Informationen. Da jedoch Druckversionen zu
Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass zur Erreichung dieses Zieles viele
teuer sind, um bei neuen Erkenntnissen in der Therapie oder bei Gesetzes-
kleine Schritte nötig sind. Substitution ist für viele Patienten eine wichtige
änderungen sofort eine neue Auflage zu veröffentlichen, wird die vorlie-
Hilfe, um überhaupt eine anderweitig notwendige Behandlung zu beginnen
gende Version über die Website der BAS unter der Rubrik Publikationen/
bzw. eine Anbindung an das Suchthilfesystem zu finden und aus dem ver-
Broschüren (www.bas-muenchen.de) in regelmäßig aktualisierter Version
hängnisvollen Kreislauf der Sucht herauszufinden. Die Sicherung des
zum Download hinterlegt.
Überlebens wird im Betäubungsmittelrecht als erster Schritt eines substi-
Seit Mai 2009 besteht in Deutschland die Möglichkeit einer Behandlung mit tutionsgestützten Therapieplans zur Wiederherstellung der Gesundheit und
Diamorphin für schwerstabhängige Patienten, um diese überhaupt in Suchtmittelfreiheiheit akzeptiert. Der Arzt ist nach dem Willen des Gesetz-
Kontakt mit dem Hilfesystem zu bringen. Diese Behandlungsoption wird gebers zwar „Hauptverantwortlicher“ einer substitutionsgestützten Behand-
allerdings nur in wenigen Zentren unter strengen Kriterien angeboten und lung, ebenso deutlich wird aber im BtMG, dass ein multidisziplinärer
wird zunächst nicht weiter beschrieben. Ansatz, also die erforderlichenfalls enge Kooperation mit oder die Hinzu-
Dieses Buch richtet sich in erster Linie an mit der Substitution Opiat- ziehung von psychosozialen Diensten, Psychotherapeuten und Psychia-
abhängiger noch wenig vertraute Ärzte. Es soll ihnen helfen, sich einen tern, integraler Bestandteil eines vom Arzt zu verantwortenden Behand-
Überblick über diese mittlerweile 40 Jahre alte und in Deutschland seit lungskonzeptes ist und keinesfalls die Verabreichung eines
1993 praktizierte Behandlungsmethode und deren anerkannte medizinisch- Substitutionsmittels allein schon eine Behandlung darstellt. Leider ist die
ärztliche Grundsätze zu verschaffen. Der Leitfaden kann nicht die Kostenträgerschaft für die im Rahmen der Substitutionsbehandlung not-
Ausbildung der Ärzte im Umgang mit Opiatabhängigen ersetzen, ebenso wendige psychosoziale Begleitbehandlung und -betreuung immer noch
wenig kann er das notwendige Fachwissen zur Behandlung von Sucht- nicht eindeutig geregelt. Dies führt dazu, dass in vielen Regionen die psy-
patienten umfassend vermitteln. Wir verweisen diesbezüglich auf den von chosoziale Betreuung der Patienten nicht im erforderlichen Umfang ange-
den Ärztekammern angebotenen Qualifikationsnachweis „Suchtmedizini- boten wird und damit auch der Verlauf von Substitutionsbehandlungen
sche Grundversorgung" und auf eine Kooperation mit in dieser Behand- möglicherweise schlechter ist.
lungsmethode erfahrenen Ärzten. Drogenabhängige können schwierige Patienten sein, vor allem zu Beginn
Die Bedeutung einer medizinischen Versorgung Opiatabhängiger zeigt sich einer Behandlung. Dies hat unter anderem mit der diesem Krankheitsbild
u.a. darin, dass sich die Bundesärztekammer zunehmend mit der Behand- verbundenen Psychodynamik zu tun. Nicht selten ist mangelnde Professio-
lung dieser Patienten auseinander setzt und mit der Aufnahme der „Sucht- nalität der Behandler die Ursache für Negativ-Erfahrungen. Drogenab-
medizinischen Grundversorgung" in den Kanon der Weiterbildungs- hängige können gelegentlich den Praxisablauf stören oder beeinträchtigen.
möglichkeiten auch die Basis für ärztliches Handeln in diesem lange Zeit Es gibt jedoch genügend Beispiele niedergelassener Ärzte, in deren
vernachlässigten Bereich geschaffen hat. Es bleibt zu hoffen, dass der Um- Praxen Drogenabhängige wie andere Kranke auch behandelt werden,
gang mit und die Behandlung von Abhängigkeitskranken auf jeden Fall ohne dass dem Arzt daraus Nachteile für seine Praxis entstehen. Oft ste-
zum Standard ärztlicher Ausbildung gehören wird. Ein weiterer Beleg dafür, hen in Ballungsräumen für die Behandlung komplexer, schwerstabhängiger
dass die Behandlung von Drogenabhängigen allmählich weitere Verbrei- und multimorbider Patienten Schwerpunktpraxen und Ambulanzen zur
tung und Akzeptanz findet, ist auch die sichtbar zunehmende Vernetzung Verfügung, die mit interdisziplinären Teams und spezialisierten Behand-
der in diesem Behandlungsfeld tätigen Berufsgruppen sowie die Einrich- lungsangeboten über erweiterte Möglichkeiten verfügen.
tung entsprechender Arbeitskreise an den zuständigen Kammern. Das Scheitern einer Behandlung sollte, wie bei jeder Therapie, von Anfang
Es ist allgemein anerkannt, dass die hohe Morbidität und Mortalität Opiat- an als Möglichkeit in Betracht gezogen werden, denn Abhängigkeit ist eine
abhängiger durch qualifizierte und andauernde Behandlung am besten fast immer chronische, multimodale Erkrankung mit Behandlungsverläufen
Vorwort zur 2. Auflage 5 6 Danksagung zur 2. Auflage

oft über mehrere Jahrzehnte. Danksagung


Fachlichkeit, Qualität und Qualitätssicherung sind die besten Mittel, um Das Redaktionsteam bedankt sich bei den Mitgliedern des Qualitätszirkels
eine substitutionsgestützte Behandlung erfolgreich zu gestalten und damit der Substitutionsambulanzen, bei den zahlreichen niedergelassenen Sub-
auch die mancherorts noch bestehenden Zweifel an der Berechtigung die- stitutionsärzten sowie bei Herrn Wehner und dem Team der mudra für die
ser Therapie auszuräumen. Bei Überlegungen zur „Behandelbarkeit“ konstruktive Mitarbeit bei der Aktualisierung des Leitfadens. Unsere
Drogenabhängiger sollten keine strengeren Maßstäbe an die Kooperation wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau Ursula Buchner hat uns bei allen
des Patienten angelegt werden, als dies bei anderen chronischen verhal- Layout-Fragen wertvolle Hinweise geliefert.
tensmedizinisch anzugehenden Erkrankungen (z.B. metabolisches Syn- Wie bereits bei der Erstauflage erwies sich Herr Dr. Rabe auch bei der
drom) in Bezug auf Compliance, Änderungsverhalten und Einsichtsfähig- Aktualisierung als kompetenter Ansprechpartner bei Fragen zu Finan-
keit der Fall ist. Ärztliches Ethos respektive die Gesundheit des Patienten zierung und Qualitätssicherung.
als Maxime allen Handelns muss auch für diese Patienten gelten.
Besonderer Dank gilt auch Herrn Bastigkeit, der uns mit der verständlichen
Noch immer herrscht in einigen Regionen ein Besorgnis erregender Darstellung der pharmakologischen Wirkung von Substitutionsmitteln
Mangel an Behandlungsmöglichkeiten zur substitutionsgestützten Thera- unterstützt hat.
pie. Dies bedeutet für die Patienten eine oft erfolglose Suche nach einem Zur Entstehung der 1. Auflage dieses Buches haben viele Personen bei-
Arzt oder eine die Substitution gefährdende Entfernung zum behandelnden getragen, auf deren Arbeit diese aktualisierte Version beruht, besonders
Arzt. Die in der BtMVV vorgesehenen Kooperationsmöglichkeiten v.a. mit Frau Dr. Bystron, die das Grundgerüst für dieses Buch geliefert hat, sowie
Apothekern zur wohnortnahen Substitution (Sichtbezug) könnten eine bes- Herr Dr. Schwejda (damals Substitutionsambulanz des BKH Haar).
sere Versorgung in ländlichen Gebieten ermöglichen. Hierzu müssten aber
Die Erfahrungen, die wir bei der Erstellung der 1998 publizierten
von den kassenärztlichen Vereinigungen, denen die Sicherstellung der
„Empfehlungen zur Qualitätssicherung bei der Substitutionsbehandlung
Behandlung obliegt, erst die finanziellen Rahmenbedingungen für die betei-
Opiatabhängiger", vor allem auch in Bezug auf die Kooperation der betei-
ligten Ärzte und Apotheker geschaffen werden. Ziel dieses Leitfadens ist es
ligten Berufe, sammeln konnten, waren Hintergrund für diesen Leitfaden.
nicht zuletzt, Vorurteile abzubauen und den Ärzten die Scheu vor dieser
Insofern sind wir der damaligen Arbeitsgruppe zu Dank verpflichtet.
Behandlungsmethode zu nehmen, indem wir ihre Grundzüge und die recht-
liche Basis darstellen. Wertvolle Hinweise verdanken wir auch der guten Zusammenarbeit mit
Vertretern der Bayerischen Landesärztekammer, der Bayerischen Landes-
Die Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen wird sich ihren
apothekerkammer sowie Repräsentanten der Suchthilfe.
Möglichkeiten entsprechend darum bemühen, dass die Versorgung Sucht-
kranker flächendeckend verbessert wird. Dazu sind wir auf den Einsatz und Nicht zuletzt hätte dieses Buch nicht entstehen können ohne das weit über
Idealismus der beteiligten Berufsgruppen angewiesen, ohne die nichts eine Arbeitsverpflichtung hinausgehende Engagement unserer damaligen
erreicht werden kann. wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Frau Daniela Zeitler und Frau Dr. Ute
Höffner.
Wir wollen mit diesem Leitfaden zur substitutionsgestützten Behandlung
Schließlich bedanken wir uns auch für die finanzielle Unterstützung durch
die Grundzüge dieser Behandlungsmethode praxisnah darstellen, um mehr
die jeweiligen Drogenbeauftragten des Bayerischen Staatsministeriums für
Ärzte zu motivieren, sich dieser Patienten anzunehmen. Die ausreichende,
Umwelt und Gesundheit.
flächendeckende und qualifizierte ärztliche Versorgung Opiatabhängiger
bleibt das Ziel. Wir würden uns freuen, wenn dieser Leitfaden ein Baustein Wir freuen uns, dass das Grundwissen der Substitution nunmehr in einem
dazu ist. aktualisierten Nachschlagewerk allen Ärzten in Bayern zur Verfügung
gestellt werden kann.
München, im Juni 2010

Christiane Fahrmbacher-Lutz
Hinweise für Benutzer 7 8 Inhaltsverzeichnis

Hinweise für Benutzer1 Inhaltsverzeichnis


Der vorliegende Leitfaden soll dem bislang in der Substitution unerfahrenen Vorwort zur 2. Auflage 3
Arzt Basiswissen vermitteln und ihm durch einen breit angelegten Service- Danksagung 6
teil Beginn und Durchführung der Therapie erleichtern. Die im Serviceteil
Hinweise für Benutzer 7
enthaltenen Dokumentationsbögen, Vereinbarungen, Anträge etc. können
fotokopiert und vergrößert oder unter der Rubrik Publikationen/Formular- Inhaltsverzeichnis 8
vorlagen unter www.bas-muenchen.de heruntergeladen werden und eine I. GRUNDLAGEN 11
Arbeitsvorlage während der Behandlung sein. Sie sollen dazu beitragen, 1 Was ist Drogenabhängigkeit? 11
den Besonderheiten einer substitutionsgestützten Behandlung in Bezug auf 2 Diagnostik bei Drogenkonsumenten 13
Therapie, zu stellende Anträge, rechtliche Anforderungen und Kooperation
3 Grundsätzliche Überlegungen zum therapeutischen Vorgehen 16
mit anderen an der Behandlung Drogenabhängiger beteiligten Berufs-
gruppen gerecht zu werden. Die aufgelisteten Literaturempfehlungen sollen 3.1 Entzugsbehandlung 17
eine weitere Hilfe zum Einarbeiten in diese Materie bieten. 3.2 Klassische Entwöhnungstherapie 19
Wir möchten dazu ermutigen, den Kontakt und den Informationsaustausch 3.3 Substitutionsgestützte Behandlung 21
mit anderen an der Behandlung von Suchterkrankungen beteiligten Perso- II. DIE SUBSTITUTIONSGESTÜTZTE BEHANDLUNG 22
nen und Einrichtungen beispielsweise in Form von Qualitätszirkeln und 1 Erstkontakt und Indikationsstellung 22
interdisziplinären Arbeitskreisen zu suchen, da diese Therapieform wie
1.1 Diagnostik 22
kaum eine andere auf Erfahrung und Erfahrungsaustausch beruht.
1.1.1 Somatische Anamnese und Ganzkörperstatus 22
Da Vorgaben des Gesetzgebers, Abrechnungsverfahren sowie zur Substi-
1.1.2 Suchtanamnese 24
tution zugelassene Medikamente einem raschen Wandel unterliegen, muss
sich der behandelnde Arzt zur Überprüfung aktuell gültiger Bestimmungen 1.1.3 Urinkontrollen und Blutuntersuchungen 24
und Gesetze fortlaufend über diese Änderungen informieren. 1.2 Indikationsstellung 29
1.2.1 Gesetzliche Grundlage 29
1.2.2 Therapeutische Überlegungen 30
2 Abklärung der Finanzierung 36
2.1 Abrechnung nach der „Richtlinie Methoden vertragsärztliche
Versorgung“ 36
2.2 Privatliquidation (Selbstzahler) 38
3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung 39
3.1 Behandlungsvereinbarung 39
3.2 Dokumentation 40
3.3 Medikamente zur Substitution 41
3.3.1 Methadon und Levomethadon 42
3.3.2 Levacetylmethadol (LAAM) 44
3.3.3 Buprenorphin 44
3.3.4 Codein/Dihydrocodein (DHC) 46
3.4 Anforderungen an Substitutionsmittel 46
1
Soweit in diesem Text bei der Bezeichnung von Personen ausschließlich die männliche Form 3.5 Mögliche Anwendungsbeschränkungen 48
verwendet wird, geschieht dies nur aus Gründen der besseren Lesbarkeit.
Inhaltsverzeichnis 9 10 Inhaltsverzeichnis

3.6 Dosisfindung 49 4.9 Arztwechsel 79


3.6.1 Einstellung/Umstellung auf Methadon 49 5 Beendigung der Therapie 80
3.6.2 Einstellung/Umstellung auf Buprenorphin 51 5.1 Regulärer Behandlungsabschluss 80
3.7 Fahrtauglichkeit 52 5.2 Therapieabbruch 81
3.8 Behandlungskonzept 53 5.2.1 Therapieabbruch durch den Arzt 81
3.9 Komplettierung der Diagnostik 56 5.2.2 Therapieabbruch durch den Patienten 82
3.9.1 Komplettierung der Anamnese 56 III. LITERATURVERZEICHNIS 83
3.9.2 Komplettierung der Untersuchungen 57
IV. SERVICETEIL 85
4 Praktische Durchführung der Behandlung 58
1 Erfassungsbogen Substitution – Anamnesebogen für Ärzte 85
4.1 Rezeptierung 58
2 Muster für eine Behandlungsvereinbarung zwischen Patient, Arzt
4.2 Tägliche Verabreichung des Substitutionsmittels 59 und psychosozialem Betreuer 98
4.2.1 Zur Verabreichung berechtigte Personen 59 3 Berichtsbogen zur psychosozialen Betreuung 100
4.2.2 Mögliche Verabreichungsorte 61 4 Protokollbogen zum Austausch zwischen substituierendem Arzt und
4.2.3 Verabreichung des Mittels unter Sicht 61 psychosozialer Betreuung 101
4.2.4 Sichtbezug in der Apotheke 62 5 Vereinbarung zwischen Arzt und Apotheker zum unmittelbaren
4.2.5 Nachweis über den Verbleib der Betäubungsmittel 62 Überlassen von Substitutionsmitteln in der Apotheke 102
4.3 Tipps für die Praxisorganisation 63 6 Muster einer patientenbezogenen Vergabe-Dokumentation 106
4.4 Im Therapieverlauf wiederholt abzuklärende Punkte 64 7 Orientierungsschema zur Beurteilung des klinischen Verlaufs 107
4.4.1 Eignung des Patienten 64 8 Auszüge aus der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung
(BtMVV) 108
4.4.2 Kontrolle von Doppelsubstitution – Substitutionsregister 64
9 Formular zur Meldung gemäß § 5a Abs. 2 BtMVV
4.4.3 Inanspruchnahme der indizierten begleitenden Behandlungs-
(Substitutionsregister) 115
und Betreuungsmaßnahmen 65
10 BtM-Rezeptbeispiele 117
4.4.4 Beikonsum 66
11 Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln 122
4.4.5 Rückfallmanagement 70
12 Literaturempfehlungen 123
4.5 Dosisanpassung und Verweigerung der Opiatabgabe 71
4.5.1 Fehltage 72
4.5.2 Intoxikation 72
4.5.3 Veränderungen des Opiatbedarfs 72
4.5.4 Sanktionen bei Regelbrüchen 73
4.6 Notfallsituationen 73
4.7 Take-home-Verordnung 75
4.7.1 Indikation 75
4.7.2 Rezeptierung (§ 5 Abs. 7 BtMVV) und Procedere 76
4.8 Urlaub 77
4.8.1 Urlaub des Patienten 77
4.8.2 Urlaub des Arztes 78
I Grundlagen 11 12 1 Was ist Drogenabhängigkeit?

I. GRUNDLAGEN 1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu
konsumieren.
1 Was ist Drogenabhängigkeit? 2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und
der Menge des Konsums.
Mit dem Begriff „Drogenabhängigkeit" wird im medizinischen Sinne die 3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des
Abhängigkeit von illegalen Substanzen bezeichnet. Es handelt sich dabei Konsums, nachgewiesen durch die substanzspezifischen Entzugssymp-
um Opiate und Opioide2, Cannabis, Kokain, Amphetamine und Halluzino- tome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten
gene bzw. um deren Kombination. Für die Substitutionsbehandlung inte- Substanz, um die Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden.
ressiert die Opiatabhängigkeit, die im Sinne des ICD-10 auch wegen der 4. Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen
Abhängigkeit von anderen Substanzen als Polytoxikomanie inklusive erreichten Wirkungen der psychotropen Substanz hervorzurufen, sind zu-
Heroinabhängigkeit bezeichnet wird. nehmend höhere Dosen erforderlich (eindeutige Beispiele hierfür sind die
Tagesdosen von Alkoholikern und Opiatabhängigen, die bei Konsumenten
Der Konsum psychoaktiver Substanzen war in den traditionellen Gesell-
ohne Toleranzentwicklung zu einer schweren Beeinträchtigung oder sogar
schaften meistens in rituelle Handlungen integriert und führte kaum zu zum Tode führen würden).
medizinischen oder sozialen Problemen. Erst ab Mitte und Ende des
5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen
19. Jahrhunderts, als es möglich wurde, viele dieser Stoffe in hochkon-
zugunsten des Substanzkonsums; erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz
zentrierter Form herzustellen und massenhaft zu vertreiben, kam es in zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
größerem Umfang zu Missbrauchsverhalten und Abhängigkeit.
6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher
Missbrauch (nach DSM-IV) bzw. schädlicher Gebrauch (nach ICD-10) ist Folgen wie z.B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive
ein Konsummuster psychotroper Substanzen, das zu einer körperlichen Verstimmungen infolge starken Substanzkonsums oder drogenbedingte
oder seelischen Gesundheitsschädigung führt. Missbrauch in der Definition Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei festgestellt
nach DSM-IV bezieht soziale und rechtliche Folgen mit ein und kann in werden, dass der Konsument sich tatsächlich über Art und Ausmaß der
Abhängigkeit (ICD-10, Flx.2) übergehen. Eine substanzbezogene Abhän- schädlichen Folgen im Klaren war oder dass zumindest davon auszu-
gehen ist.
gigkeit äußert sich in einer Steigerung der Toleranz gegenüber hohen
Dosen sowie dem Auftreten von Entzugserscheinungen bei fehlender Das Opiat Heroin ist im Hinblick auf das Abhängigkeitspotential, das physi-
Zufuhr der entsprechenden Substanz sowie dem Kontrollverlust bezüglich sche und psychische Funktionen beeinträchtigt, eine der gefährlichsten
der konsumierten Menge. Das unbezwingbare Verlangen der Person, die bzw. suchtpotentesten Drogen. Die negativen Folgen im körperlichen,
Einnahme der Substanz fortzusetzen, wird auch als „craving" (Suchtdruck) psychischen und/oder sozialen Bereich können bei exzessivem Konsum
bezeichnet. Diesem Verlangen werden alle anderen Bedürfnisse unter- besonders rasch auftreten und haben ein wesentlich größeres Ausmaß als
geordnet, so dass z.B. auch das Begehen von Straftaten zur Geld- bei den meisten anderen Substanzen. Akute Krisen in den verschiedensten
beschaffung in Kauf genommen wird. Bereichen, z.B. Beziehungen, Beruf oder Gesundheit, können therapeu-
tisch nutzbare Anlässe zum Aufbau einer Änderungsmotivation sein.
Im Diagnosesystem ICD-10 (Dilling, Mombour & Schmidt, 2004) wird
Abhängigkeit (Flx.2) definiert als das gleichzeitige Vorliegen von minde- In der Phase der beginnenden Änderungsmotivation ist eine intensive
stens drei der folgenden Kriterien zu einem Zeitpunkt im Laufe des letzten therapeutische Unterstützung angezeigt. Die Motivierung zu einer Ver-
Jahres: haltensänderung oder gar zur Teilnahme an einer Therapie ist allerdings
ein langwieriger Prozess.

2
Der Einfachheit halber verwenden wir im Text stets die Bezeichnung „Opiate“ oder „Opiat“ als
Synonym für Opiate und Opioide
I Grundlagen 13 14 2 Diagnostik

2 Diagnostik bei Drogenkonsumenten Die von abhängigen Patienten benutzten Opiate wirken, abgesehen von
ihren zeitlich unterschiedlichen Wirkungsverläufen, physiologisch sehr
Vor jeder Therapie ist eine umfassende Diagnostik inklusive klinischer ähnlich. Gerade der Zeitablauf des Wirkeintritts (sog. „Kick“) und der
Untersuchung erforderlich, die Vorgeschichte, Ursachen und Folgen der Wirkdauer spielt aber eine große Rolle in der unterschiedlichen Wahrneh-
Suchtentwicklung einbezieht. Bei der Untersuchung drogenabhängiger mung der Wirksubstanzen. Morphin, retardiertes Morphin, Methadon,
Patienten ist zu bedenken, dass diese eventuell versuchen, Symptome vor Buprenorphin, Levomethadon, Codein und Dihydrocodein (DHC) sowie die
sich oder dem Arzt zu verheimlichen oder infolge einer gestörten Selbst- Abbauprodukte des Heroins binden und wirken an Opioid-Rezeptoren (µ-,
wahrnehmung körperliche Veränderungen gar nicht registrieren. Checklis- κ-, σ-), die unter anderem als Schaltstellen im Schmerz- und Belohnungs-
ten helfen, die Diagnostik auf Vollständigkeit hin zu überprüfen und zu system wirken. Wegen der genannten Zeitabläufe und Rezeptoraffinitäten
dokumentieren. Die somatische Diagnostik muss durch eine ausführliche unterscheiden sie sich deutlich in ihren Wirkprofilen.
Suchtanamnese ergänzt werden (siehe Serviceteil „Erfassungsbogen Sub-
Eine akute Opiatintoxikation mit Miosis, Koma und Atemdepression kann
stitution", S. 86).
durch den reinen Opiatantagonisten Naloxon (i.v. oder i.m.) aufgehoben
Bei der Interpretation vorliegender Symptome müssen mögliche Wirkungen werden, der eine deutlich stärkere Affinität zu allen Opiat-Rezeptortypen
der verschiedenen aktuell konsumierten Substanzen sowie daraus resultie- besitzt und daher die meisten Opioide vom Rezeptor verdrängen kann.
rende Intoxikations- bzw. Entzugszeichen berücksichtigt werden. Dabei Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Wirkdauer von Naloxon nur ca.
sind aber überlagernde, teils entgegengesetzte Effekte anderer Suchtmittel 30-60 Minuten beträgt, so dass aufgrund der deutlich längeren Halbwerts-
zu beachten. So führt der Kokainentzug z.B. zu Müdigkeit, Gähnen und zeit der Opiate deren agonistische Wirkung mit den o.a. Symptomen da-
Pupillenverengung, also dem Gegenteil des Opiatentzugs. Zur Übersicht nach wieder auftreten kann.
werden in Tabelle 1 akute Wirkungen und Entzugssymptome der Opiate
Die Schwere des Opiatentzugssyndroms hängt von der regelmäßig ein-
zusammengefasst.
genommenen Dosis und der Dauer der Abhängigkeit ab. Erste Symptome
Tabelle 1: Akute Opiatwirkungen und Entzugssyndrom (nach Bonnet & Gastpar machen sich beim Heroinentzug in der Regel bereits nach 4-6 Stunden
in: Gastpar, Mann & Rommelspacher, 1999, S. 240) bemerkbar, erreichen nach 32-72 Stunden ihren Höhepunkt und verlaufen
phasenhaft über etwa 5 Tage. Buprenorphin- und Methadonentzugs-
Akute Opiatwirkungen Entzugssyndrom
symptome können länger andauern (bis zu 20 Tage) und setzen oft erst
• Atemdepression • Hyperventilation, Gähnen
nach 24-48 Stunden ein. Retardiertes Morphin, DHC und Codein liegen in
• Analgesie • Hyperalgesie
Beginn und Dauer etwa dazwischen. Bei polyvalentem Konsum kann durch
• Euphorie • Dysphorie die gleichzeitige Einnahme von Benzodiazepinen, DHC oder Barbituraten
• Entspannung • Innere Unruhe ein mehrgipfliger Entzug auftreten. Möglicherweise auftretende Entzugs-
• Schlafinduktion • Schlaflosigkeit symptome sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Eine delirante Symptomatik
• Sedierung • Hypervigilanz ist vor allem beim Entzug bei Vorliegen einer Abhängigkeit von Alkohol,
• Anxiolyse • Angst Benzodiazepinen und Gamma-Hydroxybuttersäure bzw. Gamma-Butyro-
• Antiemesis • Emesis lacton (GHB/GBL) möglich. Näheres zu GHB und GBL finden Sie auf ei-
• Hypothermie • Frösteln, Fieber, Kältezittern nem Informationsblatt auf der BAS-Website (www.bas-muenchen.de) unter
• Hypomotorik • Hypermotorik der Rubrik Publikationen/Papiere.
• Miosis • Mydriasis
• Harnretention • Harndrang
• Darmatonie • Bauchkrämpfe, Diarrhoe
• Unterdrückung exokriner Drüsen • Hyperhidrosis, Rhinorrhoe, Niesen,
(trockene Haut, Nase und Augen) Tränen
• Befriedigung • Craving
I Grundlagen 15 16 3 Grundsätzliche Überlegungen zum therapeutischen Vorgehen

Tabelle 2: Entzugssymptome verschiedener psychoaktiver Substanzen (vgl. Ladewig &


3 Grundsätzliche Überlegungen zum therapeutischen
Stohler, 1994; Ladewig, 1994; Feuerlein, 1994; in: Tretter, Bussello-Spieth & Bender, 1994) Vorgehen
Benzodiazepin-Entzugssyndrom Drogenabhängigkeit ist eine behandlungsbedürftige, chronische Krankheit.
Maximum: etwa am 5. bis 8. Tag nach starker Dosisreduktion Ihre Behandlung beschreiben die AWMF3-Leitlinien zur Postakutbehand-
• Unruhe lung bei Störungen durch Opioide (Sucht 50, 2004) folgendermaßen:
• Ängstlichkeit Oberstes Ziel der Behandlung ist die Suchtmittelfreiheit. Mögliche Stufen
• Wahrnehmungsstörungen bis zu Halluzinationen und Delirium, Krampfanfälle der Behandlung sind:
Barbiturat-Entzugssyndrom
• Sicherung des Überlebens
sehr ähnlich wie Benzodiazepin-Entzugssyndrom, aber schwerer • Behandlungsmöglichkeit bei sonst nicht zu erreichenden Patienten
Alkohol-Entzugssyndrom • Teilentzug von anderen Suchtmitteln als den Opioiden (Bei-
Maximum: etwa am 3. bis 5. Tag nach starker Dosisreduktion konsumfreiheit)
• Unruhe • Verminderung des Risikos chronischer Infektionen (z.B. mit HIV,
• Tremor Hepatitis-Viren)
• Tachykardie • Überbrückungsbehandlung bis zum Entzug
• Hypertonie • Gesundheitliche und psychosoziale Stabilisierung
• Hyperhidrosis • Berufliche Rehabilitation und soziale Reintegration
• Suggestibilität
• leichte (optische) Wahrnehmungsstörungen bis zu Halluzinationen Das Erreichen dieser Stufen hängt wesentlich von der individuellen Situati-
• Krampfanfälle on des Opiatabhängigen ab und verläuft in unterschiedlich langen Phasen,
• psychomotorische Unruhe die z.T. zeitlich parallel verlaufen können.
Stimulantien-Entzugssyndrom Neben der klassischen Entwöhnungstherapie mit vorausgehender
Maximum: etwa am 2. bis 5. Tag nach starker Dosisreduktion Entzugsbehandlung steht als Therapiemaßnahme auch die substitutions-
• Apathie gestützte Behandlung zur Verfügung, die in der Regel auch von den
• Schwäche
Abhängigen als Behandlungsmaßnahme akzeptiert wird. Diese Behand-
lungsmöglichkeiten, die beide als Ziel letztendlich die Abstinenz von
• Antriebslosigkeit
Opiaten haben, sollen im Folgenden beschrieben werden. In manchen
• Depressivität
Fällen – vor allem nach Durchführung mehrerer Abstinenztherapien –
• Bradykardie
rechtfertigt auch eine stabile Dauersubstitution mit der damit verbundenen
• Hypotonie
wesentlichen Verbesserung der gesundheitlichen, strafrechtlichen und
sozialen Situation des Betroffenen ein Abweichen vom Abstinenzziel.

3
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.
I Grundlagen 17 18 3 Grundsätzliche Überlegungen zum therapeutischen Vorgehen

Substitutionsmedikamente. Diese Behandlungsform (sog. Maintenance to


3.1 Entzugsbehandlung Abstinence, vgl. Dole & Nyswander, 1961) ist gekennzeichnet durch eine
optimale Anpassung an Entzugsschweregrad, Befindlichkeit und
Der stationäre Drogenentzug wird meistens in psychiatrischen, internisti-
Sozialsetting der Patienten. Sie muss individuell verträglich auf den
schen oder neurologischen Kliniken durchgeführt und sollte in dafür spezia-
Patienten abgestimmt werden, um Abbrüche zu vermeiden, die wegen
lisierten Einrichtungen erfolgen. Ziel des Entzuges ist die Überwindung der
spontanem i.v.-Konsum von Opiaten zu Todesfällen führen können.
physischen Abhängigkeit des Patienten von einer oder mehreren psycho-
aktiven Substanzen. Hierzu ist eine ausreichende Motivation unbedingt Zeitlicher Ablauf und Art der Abdosierung gestalten sich sehr
erforderlich. Die Anmeldung zum Entzug muss deshalb in den meisten unterschiedlich.
Kliniken selbständig durch den Patienten erfolgen. In der Regel wird heute substitutionsgestützt entgiftet in Abstimmung mit
Ungeplante Akutentgiftungen werden oft infolge somatischer (z.B. Trauma, dem Patienten. Dabei kommt meistens noch Methadon zum Einsatz,
perioperative Situation, Intoxikation) oder psychosozialer Notfälle (z.B. zunehmend aber auch Buprenorphin, das wegen seines nur partiellen
Suizidalität) eingeleitet. Grundsätzlich sollte bedacht werden, dass die pure Agonismus zu geringerer Entzugssymptomatik führt.
körperliche Entgiftung vom Suchtmittel keine kausale Behandlung der Bei der heute selten gewordenen sog. kalten Entgiftung reduziert der
zugrunde liegenden Suchterkrankung darstellt. Sie dient primär der Über- Behandler die Ausgangsdosis sofort oder innerhalb weniger Tage auf Null
lebenshilfe und nicht der Überwindung der eigentlichen Grunderkrankung, und behandelt die dabei auftretenden Symptome in der Regel mit
der Abhängigkeit. Nichtopiaten (trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika, Clonidin, Benzo-
Dies beinhaltet hingegen der sogenannte qualifizierte Entzug, zu dem ge- diazepine). Eine Spezialform des Entzuges stellt der antagonistengestützte
hört, dass die Patienten stationär, multiprofessionell – also durch Ärzte, Opiatschnellentzug (der sog. „Turboentzug") unter Narkose dar, der nur
Psychologen, Sozialpädagogen und suchtmedizinisch geschultes Pflege- unter eng umschriebenen Bedingungen in Frage kommt (weitere Informati-
personal – sowohl somatisch (z.B. geeignete Diagnostik und Behandlung) onen siehe z.B. Tretter, 1998). Mittlerweile wird diese Methode im Bundes-
als auch psychosozial (z.B. durch strukturierte Tagesprogramme, Bera- gebiet nicht mehr angeboten, insbesondere da sich die Risiko-Nutzen-
tungs- und Gesprächsangebote) intensiv betreut werden und eine Relation als nicht günstig erwiesen hat.
Veränderungs- und Therapiemotivation gefördert wird. In dieser Entzugs- Unabhängig vom Verfahren sollten Patienten im Anschluss nicht
behandlung erfolgt die stufenweise Reduktion des Substitutionsmittels über übergangslos ins „Normalleben" entlassen werden, sondern stationär oder
etwa drei Wochen hinweg. Durch das multiprofessionell realisierte zumindest ambulant/tagesklinisch in spezialisierten Nachsorgeeinrich-
Therapieprogramm und durch symptomatische medikamentöse Therapie tungen (Entwöhnungstherapie) über einige Wochen nachbetreut werden,
kann bei einem Großteil der Patienten der vollkommene Entzug erreicht um sie auf den Wiedereintritt in den Lebensalltag vorzubereiten. Ohne
werden (Tretter, 2008). einen derartigen Übergang – auch nach Haftstrafen – werden die meisten
Ein Entzug von zusätzlich konsumierten Substanzen (z.B. Alkohol oder Patienten wieder rückfällig (bis 90% im ersten Jahr, meistens innerhalb der
Benzodiazepine), ein sogenannter Beigebrauchsentzug, ist flächendeckend ersten Wochen und verbunden mit hoher Letalität).
in psychiatrischen Kliniken möglich.
Ein ambulanter Entzug ist nur dann möglich, wenn das Risiko für Entzugs-
komplikationen gering und die erforderliche Compliance des Patienten
hoch ist. Außerdem sollte ein den Entzugsverlauf beobachtendes soziales
Umfeld vorhanden sein und der Arzt über eine ausreichende suchtmedizi-
nische Kompetenz verfügen.
Immer häufiger jedoch stellt sich die Notwendigkeit von Entgiftungen im
Substitutionsalltag. Ein oft in jahrelanger Bindung zum Behandlerteam
entstandenes Vertrauen und die Kenntnis der Patienten sind ein wichtiger
Baustein bei der sich über Monate erstreckenden Abdosierung der
I Grundlagen 19 20 3 Grundsätzliche Überlegungen zum therapeutischen Vorgehen

Beratungsstelle oder den Sozialarbeiter einer Klinik. Da die Kostenzusage


3.2 Klassische Entwöhnungstherapie und die Bestätigung des Entwöhnungsplatzes oft wesentlich länger dauern
als die Entzugsphase, sollte die Beantragung bereits im Vorfeld durch eine
In eine klassische Entwöhnungstherapie, der eine Entzugsbehandlung
Beratungsstelle vorgenommen werden. Nur so kann die von den meisten
vorausgeht, werden die Patienten oftmals durch eine Drogenberatungs-
Therapieeinrichtungen sinnvollerweise als Aufnahmevoraussetzung gefor-
stelle vermittelt. Für spontan therapiewillige Patienten gibt es mit „Therapie
derte unmittelbare Verlegung von der Entzugsklinik in die Entwöhnungs-
sofort!" (z.B. in München und Augsburg) die Möglichkeit der sehr schnellen
einrichtung erfolgen. Das Risiko, in der Phase zwischen Entzug und
Vermittlung in eine Entwöhnungstherapie. Auch Selbsthilfe-Langzeit-
Entwöhnungstherapie rückfällig zu werden, ist extrem hoch; die meisten
einrichtungen bieten § 35 BtMG-anerkannte Therapie sofort und ohne
Drogentodesfälle ereignen sich an diesen Schnittstellen bzw. nach der
Kostenträger an. So bekommen selbst Patienten, die von den Sozial-
Entgiftung. Sind Antrag auf Aufnahme und Kostenübernahme noch nicht
versicherungen keine Therapie mehr bezahlt bekommen, sofort einen
vor dem Entzug gestellt worden, z.B. weil der Patient sich nicht vorher für
Therapieplatz. Bei ausreichender Stabilität und Motivation des Patienten
eine anschließende Entwöhnungstherapie entscheiden konnte, kann die
wird er in eine entsprechende Entwöhnungseinrichtung vermittelt.
Beantragung jedoch notfalls auch noch während des Entzuges durch den
Die Mitarbeiter des professionellen Suchthilfesystems führen eine Sozialdienst der Klinik erfolgen.
Situationsanalyse durch und informieren den Patienten nicht nur über die
Da die stationäre Langzeitbehandlung nur für einen Teil der Patienten in
verschiedenen, für ihn in Frage kommenden Einrichtungen, sondern klären
Frage kommt, werden seit den 1980er-Jahren vermehrt ambulante Thera-
im Vorfeld auch die Finanzierung ab. Erst nach Klärung der Finanzierung
pieprogramme angeboten. Die konkrete Ausgestaltung solcher ambulanter
der Entwöhnungstherapie sollte der einer Entwöhnung vorausgehende
Hilfeformen variiert von der ambulanten Ganztagsbetreuung bis hin zu
Entzug eingeleitet werden, da ein Entzug ohne entsprechende Weiter-
niederfrequenten Kontakten. Ziel ist die Förderung der Autonomie sowie
betreuung nur selten zu einem befriedigenden Ergebnis führt und für den
des selbstverantwortlichen Handelns des Patienten. Voraussetzungen für
Patienten sogar ausgesprochen gefährlich sein kann (Rückfall, Tod infolge
eine ambulante Therapie sind ein großes Selbsthilfepotential, ausreichende
Überdosis etc.).
soziale Integration, geringe Einbindung in die Drogenszene sowie eine
Um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebensumständen der Sucht- starke Abstinenzmotivation (vgl. Kalke, Pape-Hoßmann, Raschke & Vert-
patienten gerecht zu werden, wurden verschiedene Therapieangebote hein, 1997). Vorteilhaft ist die Möglichkeit der Einbeziehung von Bezugs-
geschaffen: personen sowie der unmittelbaren Erprobung der neuen Verhaltens- und
• ambulante Entwöhnungstherapie Bewältigungsstrategien im direkten Umfeld des Patienten. Unter diesen
• Kurzzeittherapie (3-6 Monate) Umständen kann die ansonsten am Ende einer Langzeittherapie not-
• Langzeittherapie (7-14 Monate), eventuell mit anschließender wendige Adaptionsphase entfallen.
Adaptionsphase (2-4 Monate) Eine soziale Rehabilitation des Patienten kann durch verschiedene
• Soziotherapeutische Einrichtungen (über 12 Monate) Maßnahmen wie die Unterbringung in speziellen Wohnheimen oder Wohn-
• Selbsthilfeeinrichtungen gemeinschaften, die Teilnahme an Programmen zur Wiedereingliederung
• Tagesklinik in den Arbeitsprozess sowie an Selbsthilfegruppen (z.B. Narcotics Anony-
• Therapeutische Wohngemeinschaft mous etc.) erfolgen. Eine aktuelle Auflistung von Adressen bayerischer
• Betreutes Wohnen Suchtberatungs- und Suchthilfeeinrichtungen sind bei der Koordinierungs-
stelle der bayerischen Suchthilfe unter www.kbs-bayern.de erhältlich.
Daneben bestehen auf spezifische Zielgruppen abgestimmte Behandlungs-
angebote wie z.B. Mutter-Kind-Therapien.
Die Kostenübernahme erfolgt auf Antrag durch den Rentenversicherungs-
träger oder, bei dessen Ablehnung, durch die Krankenkasse oder einen
überörtlichen Sozialhilfeträger. Für den Kostenübernahmeantrag muss ein
ärztliches Kurzgutachten erstellt werden sowie ein Sozialbericht durch eine
I Grundlagen 21 22 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

II. DIE SUBSTITUTIONSGESTÜTZTE BEHANDLUNG


3.3 Substitutionsgestützte Behandlung
Kommt eine klassische abstinenzorientierte Entwöhnungstherapie zum 1 Erstkontakt und Indikationsstellung
gegenwärtigen Zeitpunkt für einen Patienten nicht in Frage (z.B. aufgrund Die Vermittlung in eine substitutionsgestützte Behandlung erfolgt durch
erfolgloser Behandlungsversuche in der Vergangenheit, noch unzu- Drogenhilfeeinrichtungen, Ärzte, Apotheker und in manchen Städten auch
reichender Veränderungs- oder Behandlungsmotivation des Patienten, durch sogenannte Clearingstellen, denen freie Behandlungskapazitäten
„Unabkömmlichkeit“ beispielsweise wegen der Versorgung von Kindern und die Behandlungskonzepte der Ärzte bekannt sind. Eine substitutions-
und Familie, drohendem Verlust des Arbeitsplatzes), kann die substitu- gestützte Behandlung kann durch einen qualifizierten Arzt nach entspre-
tionsgestützte Behandlung Mittel der Wahl sein. chender Diagnostik und Indikationsstellung eingeleitet werden, sofern der
Der Patient soll im optimalen Fall während der Substitution Abstand zur Patient nicht schon durch einen anderen Arzt substituiert wird. Bei Vor-
Szene gewinnen und sich physisch, psychisch wie auch sozial stabilisieren, liegen einer gültigen Substitutionsbescheinigung (siehe Serviceteil S. 120)
um ein Leben ohne Drogen führen zu können. Ein zeitlicher Rahmen, in kann eine Substitution ohne Unterbrechung von einem anderen Arzt
dem die Abstinenz erreicht werden soll, ist nicht vorgegeben. Sie ist jedoch weitergeführt werden und die Diagnostik entsprechend der vorliegenden
in den meisten Fällen das langfristige Ziel. Eine Dauerbehandlung ist z.B. Überweisungsunterlagen im notwendigen Umfang ergänzt bzw. durch-
bei psychiatrischer Komorbidität oder langjähriger, anderweitig nicht geführt werden.
behandelbarer Abhängigkeit denkbar.
Die Verordnung des Substitutionsmittels ist hier lediglich ein Baustein eines 1.1 Diagnostik
Behandlungskonzeptes. Begleitende psychiatrische, psychosoziale und
Im Vordergrund steht die Abhängigkeitsdiagnostik, insbesondere Entzugs-
psychotherapeutische Maßnahmen sind bei fast allen Substitutions-
symptome wie weite Pupillen, Gänsehaut und Schwitzen und der Opiat-
patienten indiziert. Der Arzt wird auf die Durchführung dieser Maßnahmen
nachweis im Urin.
hinwirken und überprüfen, ob der Patient sie in Anspruch nimmt (BtMVV
§ 5 Abs. 2 Satz 2 und 4, siehe auch S. 108). Je nach Ausmaß der Zusam-
menarbeit können hierfür entweder der Berichts- oder der Protokollbogen
1.1.1 Somatische Anamnese und Ganzkörperstatus
zur psychosozialen Betreuung aus dem Serviceteil verwendet werden Eine eingehende körperliche Untersuchung zu Beginn und immer wieder
(siehe S. 100/101). Häufig erfolgt der Nachweis einer psychosozialen während der Behandlung ist unerlässlich. Dabei müssen alle Pflaster und
Betreuung auch über eine Bescheinigung der psychosozialen Beratungs- leichten Verbände entfernt werden. Besonders zu beachten sind Begleit-
stelle (PSB). erkrankungen, Einstichstellen und Abszesse sowie eventuell bestehende
Intoxikations- bzw. Entzugssymptome. Besondere Aufmerksamkeit erfor-
dern Fieber unklarer Genese, Beeinträchtigungen des ZNS, broncho-
pulmonale Symptome sowie Störungen des Gastrointestinaltraktes.
Die somatische Anamnese sollte, unter besonderer Berücksichtigung der
häufigen Begleiterkrankungen Opiatabhängiger (siehe Tabelle 3), einen
umfassenden Überblick über bekannte bzw. durchgemachte Erkrankungen
aller Organsysteme verschaffen.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 23 24 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

Tabelle 3: Häufige Begleiterkrankungen bei Opiatabhängigen 1.1.2 Suchtanamnese


• Reduzierter Allgemeinzustand (z.B. durch Malnutrition)
Da eine differenzierte Suchtanamnese (siehe „Erfassungsbogen Substi-
• Dermatologische Auffälligkeiten (z.B. Einstichstellen, Abszesse) und andere
Komplikationen durch Fehlinjektionen (z.B. Thrombophlebitis) tution" im Serviceteil S. 86) Grundlage des therapeutischen Konzeptes ist,
• Pathologischer Zahnstatus (häufig Ausgangspunkt für eine Sepsis) sollte sie ausführlich erhoben werden. Erfasst werden sollten Erstkontakt,
• Infektiöse und parasitäre Erkrankungen von Dauer, Frequenz und Applikationsform aller je vom Patienten konsumierten
- Leber (Hepatitiden A, B, C) Suchtstoffe. Die bisher durchgeführten Entzugsversuche und/oder Substi-
- Lunge (Bronchopneumonien, Tbc, septische Lungenembolie, Aspirati- tutionen, Abstinenz- und Rückfallphasen müssen genau dokumentiert wer-
onspneumonie) den. Die Gründe für den jetzigen Substitutionswunsch sollten gezielt erfragt
- Herz (Endokarditiden) werden. Fremdanamnesen können, soweit zugänglich, ausgesprochen hilf-
- Knochen (Osteomyelitiden) und anderen Organen reich sein (Arztbriefe, Drogenhilfe, Angehörige). Im Fall einer vorgelegten
- Haut (Skabies)
Substitutionsbescheinigung können diese vom zuvor behandelnden Arzt
• Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis)
angefordert werden. Zur Vervollständigung der Anamnese empfiehlt es
• HIV-Infektion und assoziierte Erkrankungen
sich, zu diesem Zeitpunkt vom Patienten einen Lebenslauf anzufordern.
• Verletzungen und Frakturen von Extremitäten, Thorax, Schädel, Becken, z.B.
durch Unfälle Nach Beginn der Substitution ist die Bereitschaft des Patienten, Frage-
• Gastrointestinale Störungen bögen oder Lebensläufe zu bearbeiten, oft geringer.
• Allergien
• Cerebrale Schädigungen (Traumata, Infektionen, Krampfanfälle) 1.1.3 Urinkontrollen und Blutuntersuchungen
• Psychiatrische Begleiterkrankungen
Vor Beginn einer Substitution muss eine Opiatabhängigkeit nachgewiesen
sein und ein die Substitution gefährdender Beikonsum ausgeschlossen und
Bei weiblichen Patienten muss eine ausführliche gynäkologische Anam- dokumentiert werden.
nese (Ausschluss einer bestehenden Schwangerschaft, Amenorrhoe,
gynäkologische Erkrankungen, Geburten, Aborte und Schwangerschafts- Urinkontrollen
abbrüche) erhoben werden. Die unter Heroingebrauch häufige Amenorrhoe Dies kann eingangs mit einem Urinschnelltest geschehen. Ausgeschlossen
ist unter Substitution oft reversibel, so dass von Anfang an hierüber auf- werden muss auch, dass der Patient bereits anderweitig substituiert wird,
geklärt und über eine adäquate Schwangerschaftsverhütung gesprochen d.h. die erste Urinkontrolle sollte auch Buprenorphin und Methadon um-
werden muss. Dies gilt umso mehr, wenn antivirale oder antirheumatische fassen.
Medikamente eingenommen werden.
Das Wissen über die durchschnittliche Nachweisdauer verschiedener Sub-
stanzen nach einmaligem Gebrauch vermittelt Informationen über die
Häufigkeit des Beigebrauchs und kann fruchtlose Diskussionen über an-
geblich einmalige Rückfälle abkürzen (siehe Tabelle 4). Von besonderer
Bedeutung sind Heroin, Methadon, Buprenorphin und Benzodiazepine.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 25 26 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

Tabelle 4: Im Urin nachweisbare Substanzen und ihre Nachweisdauer diese Untersuchung nicht regelmäßig zu empfehlen, zumal daraus nicht
©
• Methadon/ Polamidon 3-5 Tage zwangsläufig therapeutische Konsequenzen erwachsen, es sei denn bei
• EDDP 2-7 Tage Patienten mit speziellen Fragestellungen (z.B. ambulante Therapieauflage)
• Buprenorphin bis zu 5 Tage oder bei „heavy usern“, die z.T. auch „bekifft“ zum Termin erscheinen und
• Heroin u.a. Opiate 1-4 Tage bei denen mittelfristig auch Cannabisabstinenz zu den vereinbarten Zielen
• Kokain 1-4 Tage gehört. Ein anderer Weg wäre, Cannabinoide semiquantitativ zu erfassen
• Benzodiazepine 1-7 Tage, und eine Take-home-Verabreichung vom Ergebnis abhängig zu machen.
Diazepam bis zu 14 Tage Beachtet werden müssen mögliche Manipulationen von Urinproben (siehe
• Barbiturate z.B. sehr unterschiedlich Tabelle 5) zur Verschleierung von Beikonsum. Derartige Manipulations-
Secobarbital 1 Tag versuche können durch ein wachsendes Vertrauensverhältnis im Laufe der
Phenobarbital 1-3 Wochen
Therapie abgebaut werden. Bei Verdacht auf Verdünnung des Urins durch
• (Met-)Amphetamine 1-4 Tage
den Patienten sollten die (semi-)quantitativen Werte des Drogenscreenings
• MDMA 1-3 Tage
auf einen zweiten Wert, z.B. spezifisches Gewicht oder Kreatinin, bezogen
• Phencyclidin 3-7 Tage
werden. Zum Ausschluss der Standardausreden, wie z.B. des angeblichen
• Cannabinoide 24-36 Stunden (nach einmaligem Konsum)
Genusses von Mohnkuchen, der Einnahme codeinhaltigen Hustensaftes
5-30 Tage und länger (regelmäßige Raucher)
oder der Einnahme eines durch Bekannte erhaltenen unbekannten
• Fentanyl 15 Stunden
Schmerzmittels (z.B. wegen Zahnschmerzen) sollte schon zu Beginn der
• Tramadol 2-4 Tage als Metabolit
Therapie, konkret auch im Behandlungsvertrag, darauf hingewiesen wer-
• GHB/GBL 12 Stunden (Spezialtest)
den, dass diese Substanzen vermieden werden müssen.
Falsch positive Testergebnisse mit vermeintlichen Hinweisen auf Bei-
Die Kontrolle von Methadon/Polamidon® dient der Überprüfung von
konsum, die das Verhältnis zwischen Patient und Arzt sehr belasten
Missbrauch (Schwarzmarkt) bzw. Doppelsubstitution. Dabei ist aber die
können, sind möglich bei der Einnahme von:
Untersuchung des Markers EDDP (2-Ethylidin-1,5-Dimethyl-3,3-Diphenyl-
pyrrolidin) wesentlich sinnvoller, weil dieser als Stoffwechselprodukt von • Primidon (Mylepsinum®)  falsch positives Testergebnis auf Bar-
Methadon bei Urinfälschungen (z.B. bei Abgabe von Fremdurin mit Zusatz biturate
von Methadon) nicht nachweisbar ist. Da Phencyclidin selten missbraucht • Ephedrinhaltige Nasentropfen  falsch positives Testergebnis auf
wird, ist eine Überprüfung nur bei begründetem Verdacht angezeigt. Für Amphetamine
Tilidin gibt es keinen Schnelltest. • Levodopa (Madopar®)  falsch positives Testergebnis auf Amphe-
Benzodiazepine stellen die bei weitem wichtigste Beigebrauchssubstanz tamine
dar (cave Atemdepression!) und müssen regelmäßig kontrolliert werden. • Ambroxol  falsch positiv auf LSD
Bei Vorliegen einer Benzodiazepin-positiven Eingangs-Urinkontrolle sollte • Trimipramin  falsch positives Testergebnis auf Opiate
die Substitution sehr behutsam begonnen werden, da diese Phase ohnehin
durch ein hohes Risiko an Intoxikationen geprägt ist.
Codein und Dihydrocodein (DHC) erscheinen als Opiate im Urin. Wird DHC
verordnet, muss mittels Spezialtest ein differenzierter Nachweis der Opiate
durchgeführt werden, um eine eindeutige Aussage über die eingenom-
menen Substanzen machen zu können. Nach DHC-Tartratgabe darf kein
Codein im Urin erscheinen, da dieses nicht zu Codein abgebaut wird. Nach
der Gabe von Codeinphosphat ist jedoch Codein im Urin nachweisbar.
Wegen der langen Persistenz von Cannabinoiden im Urin und der damit
verbundenen relativ geringen Aussagekraft einer Urinuntersuchung ist
II Die substitutionsgestütze Behandlung 27 28 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

Tabelle 5: Kontrolle von Urinproben hinsichtlich möglicher Manipulation Blutuntersuchungen


• Urinkontrolle immer unregelmäßig, unangekündigt und entweder unter Sicht- Als Eingangsscreening empfehlen sich folgende Untersuchungen:
kontrolle oder nach Markierung durch Einnahme einer Markersubstanz durch-
führen • Blutbild: Eine häufig vorliegende Leukozytose kann auf Infekte hin-
• Kontrolle, ob der frische Urin Körpertemperatur hat weisen, wie bei Abszessen, urogenitalen Affektionen oder einem
• Echtheitskontrolle durch Riechen schlechten Zahnstatus. Nach Ausschluss dieser Möglichkeiten kann
• Prüfung auf Trübheit, pH und spezifisches Gewicht sie auch Hinweis auf eine meist starke Nikotinabhängigkeit sein.
o Hinweis auf beigefügte Flüssigseife  verhindert den Nachweis von Benzo- • Transaminasen: GGT, GOT, GPT und Cholinesterase zur Überprüfung
diazepinen und Barbituraten der Leberfunktion und als indirekte Hinweise auf eine Infektion oder
o Urin-pH > 7: den Missbrauch lebertoxischer Substanzen (z.B. Alkohol, Kokain oder
z.B. Bleichmittel beigefügt  verhindert den Nachweis aller Suchtstoffe Analgetika).
o spezifisches Gewicht > 1,030 g /ml: • Retentionswerte: Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin zur Erfassung der
NaCI beigefügt  kann – je nach Testsystem – den Nachweis von Kokain, Nierenfunktion.
Opiaten, Amphetaminen verhindern
• Elektrolyte: Als Hinweise auf starke Entzugserscheinungen mit Erbre-
o geringes spezifisches Gewicht:
chen und Diarrhoe, auf das Vorliegen einer Essstörung mit Missbrauch
bedingt durch große Trinkmengen oder Verdünnung  beeinträchtigt den
von Laxantien oder Diuretika sowie zum Ausschluss kardialer Risiken.
Nachweis aller Substanzen
• Screening von Infektionskrankheiten:
Wird ein Substitutionsmittel im Urin nachgewiesen, so ist eine Substitution o Hepatitis-Serologie: bei positivem AK-Test Nachweis von Virämie
nur indiziert, wenn der Patient eine Substitutionsbescheinigung vom mittels PCR. Bei spezifischen Fragestellungen wie beispielsweise
behandelnden Arzt vorlegt, so dass geklärt werden kann, welcher Arzt die Schwangerschaft, Planung der Entbindungsart, Stillwunsch oder
Behandlung fortführen wird. Hat sich der Patient bisher auf dem Schwarz- zur Motivation für eine Therapie kann die Bestimmung von Virus-
markt mit einem Substitutionsmittel versorgt und eventuell gleichzeitig last und eine Genotypisierung sinnvoll sein.
Heroin konsumiert, ist er dem Behandler gänzlich unbekannt oder fehlen o HIV 1- und HIV 2-Test
aussagekräftige Vorbefunde, dann sollte die substitutionsgestützte Be- o bei entsprechenden Risiken auch Lues- und Tbc-Tests
handlung angesichts der hohen Gefahr des ‚doctor hoppings‘ erst nach
• Lipidelektrophorese: zur Abklärung von Fehl- oder Mangelernährung,
Klärung der aktuellen Situation begonnen werden. Außerdem sollte dann
zur rechtzeitigen Erkennung eines metabolischen Syndroms gerade
mit EDDP der regelmäßige Konsum überprüft werden (EDDP ist negativ
bei Begleitmedikation zur HIV-Therapie oder bei Behandlung mit atypi-
bei geringer Dosis, Enzyminduktion und seltenem Konsum). In der Über-
schen Neuroleptika.
gangszeit muss der Urin nachweislich frei von Substitutionsmitteln sein.
Die enge Einbindung in ein medizinisches Setting bietet Patienten die
Vor allem bei unübersichtlichen Fällen ist alternativ eine stationäre Ab-
Chance zur Verbesserung des Körperbewusstseins, zur Reduktion von
klärung und Einstellung zur Substitutionstherapie zu empfehlen.
selbstschädigenden Mustern (z.B. Selbstverletzungen durch oberflächliche
Schnittverletzungen, unkontrollierter Arzneimittelkonsum, ungeschützter
Sex) und zum Abbau von Vermeidungsverhalten (z.B. Vermeidung von
medizinisch notwendigen Untersuchungen und Behandlungen sowie von
sozialen Verpflichtungen).
Zur Kontrolle sollten bei unauffälligen Ausgangsbefunden Blutbild, Leber-
enzyme und Nierenwerte alle drei Monate überprüft werden. Bei fortgesetz-
tem Risikoverhalten wird ein jährliches Infektionsscreening empfohlen.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 29 30 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

1.2 Indikationsstellung Patient zu Behandlungsbeginn sowie mindestens einmal pro Quartal dem
Konsiliarius vorstellt wird. Auch eine Substitutionsbehandlung unter
1.2.1 Gesetzliche Grundlage Mitwirkung eines Konsiliararztes wird weiterhin von den gesetzlichen
Krankenkassen finanziert (Auskunft KVB, April 2010).
Die gesetzlichen Grundlagen für die substitutionsgestützte Behandlung Für eine Finanzierung der Substitution durch die Krankenkasse nach
sind das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), die Betäubungsmittelverschreib- Anlage I der Richtlinie „Methoden vertragsärztlicher Versorgung“ (siehe
ungsverordnung (BtMVV) sowie das Arzneimittelgesetz (AMG). Ergänzend unter 2.1) gelten die oben beschriebenen Indikationen. Zudem ist der
sind die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitu- Qualifikationsnachweis „Suchtmedizinische Grundversorgung" der zustän-
tionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger zu berücksichtigen. digen Landesärztekammer erforderlich. Dieser kann durch eine von der
Die substitutionsgestützte Behandlung ist eine therapeutische Möglichkeit, Landesärztekammer angebotene Fortbildung erworben werden.
um bei Opiatabhängigen, die bisher mit anderen Mitteln nicht erfolgreich
behandelt werden konnten, ein möglichst gesundes Überleben zu sichern. 1.2.2 Therapeutische Überlegungen
Vorher fehlgeschlagene Behandlungen der Opiatabhängigkeit müssen
dokumentiert werden, da nach § 13 BtMG Opiate generell nur dann ver- Ist die Opiatabhängigkeit gesichert?
wendet werden dürfen, wenn die Behandlung mit anderen Mitteln keinen Dazu gehören der Nachweis von Opiat im Urin, Beobachtung von subjekti-
Erfolg hatte. ven und objektiven Entzugssymptomen, Einstichstellen, Anamnese und,
Für einen Patienten darf der Arzt nach § 5 Abs. 1 BtMVV ein Substitutions- wenn möglich, auch fremdanamnestische Angaben wie z.B. Überwei-
mittel für folgende Bestimmungszwecke verschreiben: sungsschein oder Arztbrief nach Entlassung aus einer Entzugs- oder
1. Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Entwöhnungstherapie.
Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der
Welche Therapieversuche sind bislang unternommen worden?
Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
Es muss abgeklärt werden, ob schon stationäre Entzugs- oder Entwöh-
2. Unterstützung der Behandlung einer neben der Opiatabhängigkeit
nungstherapien durchgeführt wurden. Ist dies nicht der Fall, ist die Vermitt-
bestehenden schweren Erkrankung oder
lung an eine Beratungsstelle oder Fachambulanz zur Einleitung einer
3. Verringerung der Risiken einer Opiatabhängigkeit während einer Entwöhnungstherapie mit vorherigem stationärem Entzug vorzuziehen.
Schwangerschaft und nach der Geburt. Besteht ein nachvollziehbarer Therapiewunsch, kann bis zum Antritt der
Derzeit darf nur derjenige Arzt eine Substitutionsbehandlung vornehmen, stationären Entzugsbehandlung eine substitutionsgestützte Therapie zur
der die „Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation Überbrückung (wie in der BtMVV ausdrücklich vorgesehen) sinnvoll sein. In
erfüllt, welche von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten diesem Falle sollten Vereinbarungen über den Zeitraum der „Überbrü-
Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden." Ausnahmen ckung" getroffen werden. Eine Überbrückungssubstitution sollte im Einzel-
stellen die weiter unten beschriebene Konsiliararztregelung sowie die Mög- fall mit dem Patienten abgestimmt werden.
lichkeit einer Urlaubsvertretung durch einen Arzt ohne suchttherapeutische Es gibt Patienten, bei denen die substitutionsgestützte Therapie von vorn-
Qualifikation (siehe unter 4.8.2) dar. herein auch längerfristig Mittel der Wahl sein kann. Dazu gehören z.B.
Die Substitutionsbehandlung wird von den gesetzlichen Krankenkassen Borderline-Patienten mit vielen Heim- oder psychiatrischen Klinikaufenthal-
erstattet, sofern die fachliche Befähigung des Arztes gegenüber der ten, bei denen psychische Störungen eine Drogenabstinenz erschweren.
Kassenärztlichen Vereinigung nachgewiesen und eine Genehmigung zur Des Weitern können dies Patienten sein, bei denen ein langfristiger statio-
Substitution erteilt wurde. närer Aufenthalt, z.B. durch Verlust des Arbeitsplatzes, zur sozialen Desin-
Nach § 5 Abs. 3 BtMVV kann ein Arzt ohne Fachkundenachweis tegration führen würde. Zudem kann dies bei Vorliegen schwerer somati-
Substitutionsmittel verschreiben, solange er nicht mehr als drei Patienten scher Erkrankungen indiziert sein, insbesondere dann, wenn eine belas-
gleichzeitig substituiert und zuvor die Behandlung mit einem Konsiliararzt tende Behandlung geplant ist (z.B. Interferon oder Ribaverin bei Hepatitis
abgestimmt hat. Dabei muss der behandelnde Arzt sicherstellen, dass sein C), die wegen entzugsähnlicher Beschwerden einen Rückfall induzieren
II Die substitutionsgestütze Behandlung 31 32 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

kann. Diese Fälle sollten sorgfältigst geprüft und dokumentiert werden. Liegt Gewalt oder Schwerkriminalität vor?
Justizielle Probleme aufgrund von BtM-Delikten oder kleinere Beschaf-
Welchen Beikonsum hat der Patient?
fungskriminalität sind häufig und sprechen meist nicht gegen eine
In der Anfangsphase der Substitution weisen fast alle Patienten Bei- substitutionsgestützte Behandlung. Liegt aber eine Verstrickung in ein
gebrauch auf. Beigebrauch stellt prinzipiell eine Gefährdung dar, dennoch schwer kriminelles Milieu vor, ist fraglich, ob der Patient in der Praxis
kann nicht erwartet werden, dass der Drogenabhängige dieses geübte therapiert werden kann.
Konsummuster sofort aufgeben kann. Vital gefährdender Beikonsum muss
Eine Neigung zu Gewalttätigkeit kommt oft, insbesondere bei Beikonsum
möglichst schnell beendet werden (siehe unter 4.4.4). Modalitäten der
von Kokain oder Alkohol vor, verringert sich jedoch häufig in der ersten
Reduktion des Beikonsums sind Bestandteil der Behandlungsvereinbarung.
Phase der Substitution. Bei diesen Patienten ist das Vereinbaren und kon-
Erscheint der Patient deutlich intoxikiert zum Erstgespräch, sollte ein neuer
sequente Einfordern bestimmter Verhaltensregeln besonders wichtig.
Termin vereinbart werden, zu dem der Patient ansprechbar erscheinen
muss. Schlägt diese Vereinbarung fehl, sollte aus Sicherheitsgründen zu Sollen Partner gleichzeitig in einer Praxis behandelt werden
einer stationären Behandlung mit Abklärung und ggf. Einstellung auf ein
Patienten, bei denen der Partner ebenfalls drogenabhängig ist, können den
Substitutionsmittel geraten werden.
behandelnden Arzt in eine ungünstige Dreierkonstellation einbinden und
Wie sieht die Motivation des Patienten aus? versuchen, ihre Beziehungsprobleme auf diese Weise auszutragen. Dro-
genabhängige Partner sollten deshalb, sofern möglich, getrennt substituiert
Die Ambivalenz bezüglich Abstinenz und Weiterkonsum ist der Abhängig-
bzw. von verschiedenen Therapeuten der gleichen Einrichtung betreut und
keit immanent. Entsprechend stark kann die Motivation der Patienten
Partnerprobleme in einer psychosozialen Betreuung besprochen werden.
phasenweise schwanken, v.a. bei erneutem Szenekontakt. Patienten mit
Es sollten jedoch unbedingt beide Partner therapiert werden, um den Erfolg
realistischen Zielen in Richtung Ausstieg aus der Szene und intrinsischer
einer substitutionsgestützten Behandlung nicht von vornherein in Frage zu
Motivation bieten die größte Chance für eine erfolgreiche substitutions-
stellen.
gestützte Behandlung. Die zu Grunde liegende Motivation ist beim Erst-
kontakt oft nicht klar erkennbar, lässt sich aber durch den Umgang des Falls beide Partner aus bestimmten Gründen doch in einer Praxis oder
Patienten mit den Behandlungsvereinbarungen später meistens klären. Die Psychiatrischen Institutsambulanz oder vom gleichen Therapeuten
psychosoziale Beratung bietet die Möglichkeit, diese Ambivalenzen und behandelt werden, sollte darauf geachtet werden, dass im Arztgespräch
Motivationsschwankungen zu bearbeiten. Außerdem empfiehlt sich hier die nicht einer bevorzugt über den anderen redet. Sofern beide Partner
Motivierende Gesprächsführung. betreffende Themen anstehen, können solche Gespräche anlassbezogen
auch zu dritt erfolgen.
Liegen ausgeprägte psychische Störungen vor?
Sind Sie als Arzt ausreichend auf eine Substitution vorbereitet?
Hat der Patient eine deutlich ausgeprägte psychische Störung (z.B. Psy-
chose, schwere Depression, posttraumatisches Belastungssyndrom u.a. Zur erfolgreichen Behandlung drogenabhängiger Patienten sind spezielle
infolge von Gewalt- oder Missbrauchserfahrungen, rezidivierende Kompetenzen des Arztes erforderlich, um der Psychodynamik suchtkranker
Suizidalität ggf. auf dem Boden einer schweren Persönlichkeitsstörung), Patienten begegnen zu können (vgl. auch Gölz, 1995):
muss eine psychiatrische Mitbetreuung erfolgen oder an eine spezialisierte • Akzeptanz und Empathie
Ambulanz oder Schwerpunktpraxis mit Erfahrung in der Behandlung von • klare Vorstellungen über therapeutische Ziele
Patienten mit derartigen Doppeldiagnosen und Kapazitäten für intensive
psychiatrische, psychotherapeutische und psychosoziale Betreuung über- • Grenzen setzen und aufrechterhalten
wiesen werden. Ist dies auf Grund regionaler Gegebenheiten schwierig, • Aushalten narzisstischer Wut
sollte im Sinne des Patienten nach praktikablen Alternativen gesucht • Selbstwertgefühl aus professionellem Handeln schöpfen
werden, z.B. durch Einbindung niedergelassener Fachärzte.
• aus therapeutischer Distanz Nähe und Einfühlung aufrechterhalten
• keine Fixierung auf schnelle Erfolgserlebnisse
II Die substitutionsgestütze Behandlung 33 34 1 Erstkontakt und Indikationsstellung

• frei von Angst und Wut auf Anspruchshaltung reagieren werden können. Die aus polyvalentem Missbrauch resultierenden Wirkun-
• Offenheit und Wertschätzung gegenüber Patienten gen auf das ungeborene Kind, insbesondere auf das Gehirn, sind kaum zu
prognostizieren. Der ungeregelte, gesundheitswidrige Lebensstil bei illega-
• Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit ler Drogenabhängigkeit wirkt sich besonders negativ auf die Schwanger-
• Transparenz des therapeutischen Handelns schaft aus. Stress bei Drogenbeschaffung, Fehl- und Unterernährung,
Spritzenabszesse, Rauchen, Alkoholkonsum, Prostitution und Infektionen
Sie sollten genau überlegen, ob Sie mit einem Patienten langfristig zu- können zu folgenden Komplikationen führen:
sammenarbeiten können oder ob Sie ihn u.U. besser an einen anderen • intrauterinem Kindstod
Kollegen oder eine Substitutionsambulanz vermitteln sollten. Prinzipiell gilt:
Patienten dürfen auch abgelehnt werden. Die Ablehnung sollte jedoch für • Virusinfektionen
den Patienten nachvollziehbar sein und Behandlungsalternativen sollten • Wachstumsretardierung
vorgeschlagen werden, um die Motivation des Patienten zur Änderung • geistigen und motorischen Entwicklungsstörungen
seiner Lebenssituation aufrecht zu erhalten.
• vorzeitigen Wehen und Frühgeburt
Der Entscheidungsprozess, ob eine Substitution indiziert und der Patient
für eine Substitution in Ihrer Praxis geeignet ist, kann, die bereits genann- Da Opiate plazentagängig sind, kommt es bei dauerndem Gebrauch zur
ten Untersuchungen einbezogen, durchaus 2-3 Wochen dauern. Lassen behandlungsbedürftigen Abhängigkeit des Kindes. Die Kinder leiden unter
Sie sich nicht vom Patienten unter Druck setzen. Beziehen Sie auch einem mehrwöchigen Neugeborenen-Entzugssyndrom, das oft unerkannt
unterstützend die psychosoziale Beratungsstelle vor Ort mit ein. Sie und deshalb in der Folge unbehandelt bleibt, weil Schwangere ihre Drogen-
bestimmen den für einen Behandlungsbeginn günstigen Zeitpunkt. abhängigkeit aus Angst vor Repressionen (Angst vor Einschränkung des
Die Patientenzahl sollte langsam aufgebaut werden und in den ersten elterlichen Sorgerechts) verschweigen bzw. die Klinik vor Auftreten der
Jahren möglichst 15-20 Fälle nicht überschreiten. Um eine qualifizierte Entzugssymptome beim Kind (nach 2-3 Tagen) schon verlassen haben.
Substitutionsbehandlung mit dem Praxisalltag störungsfrei zu vereinbaren, Schwangerschaft stellt bei Opiatabhängigen eine Indikation zur Substitution
sollte die Patientenzahl auf maximal 50 begrenzt werden. dar (siehe § 5 Abs. 1 Satz 3 BtMVV), um die Risiken für das Kind zu mini-
Finanzielle Motive dürfen für die Durchführung der Substitutions- mieren. Schwangere sollen so schnell wie vertretbar in die Substitutions-
behandlung nicht entscheidend sein. Jeder kassenversicherte Patient hat behandlung aufgenommen werden. Gesundheitszustand und Lebensstil
grundsätzlich Anspruch auf eine kassenfinanzierte Regelleistung. Deshalb der Schwangeren lassen sich durch Substitution innerhalb von Wochen
ist eine Substitution auf Selbstzahlerbasis die Ausnahme und sollte auch und Monaten oft erheblich verbessern (Raschke, 1994). Eine Substitution
aus Gründen der Finanzierbarkeit durch den Patienten vermieden werden. kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft begonnen werden. Die
Die Gründe, warum nicht zu Lasten der Krankenkasse substituiert werden Substitution in der Schwangerschaft führt zu regelmäßigem ärztlichen Kon-
konnte, sollten in diesem Fall genau dokumentiert werden. Es ist auch zu takt mit der Patientin und bietet die Chance einer Anbindung an eine
bedenken, dass sich dabei das psychologische Beziehungsverhältnis Schwangerenvorsorge und dadurch zu Früherkennung geburtshilflicher
zwischen Arzt und Patient ändert: Der Patient wird Kunde. Risiken wie vorzeitiger Wehen oder Wachstumsstörung. Genitale Infektio-
nen können erkannt und behandelt werden Die Patientinnen sollten nach
Schwangerschaft und Drogenabhängigkeit Möglichkeit an ein für die Behandlung opiatabhängiger Schwangerer
Drogenabhängigkeit erfordert immer eine Palette spezifischer medika- spezialisiertes Zentrum überwiesen werden.
mentöser, psycho- und sozialtherapeutischer Behandlungskonzepte; dies Ausreichende Substitution erhöht die Chance auf einen normalen
gilt besonders während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Schwangerschafts- und Geburtsverlauf. Das Kind wird allerdings opiat-
Bedingt durch die bei vielen drogenabhängigen Frauen vorkommende abhängig geboren und entwickelt je nach eingesetztem Substitutionsmittel
Oligo-/Amenorrhoe wird eine Schwangerschaft oft erst spät (12.-20. Wo- ein über zwei bis acht Wochen dauerndes zu behandelndes Entzugs-
che) bemerkt. Drogenabhängige Schwangere kommen häufig nicht zu den syndrom,. Derzeit wird Buprenorphin zur Behandlung Schwangerer emp-
Vorsorgeuntersuchungen, so dass Komplikationen nicht rechtzeitig erkannt fohlen, dabei sind die Ergebnisse aber nicht wesentlich anders als bei
II Die substitutionsgestütze Behandlung 35 36 2 Abklärung der Finanzierung

Methadonsubstituierten. 2 Abklärung der Finanzierung


Die Dosis des Substitutionsmittels zum Zeitpunkt der Geburt bzw. während
Eine Substitutionsbehandlung sollte über die Krankenkasse nach Anlage I
der letzten Schwangerschaftswochen steht in keinem Zusammenhang mit
der „Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung“ abgerechnet
dem Schweregrad des kindlichen Entzugssyndroms. Daher ist besonders
werden.
in der Spätphase der Schwangerschaft mit ihren erheblichen Belastungen
für die Mutter und einer häufigen, zusätzlichen Enzyminduktion mit stei-
gendem Opiatbedarf von einer Dosisreduktion abzusehen.
2.1 Abrechnung nach der „Richtlinie Methoden vertrags-
Ein „kalter“ Entzug während der Schwangerschaft kann zu Fehlgeburt,
ärztliche Versorgung“
Frühgeburt oder Kindstod führen, so dass die Nutzen-Schadensabwägung Diese ehemals als BUB-Richtlinie bekannte Regelung befand sich im
eindeutig zugunsten einer Substitution ausfällt. Diese sollte jedoch nach Frühjahr 2010 noch in Überarbeitung. Es empfiehlt sich daher, die nachfol-
Möglichkeit von in der Substitution Schwangerer erfahrenen Ärzten durch- genden Angaben auf ihre Aktualität hin zu prüfen. Die Abrechnung der im
geführt werden, da sich der Substitutionsmittelbedarf in der Schwanger- Rahmen einer substitutionsgestützten Behandlung erbrachten Leistungen
schaft ändern kann. Ein Diskussionspapier zur Tagung „Behandlung von über die Krankenkasse wird in der Anlage I der „Richtlinie Methoden ver-
Opiatabhängigkeit rund um die Geburt“ der BAS steht unter der Rubrik tragsärztlicher Versorgung“ unter Punkt 2 „Substitutionsgestützte Behand-
Publikationen/Positionspapiere (www.bas-muenchen.de) zum Download lung Opiatabhängiger“ geregelt (Fassung vom 17.01.2006, zuletzt geändert
bereit. am 17. Dezember 2009, in Kraft getreten am 4. März 2010). Daraus fol-
Bereits vor der Geburt sollte gemeinsam mit der Patientin besprochen und gender Auszug:
geprüft werden, ob das Jugendamt eingeschaltet wird.
§ 2 Genehmigungspflicht für die substituierenden Ärzte
In der vertragsärztlichen Versorgung dürfen Substitutionen nur von solchen Ärzten
durchgeführt werden, die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ihre
fachliche Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtMVV nachgewiesen haben
und denen die KV eine Genehmigung zur Substitution erteilt hat.

§ 3 Indikation
(1) Die Substitution kann nur als Bestandteil eines umfassenden Therapie-
konzeptes durchgeführt werden zur
1. Behandlung einer manifesten Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schritt-
weisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich
der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
2. Unterstützung der Behandlung einer neben der Opiatabhängigkeit beste-
henden schweren Erkrankung oder
3. Verringerung der Risiken einer Opiatabhängigkeit während einer Schwan-
gerschaft und nach der Geburt.
(2) Bei Vorliegen einer manifesten Opiatabhängigkeit ist eine Substitution dann
indiziert, wenn die Abhängigkeit seit längerer Zeit besteht und
1. wenn Abstinenzversuche unter ärztlicher Kontrolle keinen Erfolg erbracht
haben oder
2. wenn eine drogenfreie Therapie derzeit nicht durchgeführt werden kann
oder
II Die substitutionsgestütze Behandlung 37 38 2 Abklärung der Finanzierung

3. wenn die substitutionsgestützte Behandlung im Vergleich mit anderen § 4 Ausschlussgründe


Therapiemöglichkeiten die größte Chance zur Heilung oder Besserung Eine Substitution darf nicht durchgeführt werden, wenn und solange
bietet.
1. der Substitution medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgründe entge-
(3) Bei einer erst kürzer als zwei Jahre bestehenden Opiatabhängigkeit sowie bei genstehen, wie z.B. eine primäre/hauptsächliche Abhängigkeit von anderen
Opiatabhängigen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erfolgt psychotropen Substanzen (Alkohol, Kokain, Benzodiazepine etc.) oder
eine Überprüfung nach § 9 Abs.4. In diesen Fällen ist die Substitution in der
2. der Patient Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art und Menge den Zweck
Regel nur als zeitlich begrenzte Maßnahme zum Übergang in eine drogenfreie
der Substitution gefährdet.
Therapie zulässig.
(4) Das umfassende Therapiekonzept beinhaltet: Für die Abrechnung der Substitutionsbehandlung ist eine Genehmigung
1. eine ausführliche Anamnese (insbesondere Suchtanamnese) mit durch die Kassenärztliche Vereinigung erforderlich. Dabei können folgende
Erhebung relevanter Vorbefunde, insbesondere über bereits erfolgte Ziffern abgerechnet werden (Stand April 2010, Auskunft KVB):
Suchttherapien, sowie über parallel laufende Mitbehandlungen bei ande-
ren Therapeuten • 01950: Substitutionsgestützte Behandlung eines Patienten, die
Arzt-Patienten-Kontakt voraussetzt
2. eine körperliche Untersuchung (einschließlich Urinanalyse) zur Sicherung
der Diagnose der manifesten Opiatabhängigkeit und zur Diagnostik des • 01951: Zuschlag Wochenende, Feiertage
Beigebrauchs • 01952: Zuschlag Therapiegespräch
3. die Abklärung ggf. vorliegender Suchtbegleit- und Suchtfolgeerkrankungen • 32137, 32140 - 32148: Drogensuchtests und Alkoholbestimmung
4. eine sorgfältige Abwägung, ob für den individuellen Patienten eine drogen-
freie oder eine substitutionsgestützte Behandlung angezeigt ist 2.2 Privatliquidation (Selbstzahler)
5. die Ermittlung des Hilfebedarfs im Rahmen der psychosozialen Betreuung Aufgrund der Bewertung als anerkannte Methode findet die Substitutions-
durch eine psychosoziale Drogenberatungsstelle
behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung statt, d.h. nur
6. die Erstellung eines individuellen Therapieplans, der enthält noch in begründeten Einzelfällen, z.B. bis zur Bewilligung des Kostenüber-
a) die zeitliche und qualitative Festlegung der Therapieziele, nahmeantrags, sollte privat liquidiert werden.
b) die Auswahl und die Dosierung des Substitutionsmittels,
c) ein Dosierungsschema, das ggf. auch die Art der Reduktion und den
Zeitraum des allmählichen Absetzens des Substitutionsmittels fest-
legt,
d) sowie die im Einzelfall erforderlichen psychosozialen Betreu-
ungsmaßnahmen und/oder ggf. psychiatrische und psycho-
therapeutische Behandlungsmaßnahmen
7. Verlaufs- und Ergebniskontrollen einschließlich unangekündigter
Beigebrauchskontrollen
8. den Abschluss einer Behandlungsvereinbarung mit dem Patienten
(5) Der substituierende Arzt überprüft und dokumentiert regelmäßig die Fortschritte
des Patienten hinsichtlich der Ziele der Substitutionsbehandlung sowie der
weiteren medizinischen Maßnahmen des vorgesehenen Therapiekonzeptes
und nimmt ggf. erforderliche Anpassungen vor. Insbesondere ist kritisch
zwischen den Vor- und Nachteilen einer Fortführung der Substitution gegen-
über dem Übergang in eine drogenfreie Behandlung abzuwägen. Bei
Beigebrauch ist wegen der damit möglicherweise verbundenen lebens-
bedrohlichen Gefährdung eine sorgfältige individuelle Risikoabwägung
zwischen Fortführung und Beendigung der Substitution vorzunehmen.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 39 40 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung oder erst nach einer Latenzzeit deutlich werden, sollte sich diese „Behand-
lungsvereinbarung" zuerst über einen sehr begrenzten Zeitraum (z.B.
3.1 Behandlungsvereinbarung drei Monate) erstrecken. Im Vertrag sollten Abgabemodalitäten, Abbruch-
gründe, individuelle Zielsetzung und Form der psychosozialen Betreuung
Zu Beginn der substitutionsgestützten Behandlung muss eine schriftliche und/oder der psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlung
Behandlungsvereinbarung getroffen werden, wie in Anlage I der „Richtlinie sowie die Therapieoptionen somatischer Erkrankungen (v.a. HCV, HBV
Methoden vertragsärztlicher Versorgung“ unter § 3 Absatz 4 Punkt 8 und HIV) festgelegt und dokumentiert werden. Die im Rahmen der Aufklä-
erwähnt. Dem Patienten muss verdeutlicht werden, dass die alleinige Ver- rung über die Behandlung besprochenen wesentlichen Punkte werden
abreichung eines Substitutionsmittels ohne Einbettung in ein medizinische ebenfalls in den Behandlungsvertrag aufgenommen. Sinnvoll ist in diesem
und psychosoziale Aspekte umfassendes Behandlungskonzept nach dem Zusammenhang nicht nur eine Schweigepflichtsentbindung für die
Betäubungsmittelrecht nicht zulässig ist. Kommunikation mit der psychosozialen Beratungsstelle, sondern auch für
Die Richtlinien der Bundesärztekammer (www.bundesaerztekammer.de/ die beteiligten Apotheken. Ansonsten wäre es einem Apotheker untersagt,
downloads/rl-substitution_19-februar-2010.pdf) sehen vor, dass der Patient den substituierenden Arzt über ein möglicherweise die Substitutions-
in die geplanten Therapiemaßnahmen ausdrücklich einwilligen muss. Dies behandlung gefährdendes Verhalten des Patienten zu informieren (z.B.
gilt auch für Patienten, die als Selbstzahler substituiert werden. gleichzeitig mit dem Take-home-Rezept erfolgende Einlösung von
Rezepten mit psychoaktiv wirksamen Medikamenten). Ein Beispielvertrag
Über folgende Punkte der geplanten Behandlung muss aufgeklärt werden:
findet sich im Serviceteil (siehe S. 102).
• Anzuwendende Substitutionsmittel und mögliche Neben- und
Nach dem festgelegten Zeitraum sollten die bisherigen Ergebnisse bespro-
Wechselwirkungen,
chen, die Ziele aktualisiert und der modifizierte Vertrag verlängert werden.
• Organisation der täglichen Verabreichung sowie der Verabrei-
Werden die Ziele nicht erreicht, stellt sich die Frage, ob sie realistisch
chung und Versorgung an Wochenenden, Feiertagen und in
waren oder angepasst werden müssen. Auch bei realistischer Zielsetzung
Urlaubszeiten,
sind „Rückschritte“ im Behandlungsverlauf ein der Diagnose Opiat-
• Take-home-Regelungen,
abhängigkeit innewohnender normaler Bestandteil. Sie stellen für den
• Einnahme unter Sicht, Patienten eine starke psychische Belastung dar. Versagensgefühle und
• Verzicht auf Konsum anderer Stoffe, die den Zweck der Substituti- Demotivation könnten die Behandlung gefährden. Die Möglichkeit eines
on sowie die Gesundheit gefährden, Rückfalls und der Umgang damit sollten deshalb gleich zu Beginn der
• Kontrollen auf den Konsum weiterer Substanzen einschließlich Al- Behandlung mit dem Patienten besprochen und im Therapiekonzept
kohol, z.B. mit Urinscreening, Atemalkoholtest, berücksichtigt werden. Ein Therapieabbruch sollte nur bei schwerwiegen-
• Vereinbarung von Therapiezielen, den Verstößen gegen die im Therapievertrag genannten Verhaltensregeln
• Abbruchkriterien, erwogen werden.
• Erforderliche psychosoziale Betreuung,
• Aufklärung über eine eventuelle Einschränkung des Reaktions- 3.2 Dokumentation
vermögens und Fahruntüchtigkeit,
• Erforderlichkeit einer Schweigepflichtsentbindung gegenüber den Auf der Grundlage des bestehenden Berufsrechts, der BtMVV und der
beteiligten Institutionen (z.B. Ärztekammer, Kassenärztliche Ver- speziellen Anforderungen an die substitutionsgestützte Behandlung Opiat-
einigung, psychosoziale Betreuungsstelle, Apotheke, vorbehan- abhängiger ist die Dokumentationspflicht unumgänglich. Wichtig ist, dass
delnde Stellen), der Arzt Beginn und Beendigung einer Substitutionsbehandlung unverzüg-
• Zentrale Meldeverpflichtung in codierter Form zur Verhinderung lich der zuständigen KV und Krankenkasse (neben der obligatorischen
von Doppelverabreichungen. Meldung an das Substitutionsregister auch für Selbstzahler) zu melden hat.

Behandlungsziele müssen gemeinsam erarbeitet werden. Da sich diese


Ziele gerade in der Anfangsphase der Substitution rasch ändern können
II Die substitutionsgestütze Behandlung 41 42 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Bei der Einleitung der Substitution sind folgende Inhalte zu dokumen- Als Substitutionsmittel darf der Arzt nur Zubereitungen von Levomethadon,
tieren: Methadon und Buprenorphin bzw. Buprenorphin/Naloxon verschreiben. In
• Ausführliche (Sucht-)Anamnese begründeten Ausnahmefällen kann Codein oder Dihydrocodein oder Dia-
• Befunde der körperlichen Untersuchung inkl. Urin- bzw. Beigebrauchs- morphin als zur Substitution zugelassenes Arzneimittel oder ein anderes
diagnostik, Abklärung auch hinsichtlich möglicher Suchtbegleit- bzw. Sucht- zur Substitution zugelassenes Arzneimittel verschrieben werden.
folgeerkrankungen, Diagnose
• Bestätigung einer Suchtberatungsstelle über Aufnahme oder Fortführung 3.3.1 Methadon und Levomethadon
einer psychosozialen Betreuung bzw. Bestätigung über derzeit nicht vorhan-
denen Beratungsbedarf Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Racemat, das zu gleichen
• Erstellung eines individuellen Therapieplans, der Therapieziele zeitlich und Teilen aus rechts- und linksdrehenden Enantiomeren besteht. Nur die
qualitativ beschreibt, Auswahl und Dosierung des Substitutionsmittels angibt, linksdrehende Form (Levomethadon) ist für die Substitution relevant.
ein Dosierungsschema festlegt und psychosoziale Betreuungsmaßnahmen Levomethadon ist in Deutschland als i.v./i.m. injizierbare und als oral
bzw. notwendige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungs- verabreichbare Lösung in Tropfenform (L-Polamidon®) erhältlich. 10 mg
maßnahmen dokumentiert. Methadon (= 1 ml Methadon-Racemat 1 %) entsprechen in der Wirkung
Weiterhin müssen folgende Punkte dokumentiert werden: 5 mg Levomethadon (= 1 ml L-Polamidon®).
• Meldung des Patienten in anonymisierter Form an das zentrale Substitutions- Racemisches Methadon wird von den Apotheken zur Herstellung von
register individuell dosierten Substitutionslösungen verarbeitet. Methadon ist auch
• Häufigkeit und Ergebnisse des Drogenscreenings und der Beigebrauchs- als Tablette zur Substitution in verschiedenen Stärken im Handel. Die Sub-
kontrollen stanz besitzt eine hohe enterale Resorption. Die Bioverfügbarkeit beträgt
• Jeweils personengebundene Schweigepflichtsentbindung durch den dann 70-95%. Da Methadon gut fettlöslich ist, überwindet es schnell die
Patienten Bluthirnschranke und lagert sich stark im Gewebe, besonders in Leber,
• Aufklärung des Patienten über Gefahren und Nebenwirkungen zusätzlich Niere, Milz und Lunge sowie in Muskel- und Fettgewebe ein. Abgebaut wird
gebrauchter psychotroper Substanzen es durch das Leberenzym P450, was die Interaktion mit anderen Medika-
• Aufklärung über eine mögliche Fahruntauglichkeit und über eine mögliche menten (siehe auch unter 4.5.3 und Tabelle 13, S. 73) erklärt. Durch die
Einschränkung beim Bedienen von Maschinen und schwerem Gerät lange Halbwertszeit von 15-60 Stunden reicht eine einmalige tägliche Gabe
• Art, Dosis und Verabreichungsmodalitäten des Substitutionsmittels im Fall zur Substitution aus. Repetitive Applikationen von Methadon führen zur
der Take-home-Verordnung, Begründung und Stand der erreichten Behand-
Kumulation. Methadon ist dem Morphin äquianalgetisch, besitzt aber eine
lung, der eine Take-home-Verordnung zulässt sowie Dokumentation des Auf-
wesentlich geringere sedative Wirkung. Bei ausreichender
klärungsgesprächs mit dem Patienten und ggf. Gründe für eine vorzeitige
Take-home-Regelung Methadondosierung führt eine Heroininjektion wegen der großen Affinität
• Ausstellung des Behandlungsausweises des Methadon zu den Opiatrezeptoren nicht mehr zum „Kick". Da
• Im Fall des Abbruchs der Behandlung die Begründung (möglichst in Zusam- Methadon parenteral (i.v.) verabreicht eine höhere Bioverfügbarkeit und
menarbeit mit der für die psychosoziale Betreuung zuständigen Stelle) und somit größere Wirksamkeit aufweist, muss sichergestellt werden, dass
Inhalte des Aufklärungsgesprächs mit dem Patienten Methadonzubereitungen ausschließlich oral verwendet werden können. Die
• Gesundheitszustand des Patienten bei Beendigung der Behandlung sowie nach parenteraler Gabe zu beobachtende euphorisierende Wirkung
ggf. eingeleitete weitere Maßnahmen („Kick") ist nach oraler Gabe so gut wie nicht vorhanden. Beschrieben wird
von den Patienten allerdings ein „Anflutgefühl".
3.3 Medikamente zur Substitution Lösungen aus Methadon werden in den Apotheken als Rezeptur her-
gestellt. Es empfiehlt sich generell eine 1%ige-Methadon-HCI-Lösung zu
Pharmakologische Grundkenntnisse über Wirkungen, Nebenwirkungen und
rezeptieren (am besten Rezepturvorschrift NRF 29.1), da dies die
Entzugssymptomatik von Opiaten und anderen psychoaktiven Substanzen
gebräuchlichste Form ist und in diesem Falle 1 ml Methadon in seiner Wir-
sind Voraussetzung für die Behandlung opiatabhängiger bzw. poly-
kung 1 ml des ebenfalls häufig verwendeten L-Polamidon® entspricht.
toxikomaner Patienten (siehe auch Tabelle 1, S. 13).
II Die substitutionsgestütze Behandlung 43 44 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Methadon-Tabletten und Levomethadon-Lösung sollten bei der Verab- 3.3.2 Levacetylmethadol (LAAM)
reichung unter Sichtkontrolle aufgelöst bzw. mit Wasser verdünnt werden,
um ein Herausschmuggeln (aus der Praxis) zu vermeiden. Bei Verordnung LAAM (Orlaam®), als lang wirksames und damit nur alle 2-3 Tage zu verab-
von Take-home-Dosen sollte auch Polamidon® in einer die Injektion reichendes Methadonderivat entwickelt, wurde auf Empfehlung der europä-
erschwerenden Form, d.h. mit höherer Viskosität und gefärbt, rezeptiert ischen Arzneimittelbehörde EMEA vom 19. April 2001 wegen nicht vorher-
werden (z.B. nach Rezeptur NRF 29.4). sehbarer schwerer Kardiotoxizität wie Herzrhythmusstörungen bis
Torsades de pointes und Herzstillstand die Zulassung entzogen.
In seltenen Fällen kann die Gabe von Methadon/Levomethadon zu einer
QT-Zeit-Verlängerung führen. Deshalb wird vor der Einstellung auf
Methadon sowie im weiteren Verlauf nach Dosisfindung eine EKG-
3.3.3 Buprenorphin
Kontrolle empfohlen. Buprenorphin ist ein mehr als 100-fach stärkeres Opioid-Analgetikum im
Besonders komplikationsträchtig ist die Dosisfindung zu Beginn einer Sub- Vergleich zu Morphin. Wegen seines ausgeprägten First-Pass-Effektes ist
stitutionsbehandlung (siehe hierzu auch unter 3.6.1). Hier gilt es zwischen Buprenorphin nur sublingual oder parenteral ausreichend bioverfügbar.
dem häufig sehr drängenden Wunsch des Patienten nach möglichst hoher Buprenorphin ist ein Partialagonist mit teilweise antagonistischer Wirkung.
Dosierung und den notwendigen Vorsichtsmaßnahmen besonders sorgfäl- An den µ-Rezeptoren wird u.a. ausgelöst
tig abzuwägen. Einerseits möchte der Patient unbedingt die zwar subjektiv • Analgesie
quälenden, aber objektiv nicht vital bedrohlichen Entzugssymptome ver- • Hyperalgesie
meiden, andererseits besteht immer das Risiko einer vital bedrohlichen • Anticraving
Überdosierung, falls die Opiattoleranz beim Patienten doch nicht so hoch • Atemdepression
ist, wie der Patient ggf. selber glauben machen möchte. Deshalb gilt hier
• Euphorie
besonders, dass sich der Behandler keinesfalls vom Patienten unter Druck
setzen lassen sollte. Ein Vollagonist wie Methadon oder Heroin greift an allen (Unter-)Arten des
µ-Rezeptors mit voller Kraft ein. Ein Partialagonist wie Buprenorphin
Zu Beginn einer Substitution sollte die Verabreichung am ersten Tag auf
besetzt zwar die Rezeptoren, löst jedoch nicht die volle agonistische
30 mg Methadon-Racemat bzw. 15 mg Levomethadon begrenzt bleiben.
Wirkung (Signalstärke) aus. Die Folge ist, dass Buprenorphin zwar
Der maximale Plasmaspiegel wird in der Regel nach 2-3 Stunden erreicht.
Anticraving und Analgesie auslöst, bei sachgerechter, sublingualer Gabe
Dann können das Ausmaß der verbleibenden Entzugssymptome bzw.
jedoch keine Atemdepression oder Euphorie. Am К-Opioidrezeptor wird
einer übermäßigen Sedierung valide beurteilt werden. Bei eindeutigen
Sedierung und Dysphorie vermittelt. Da Buprenorphin hier als Antagonist
Entzugssymptomen kann eventuell noch einmal 20 mg Methadon bzw.
wirkt, bleiben diese unerwünschten Wirkungen aus.
10 mg Levomethadon nachgegeben werden.
Im Folgenden werden noch einige Besonderheiten des Buprenorphin dar-
Auf engen Arzt-Patienten-Kontakt ist wegen der langen Halbwertszeit und
gestellt:
Kumulation von Methadon mit der Gefahr von Überdosierungen in den
ersten drei bis vier Tagen besonders zu achten. • Buprenorphin wird in mehreren Verteilungsräumen (Plasma, Muskel-
und Knochengewebe, Fettgewebe) des Körpers deponiert. Wegen
Methadon wird als reiner Agonist an µ- und К-Rezeptoren deutlich stärker
seiner extrem hohen Lipophilie verbleibt es für lange Zeit im tiefen
wahrgenommen als Buprenorphin. Damit wirken und fühlen sich die Patien-
Kompartiment des Fettgewebes und wird von dort aus wieder in das
ten deutlich sedierter, was es für eher abschirmbedürftige Patienten als
zentrale Kompartiment (Plasma) abgegeben. Daraus ergibt sich eine
geeigneter erscheinen lässt. Besonders sei auf die gefährliche Kombination
dosisabhängige (!) Wirkdauer von bis zu 72 h.
mit Benzodiazepinen und Alkohol hingewiesen, was neben einer möglichen
Kumulation der Hauptgrund für eine letale Atemdepression ist. • Aufgrund der daraus resultierenden langen Wirkdauer kann Buprenor-
phin auch alternierend jeden 2. oder 3. Tag verabreicht werden. Dies
Ausführliche Informationen zur Dosisfindung bei Beginn einer Substituti-
kann beispielsweise an Wochenenden oder vor Feiertagen von Vorteil
onsbehandlung finden sich unter 3.6.1.
sein. Dabei erfolgt die Einmalgabe von bis zu zwei oder drei Tages-
II Die substitutionsgestütze Behandlung 45 46 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

dosen (z.B. erhält der Patient täglich 8 mg = alternierende Gabe von 3.3.4 Codein/Dihydrocodein (DHC)
16 mg jeden zweiten Tag oder 24 mg jeden dritten Tag).
Gemäß BtMVV sind Codein/DHC als Substitutionsmittel nur für nicht
• Ein Vorteil der kurzen Plasmahalbwertszeit ist u.a. die geringe Inter-
anders behandelbare Ausnahmefälle zugelassen. Es empfiehlt sich, diese
aktionsgefahr mit anderen Pharmaka. Außerdem bindet es sich an
Ausnahmefälle besonders sorgfältig zu diagnostizieren und zu dokumen-
Proteine, die von anderen Pharmaka nicht belegt werden und wird
tieren! Die üblicherweise in den Apotheken hergestellte Lösung aus DHC-
über vergleichsweise wenig CYP-Untereinheiten metabolisiert.
Tartrat zur oralen Verabreichung muss aufgrund der kurzen Halbwertszeit
Buprenorphin alleine bringt wegen seines nur partiellen Agonismus am für eine stabile Substitution meistens alle 6-8 Stunden eingenommen wer-
µ-Opioidrezeptor nicht die Gefahr einer vital bedrohlichen Atemdepression den.
mit sich. In Kombination mit anderen zentraldämpfenden Substanzen wie
z.B. Benzodiazepinen oder Alkohol kann es dennoch zu lebensbedroh- 3.4 Anforderungen an Substitutionsmittel
lichen Atemdepressionen kommen.
Vor allem Patienten mit einer langen Abhängigkeitsvorgeschichte und Sub- Alle Substitutionsmittel besitzen unterschiedliche pharmakokinetische und
stitutionserfahrung kommen zum Teil nicht mit der subjektiv geringeren pharmakodynamische Eigenschaften. Bei der Auswahl eines Substi-
Reizabschirmung unter Buprenorphin im Vergleich zu Methadon zurecht. tutionsmittels sollten Konsumgewohnheiten, Organfunktionen, Psyche,
Hierauf sollte bereits bei der Aufklärung hingewiesen werden. Begleiterkrankungen, Zuverlässigkeit und Ziele (z.B. eventueller Kinder-
wunsch) des Patienten berücksichtigt werden.
Buprenorphin + Naloxon Das ideale Substitutionsmittel sollte eine Vielzahl von Anforderungen erfül-
Wegen vermehrtem i.v. oder intranasalem Missbrauch und zunehmendem len wie die nachfolgende Tabelle zeigt.
Schwarzmarkthandel von Subutex® wurde Buprenorphin mit dem Opiat-
antagonisten Naloxon in einem Verhältnis von 4:1 (Suboxone®) kombiniert. Tabelle 6: Anforderungen an ein ideales Substitutionsmittel

• Bei sublingualer Einnahme wird Naloxon nur zu maximal 10% resor- • Entzugserscheinungen und Craving wirksam unterdrücken
biert und baut somit keinen ausreichend pharmakologisch wirksamen • die Atmung so wenig wie möglich beeinflussen
Spiegel auf. • eine große therapeutische Breite besitzen
• Bei i.v. Konsum oder Sniefen des Präparates wird eine ausreichende • die Steady State-Dosierung rasch erreichen
• eine ausreichend lange Wirkdauer besitzen
Menge Naloxon aufgenommen, so dass diese bei opioidabhängigen
• geringes Nebenwirkungs- und Interaktionsspektrum
Personen mit großer Wahrscheinlichkeit ein zeitlich befristetes
• einfache und sichere Handhabung
Entzugssyndrom auslösen wird. Durch diese Negativerfahrung soll der
• kreislaufneutral sein
Patient davon abgehalten werden, den Missbrauch des Medikamentes
• das Reaktionsverhalten nicht negativ beeinflussen
zu wiederholen.
• kostengünstig sein
Als kompetitiver Antagonist verdrängt Naloxon bei nasaler oder • einfache Nachweisbarkeit in Urin und Blut
intravenöser Applikation alle anderen Opiate/Opioide vom Rezeptor. Sind • Libido und Potenz so gering wie möglich beeinflussen
die Rezeptoren mit Naloxon belegt, kann kein anderes Opiat andocken. • kein Suchtpotenzial besitzen
Naloxon hat im Vergleich zu anderen Opiaten jedoch eine kurze • nicht stigmatisierend wirken
Eliminationshalbwertszeit. Nachdem Naloxon von den Rezeptoren
diffundiert ist, werden diese wieder vom applizierten Opiat belegt.
Weitere Unterschiede der beiden Substanzen finden sich in der
Da Buprenorphin eine im Vergleich zu anderen Opiaten höhere nachfolgenden Tabelle.
Rezeptoraffinität hat, lässt es sich von anderen Opiaten auch nicht vom
Rezeptor verdrängen. Eine nachträgliche Injektion von Heroin, Methadon
oder Morphin führt zu keiner Wirkung.
Näheres zur Dosisfindung siehe unter 3.6.2.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 47 48 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Tabelle 7: Vergleich Methadon und Buprenorphin


Arzneimittelinteraktionen
Methadon Buprenorphin
Das Interaktionsrisiko ist nicht bei allen Substitutionspharmaka gleich hoch.
Wirkung/ Pharmakodynamik
Arzneistoffe neigen besonders dann zu Interaktionen, wenn sie folgende
Rezeptorwirkung Vollagonist am µ- und К- partieller Agonist am µ- u.
Rezeptor Antagonist am К-Rezeptor
Voraussetzungen erfüllen:
Dysphorische Wirkung möglich nicht beschrieben 1. Große Plasma-Protein-Bindung (PPB)
Sedierende Wirkung möglich nicht beschrieben 2. Metabolisierung durch diverse CYP-Enzyme
Entzugserscheinungen bei ausgeprägt mäßig 3. Arzneistoff unterliegt einem genetischen Polymorphismus
abruptem Absetzen
4. Lange Plasmahalbwertszeit
Toleranzentwicklung rasch, erheblich mäßig
5. Arzneistoff hat aktive Isomere
Therapeutische Breite initial gering groß
Letale Dosis bei Nichttoleranten etwa nicht beschrieben
6. Interaktionen mit Nahrungsmitteln
1mg/kg KG, bei mittlerer
Toleranz ca. fünffache Es gibt nicht das ideale Substitutionsmittel. Einer sorgfältigen, auf die
Substitutionsdosis individuellen Bedürnisse des Patienten ausgerichteten Auswahl des
Vergiftungsgefahr beim hoch (geringer first-pass- gering (hoher first-pass- Substitutionsmittels und einer regelmäßigen Überprüfung dieser Auswahl
Verschlucken Effekt) Effekt und keine Atemde-
pression)
(ggf. Umstellung) kommen deswegen große Bedeutung zu. Das Ziel, von
Gefahr der Fehlanwendung per oral und i.v. hoch oral, sublingual niedrig, i.v. der Droge loszukommen, gilt für die meisten Substitutionspatienten und der
möglich Weg bis dorthin ist weit.
Pharmakokinetik
first-pass-Effekt (oral) niedrig hoch 3.5 Mögliche Anwendungsbeschränkungen
Fettlöslichkeit gering sehr hoch
Plasmahalbwertzeit 25 h (13-47 h) 2-5 h Aus den bekannten Wirkungen der Substitutionsmittel ergeben sich mögli-
Rezeptorhalbwertzeit bis zu 72 h che Anwendungsbeschränkungen, die eine besonders sorgfältige Risiko-
Zeit bis zum 4h 1,5 h abwägung erfordern:
Plasmaspitzenwert
Interaktionsgefahr sehr hoch gering; verstärkte Atem-
• Störungen des Atemzentrums und der Atemfunktion (Atemantriebs-
depression bei Einnahme störung, Asthma, Obstruktion, Schlafapnoe, Pickwick-Syndrom,
von Benzodiazepinen und Muskeldystrophien)
Alkohol
Genetischer hoch gering
• erhöhter Hirndruck, cerebrale Krampfbereitschaft
Polymorphismus • QT-Zeit-Verlängerung z.B. bei gemeinsamer Verordnung von QT-
Nebenwirkungen relevanten Medikamenten und Methadon
Atemdepression bei hoch bei fehlender sehr gering („Ceiling“-Effekt), • Kreislauferkrankungen (Schockzustände, ausgeprägte Hypotonie)
Überdosierung Toleranzentwicklung,
gering(er) bei Toleranz
nur in Verbindung mit
Benzodiazepinen über-
• Magen-Darmerkrankungen mit verzögerter Peristaltik (Ileus, Atonie,
additiver Synergismus Pankreatitis, posthepatischer Stau)
Auslösen von QTc ja, dosisabhängig nein (in therap. Dosen) • Erkrankungen mit verzögertem Abbau der zugeführten Substanzen
Verlängerung (siehe unter 4.5.3).
Auslösen von Entzugs- nein ja
symptomen bei Abhängigkeit • Wechselwirkungen von Methadon mit anderen Medikamenten
von anderen Opioiden (vgl. Tabelle 13, S. 73)
Beeinträchtigung der möglich vergleichsweise geringer • Beikonsum (siehe auch unter 4.4.4)
psychomotorischen und
kognitiven Funktionen Allergische Überempfindlichkeitsreaktionen lassen sich meistens auf
Obstipation ausgeprägt weniger ausgeprägt Beistoffe (Konservierungs- und/oder Farbstoffe) zurückführen und sollten in
Schlafstörungen möglich weniger ausgeprägt einem Allergietest mit den Einzelsubstanzen überprüft werden. Der
Libido/Potenz häufig eingeschränkt kaum Beeinträchtigung
II Die substitutionsgestütze Behandlung 49 50 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Verzicht auf viskositätserhöhende Zusätze, Farbstoffe und Konservierungs- Dosis sollte am Vormittag, möglichst zu Wochenbeginn, verabreicht wer-
mittel sollte nur nach Abklärung einer Allergie erfolgen; bei nachgewiesener den. Vorsichtsmaßnahmen können eine Überwachung des Patienten über
Allergie sollte der Rezepturbestandteil gegen eine geeignete andere 2-3 Stunden oder eine Aufteilung der Dosis (Gabe morgens und nachmit-
Rezeptursubstanz ausgetauscht werden (Rücksprache mit der Apotheke). tags) sein. Zwei bis drei Stunden nach Einnahme sind die höchsten
Allergische Reaktionen auf ein bestimmtes Opiat sind selten, häufiger sind Methadonspiegel erreicht. Insbesondere in der Einstellungsphase sollte
Unverträglichkeiten bzw. Nebenwirkungen (z.B. Kopfschmerzen, Erbre- Methadon nie abends gegeben werden, da dann eine möglicherweise ein-
chen, Schweißausbrüche). In diesem Fall kann eine andere Substanz aus tretende Atemdepression, insbesondere im Falle von Beigebrauch mit
dem zugelassenen Spektrum gewählt werden. Alkohol und/oder Benzodiazepinen, aufgrund des einsetzenden Nacht-
schlafs nicht bemerkt werden kann.
3.6 Dosisfindung
10 mg Methadon = 1 ml Methadon-Racemat 1%
Angaben der Patienten bezüglich der bisher konsumierten Menge illegaler entspricht in der Wirkung
Opiate sind als Hinweis dienlich, müssen aber durch weitere Informationen
ergänzt werden, da die Konzentration der wirksamen Bestandteile extrem 5 mg Levomethadon = 1 ml L-Polamidon®
starken Schwankungen unterliegt (bei Heroin auf dem Schwarzmarkt je
An den folgenden Tagen wird die Methadondosis um 6 mg bis maximal
nach Verschnitt zwischen ca. 5% und 50%). Hat der Patient Heroin nur
12 mg Methadon pro Tag gesteigert. Durch die lange Halbwertszeit kann
geraucht oder gesnieft, muss von einer geringeren Opiattoleranz als bei
die Dosis in den ersten Tagen (vor allem am zweiten und dritten Tag) der-
i.v.-Applikation ausgegangen werden. Da Opiattoleranz und Opiatverstoff-
art kumulieren, dass die Toleranzschwelle überschritten wird. Eine eventu-
wechselung individuell stark variieren, erfolgt die Dosiseinstellung unter
elle Überdosierung zeigt sich an Symptomen wie Schwindelgefühl, Kon-
Berücksichtigung der Kumulation und der Gefahr der Atemdepression
zentrationsstörungen und „leerer Kopf“. In diesem Fall sollte das Methadon,
schrittweise.
dem klinischen Bild entsprechend, wieder schrittweise reduziert werden.
Ansonsten wird die Methadondosis gesteigert, bis der Patient keine Ent-
3.6.1 Einstellung/Umstellung auf Methadon zugserscheinungen mehr hat. Neben Angaben des Patienten werden
Da bei fehlender Opiattoleranz die mittlere letale Methadondosis zwischen objektivierbare Symptome wie z.B. Pupillenweite, Schwitzen, Gänsehaut
1 und 1,5 mg/kg Körpergewicht liegt, vereinzelt allerdings auch Todesfälle und Unruhe beobachtet. Erhaltungsdosen werden unter Berücksichtigung
nach einer Applikation von 30 mg Methadon beschrieben wurden, empfeh- des Substitutionsverlaufs auf den Patienten abgestimmt. Es gibt Patienten,
len wir im Folgenden relativ niedrige Dosierungen. Der Patient muss darü- die mit einer sehr niedrigen Dosis (30-50 mg) stabil substituiert werden
ber aufgeklärt werden, dass in der Einstellungsphase während der ersten können, aber auch solche, die dauerhaft eine hohe Dosis benötigen
Tage latenter Opiathunger und Entzugserscheinungen auftreten können (120 mg und mehr).
und unkontrollierter Beigebrauch zur Milderung der Entzugssymptomatik Seit 2009 wird Methadon auch als 0,5%-ige Eptadone®-Lösung angeboten.
lebensbedrohlich sein kann. Nach der Einstellungsphase fortgesetzter Aufgrund der Konzentration ist eine Verwendung dieser Lösung möglicher-
Heroinkonsum kann ein Hinweis auf eine zu geringe, Kokainkonsum auf weise problematisch, da es zu Verwechslungen und Falschdosierungen
eine zu hohe Methadondosierung sein, deren „Nebenwirkungen" (Müdig- kommen kann. In bayerischen Qualitätszirkeln wurde daher von der
keit, Verlangsamung, Libidoverlust) auf diese Weise von den Patienten Anwendung 0,5%-iger Methadonlösungen abgeraten.
bekämpft werden. Besonders in der Anfangsphase ist ein enger Kontakt
zwischen Arzt und Patienten u.a. zum Erkennen des individuellen 5 mg Methadon = 1 ml Eptadone® Lösung 0,5%
Opiatbedarfs dringend erforderlich. entspricht in der Wirkung
Bei Übernahme aus Substitutionsbehandlung mit Substitutionsbescheini- 2,5 mg Levomethadon = 0,5 ml L-Polamidon®
gung kann die zuletzt verwendete Dosierung fortgeführt werden.
Aus den oben genannten Gründen sollte die Erstdosis von 30 mg
Methadon oder 15 mg L-Polamidon® nicht überschritten werden. Diese
II Die substitutionsgestütze Behandlung 51 52 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Bei einigen wenigen Patienten kann eine forcierte Metabolisierung des 3.7 Fahrtauglichkeit
Methadons (sog. fast metabolizer) vorliegen, die eine deutlich höhere
Dosierung (120 mg und mehr) erforderlich macht. In diesen Fällen ist die Der Arzt ist zur Aufklärung und Beratung des Patienten über Wirkungen
Bestimmung der Serumkonzentration vor und 3-5 Stunden nach der Metha- und Risiken des Substitutionsmittels, Kumulationsgefahr und die extremen
doneinnahme hilfreich. Bei forcierter Metabolisierung von Methadon kann Gefahren unkontrollierten Beigebrauchs, insbesondere in Kombination mit
eine Umstellung auf L-Polamidon® oder Buprenorphin sinnvoll sein. Alter- Benzodiazepinen und Alkohol (siehe unter 4.4.4), verpflichtet.
nativ kommt eine fraktionierte Verabreichung (CAVE bei später Verabrei- Zusätzlich muss der Patient über eine mögliche Beeinträchtigung der Fahr-
chung der abendlichen Dosis – Gefahr einer nächtlichen Atemdepression) tauglichkeit sowie bei der Bedienung von Maschinen informiert werden.
in Frage. Bei unklaren Fällen empfiehlt sich eine stationäre Diagnostik mit Noch immer ist es für Opiatabhängige, die substituiert werden und
Genotypbestimmung und der Einstellung auf die fraktionierte Dosis. beigebrauchsfrei sind, schwierig bis unmöglich, den Führerschein (zurück)
Auch ein beschleunigter Abbau des Methadons durch Enzyminduktion (z.B. zu erlangen. „Besonders widersprüchlich ist, dass bei Methadonsubstitution
durch gleichzeitige Verabreichung von Carbamazepin) sollte überprüft und den inzwischen angelaufenen Heroinvergabeprojekten nach den Be-
werden. gutachtungsleitlinien Kraftfahrt und Verkehr ein anderer Maßstab angelegt
wird. Grundsätzlich handelt es sich dabei um ordnungsgemäße Behand-
lung mit zugelassenen Medikamenten, die – wie bei vielen anderen Medi-
3.6.2 Einstellung/Umstellung auf Buprenorphin
kationen auch – Abhängigkeit und gewisse Leistungsminderungen impli-
Wegen der pharmakodynamischen Eigenschaften von Buprenorphin (siehe ziert. Obwohl diese Leistungsminderungen bei Medikamenten nicht ohne
unter 3.3.3) muss auf einen ausreichenden zeitlichen Abstand bei der weiteres die Eignung ausschließen, wird bei Substitutionsbehandlung und
ersten Einnahme geachtet werden, wenn der Patient zuvor Opiate vom Typ Heroinvergabe ein einjähriger Abstinenznachweis verlangt, wodurch ganz
der Vollagonisten (z.B. Heroin, Methadon, Morphin, DHC) konsumiert hat allgemein die Rehabilitationschancen erheblich gemindert werden."
und hiervon eine körperliche Abhängigkeit besteht. (Böllinger, 2002, S. 542).
Richtwerte: mindestens 6-8 Stunden bei Heroin Nach Böllinger hat der Arzt eine umfassende Aufklärungspflicht hinsichtlich
mindestens 24-36 Stunden bei Methadon der Straßenverkehrsrisiken im Falle von Noncompliance. Er hat aber
Achtung: Die Zeiten können individuell stark variieren. Damit bei der normalerweise keine Erfolgsabwendungspflicht, wenn er erfährt, dass ein
Einstellung auf Buprenorphin keine schweren Entzugssymptome ausgelöst Methadonpatient ein Kfz führen will. Nach einer Entscheidung des Bundes-
werden (induzierter Entzug), muss der Patient zum Zeitpunkt der ersten gerichtshofes beginnt eine Erfolgsabwendungspflicht erst, wenn der Patient
Einnahme bereits erstgradige, objektiv feststellbare Entzugserscheinungen den Eindruck vermittelt, nicht mehr eigenverantwortlich handeln zu können
aufweisen. Diese können sein: Mydriasis, tränende Augen, laufende Nase, (erheblicher Beigebrauch mit äußerlich sichtbaren Bewusstseinstrübun-
ununterdrückbares Gähnen. Grundsätzlich sollte bei der Einstellung auf gen). „Sollte ein uneinsichtiger Patient trotz offenkundiger Fahruntüchtigkeit
Buprenorphin mit einer Testdosis von 2 mg begonnen werden. Wird diese Anstalten machen, gleichsam unter den Augen des behandelnden Arztes
Dosis vom Patienten innerhalb von 60 Minuten gut vertragen und werden ein Kfz zu führen, so wäre es nicht strafbar, wenn der Arzt dies der Polizei
keine Entzugssymptome ausgelöst, kann nacheinander in 2 mg oder 8 mg meldet. Der sonst nach § 203 Abs.1 Nr.1 StGB strafbare Verstoß gegen die
Schritten, bis zu max. 24 mg Buprenorphin aufdosiert werden. Es sollte berufliche Schweigepflicht wäre nach § 34 StGB wegen Notstandes ge-
mindestens eine Tagesdosis von 8 mg, besser 16 mg angestrebt werden. rechtfertigt. Der Arzt ist jedoch zu einer solchen Meldung nicht verpflichtet."
(Böllinger, 1999, S. 394-395).
Die Umstellung von Buprenorphin (Subutex®) auf Buprenorphin mit Na-
loxon (Suboxone®) kann 1:1 erfolgen. Bei der Neueinstellung von Heroin- Der Bericht zur BAS-Tagung „Substitution und Fahrerlaubnis" (2001) gibt
konsumenten auf Buprenorphin mit Naloxon, der Umstellung von Metha- einen ausführlichen Überblick über die rechtliche Situation, indem diese
don/Levomethadon auf Buprenorphin mit Naloxon bzw. die Rückumstellung Thematik aus straf- und straßenverkehrsrechtlicher, gutachterlicher,
von Buprenorphin mit Naloxon auf Methadon/Levomethadon gelten die medizinisch-wissenschaftlicher und psychologischer Sicht dargestellt wird.
gleichen Empfehlungen wie für Buprenorphin. Die Tagungsdokumentation kann über die Website der BAS unter der Rub-
rik Publikationen/Tagungsdokumentationen heruntergeladen werden.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 53 54 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Die derzeitigen Regelungen zur Gewährung der Fahrerlaubnis unter lau- Tabelle 8: Behandlungsphasen der Substitution
fender Substitutionsbehandlung sind regional sehr unterschiedlich. Es wäre
Akutphase Dauer: Tage bis Monate
sinnvoll, wenn die Führerscheinbehörden bei der Frage der Fahreignungs-
• Diagnostik
beurteilung die psychosozialen Beratungsstellen einbeziehen würden.
• Dosisfindung des Substitutes
Die Aufklärung muss in einer für den Patienten verständlichen Form erfol-
• Zieldefinition
gen. In einem abschließenden Gespräch sollte überprüft werden, ob der
• Stabilisierung/Reduzierung des illegalen Drogenkonsums
Patient die zentralen Punkte verstanden hat. Immer sollte ein Protokoll
unterschrieben werden.
Stabilisierungsphase Dauer: Monate bis Jahre
• Weitgehend stabile Substitutdosis
3.8 Behandlungskonzept • Einschränkung des Beikonsums
„Eine Opiatabhängigkeit wird in der Regel von psychischen und somati- • Medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation nach klarer
schen Erkrankungen sowie psychosozialen Problemlagen begleitet. Sie Zieldefinition
erfordert daher für ihre Behandlung die Vorhaltung sowie Einbeziehung • Rückfallbearbeitung
entsprechender Maßnahmen.“ (aus den Richtlinien der Bundesärzte- • Bei psychiatrischer Komorbidität: psychiatrische und/oder
kammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiat- psychotherapeutische Mitbehandlung
abhängiger, 2010).
Supportive Behandlungsphase Dauer: Monate bis einige Jahre
Das Behandlungskonzept muss individuell abgestimmt sein, wobei eine • Voraussetzung: Erreichen der individuell angepassten Rehabilitationsziele,
gute Koordinierung zwischen ärztlicher Behandlung, Psychotherapie und ausreichende psychosoziale Stabilität
psychosozialer Betreuung hilfreich ist. Möglicherweise vorhandene körper- • Weitgehende Beikonsumfreiheit
liche und psychiatrische Erkrankungen sollen behandelt werden. Die psy- • Phase reduzierter Betreuungs- und Behandlungsintensität
chosoziale Betreuung soll sich nach von der Drogenhilfe festgelegten • Vermehrt Take-home-Verordnungen
Standards richten, die flächendeckende Verfügbarkeit entsprechender • Anpassung der weiteren Ziele, ggf. kann vollständige Abstinenz erwogen
Angebote muss durch die Kostenträger sichergestellt werden. werden
Mögliche Phasen, die im Rahmen einer Substitutionsbehandlung durchlau-
Medizinische Erhaltungstherapie Dauer: evtl. über Jahre
fen werden, sind in Tabelle 8 aufgeführt.
• stabile Methadon-Erhaltungstherapie bei ausreichendem psychosozialen
Zur Beschreibung des klinischen Verlaufs der Substitution gibt es bisher Funktions- und Lebensqualitätsniveau
keine verbindlichen Beurteilungsskalen, die sowohl praktikabel als auch
wissenschaftlich abgesichert sind. In Tabelle 9 wird ein Orientierungs- Abdosierungs- und Nachsorgephase
schema dargestellt, das sich auf die Beurteilungskategorien der Evalu- • schrittweise Abdosierung von Methadon und Übergang in eine
ationsstudie der Methadon-Substitution von Raschke & Verthein (1994) methadonfreie Nachsorgephase bei stabilen sozialen Verhältnissen und
stützt. Die vorgeschlagenen Kategorien werden dabei nach Intensität, Beigebrauchsfreiheit
Qualität bzw. Häufigkeit mit Werten von 0 bis 3 beurteilt. Es könnte auch • Cave: Zunächst ist hier eine intensivere medizinische und psychosoziale
eine Art „Belastungsscore" als Summe gebildet werden. Es kann nützlich Betreuung der „Nulldosis-Patienten“ notwendig
sein, dieses Schema z.B. monatlich oder auch quartalsmäßig auszufüllen, • Naltrexon-Behandlung eine Woche nach Beendigung für drei Monate
um ggf. Fortschritte oder auch Rückschritte im Verlauf nachvollziehbar zu
Rückfälle
dokumentieren.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 55 56 3 Einleitung der substitutionsgestützten Behandlung

Tabelle 9: Orientierungsschema zur Beurteilung des klinischen Verlaufs. 3.9 Komplettierung der Diagnostik
Beobachtungen im letzten Monat
0 1 2 3 3.9.1 Komplettierung der Anamnese
nicht gering mittel sehr Um die Indikation zur substitutionsgestützten Behandlung zu prüfen, wur-
vorhanden stark den bereits während der ersten Kontakte genaue Angaben zur Vorge-
Somatische Komplikationen schichte und zur aktuellen Lebenssituation des Patienten erhoben. Diese
(Begleiterkrankungen) Anamnese sollte im Laufe der Folgetermine durch folgende Angaben kom-
Psychische Auffälligkeiten plettiert werden:
(z.B. Angst, Depression, Wahn)
• Lebenssituation (Wohnen, Ausbildung, Beruf)
Schulden
• Familiäre Situation
Justizielle Belastung • Schulden, Vorstrafen und Delikte
Delinquenz
Drogenabhängige leiden häufig unter frühen seelischen Störungen. Die
0 1 2 3 damit verbundenen Abwehrmechanismen können eine erhebliche Rolle im
sehr gut schlecht sehr persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient spielen und eine maßgeb-
gut schlecht
liche Indikation für Art und Ausmaß der begleitenden psychiatrischen,
Kooperation in der Substitution psychotherapeutischen oder psychosozialen Behandlungs- und Betreu-
(z.B. regelmäßiges Erscheinen) ungsmaßnahmen sein.
Allgemeines Erscheinungsbild
Die psychiatrische Anamnese sollte sowohl den aktuellen psychiatrischen
(z.B. Hygiene, Ernährungs-
Befund als auch mögliche psychiatrische Begleiterkrankungen berück-
zustand)
sichtigen. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen wie z.B. aus-
Beziehung zur Familie geprägten Depressionen, Ängsten, Zwängen, einer Borderlinestörung oder
Partnersituation eines adulten ADHS sollte ein Psychiater hinzugezogen werden.
Ausbildungs-/Arbeitssituation Die Tabelle 10 gibt einen Überblick über die psychischen und somatischen
Wohnsituation Befunde, die zur Komplettierung der Anamnese beachtet werden sollten.
Freizeitgestaltung
0 1 2 3
nicht selten häufig sehr
vorhanden häufig
Beigebrauch
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Heroin
• Amphetamine/Kokain
• Sonstige
Hinweise auf Notfallintervention
in der Folge von Überdosierung
Summe (Max = 54)
II Die substitutionsgestütze Behandlung 57 58 4 Praktische Durchführung der Behandlung

Tabelle 10: Psychischer und somatischer Befund 4 Praktische Durchführung der Behandlung
Psychischer Befund Somatischer Befund
• Bewusstseinsstörungen • Schlaf- und Vigilanzstörungen 4.1 Rezeptierung
• Orientierungsstörungen • Appetenzstörungen
• Aufmerksamkeits- und • Gastrointestinale Störungen Jedes Substitutionsmittel muss grundsätzlich auf einem dreiteiligen
Gedächtnisstörungen • Kardio-respiratorische Betäubungsmittelrezept verordnet werden und mit dem Buchstaben S
• Formale Denkstörungen Störungen gekennzeichnet werden. Die auf dem BtM-Rezept laut Betäubungsmittel-
• Befürchtungen und Zwänge • Andere vegetative Störungen Verschreibungsverordnung (BtMVV) vorgeschriebenen Angaben sind im
• Wahn • Weitere Störungen Serviceteil (S. 117) erläutert. Das BtM-Rezept darf maschinell ausgefüllt
• Sinnestäuschungen • Neurologische Störungen werden. Die Unterschrift muss per Hand erfolgen.
• Ich-Störungen Das Rezept für den Sichtbezug von Substitutionsmittel darf nicht dem
• Störungen der Affektivität Patienten ausgehändigt werden, vielmehr muss es vom Arzt, seinem
• Antriebs- und ärztlichen Vertreter oder dafür autorisiertem Personal in der Apotheke
psychomotorische Störungen
eingelöst werden (vgl. BtMVV § 5 Abs. 5, S. 108).
• Circadiane Besonderheiten
• Andere Störungen (z.B. Kritik Jedes korrekt ausgestellte Rezept, das in der Apotheke vorgelegt wird,
und Urteilsfähigkeit, Adhärenz) muss unverzüglich beliefert werden. Das bedeutet, dass der Apotheker
keine Wahlfreiheit hat, ob er es beliefern möchte oder nicht. Es bedeutet
aber auch, dass fälschlicherweise dem Patienten ausgehändigte Rezepte
3.9.2 Komplettierung der Untersuchungen
für den Sichtbezug (s.o.) ebenfalls dem Überbringer des Rezeptes
Zusätzlich zu den erhobenen Befunden können die in Tabelle 11 aufge- ausgehändigt werden. Der Vermerk „tägliche Abgabe" auf einem für
führten Untersuchungen notwendig werden. mehrere Tage ausgestelltem Take-home-Rezept ist nicht zulässig und
kann in der Apotheke nicht umgesetzt werden. Wenn ein Patient noch nicht
Tabelle 11: Zusatzuntersuchungen so zuverlässig ist, dass ihm die eigenverantwortliche Einnahme über
Bei allen Patienten: mehrere Tage zugetraut werden kann, kommt allenfalls eine Take-home-
Verschreibung für einen oder zwei Tage in Frage, während er an den
• Blutbild • Harnstoff
anderen Tagen zum Sichtbezug einbestellt werden muss.
• Hepatitis- und Lues-Serologie • Harnsäure
• Leberwerte (GOT, γ-GT, GPT, CHE) • Kreatinin Hat der Arzt Zweifel an der Zuverlässigkeit seines Patienten im Umgang
Bei Frauen: mit Take-home-Rezepten, dann ist dieser Patient (noch) nicht für eine
Take-home-Verordnung geeignet.
ggf. Schwangerschaftstest
Die Zusendung von Take-home-Rezepten an eine Apotheke ist nicht zu-
Bei V.a. TBC:
lässig. Dies wäre – anders als bei Verabreichung unter Sicht in der Apo-
Bluttest (Interferon-Gamma Test) mit hoher Spezifität
theke, wo der Arzt durchaus mit einem Apotheker seiner Wahl zusammen-
arbeiten kann – eine unzulässige Zusammenarbeit.
Weiterführende diagnostische Maßnahmen, wie z.B. spezifische Labor-
Die vom pharmazeutischen Personal überwachte Einnahme (Sichtbezug)
untersuchungen bei HIV-Infektion, sollten, ebenso wie die Überweisung zu
in der Apotheke ist eine freiwillige Leistung. Wird diese gewünscht, dann
Fachärzten, bei Auftreten von oder Verdacht auf Begleiterkrankungen
kann – nach entsprechender Abklärung mit der Apotheke – das Rezept für
großzügig und rechtzeitig erfolgen. Bei der Dosierung des Substitutions-
die bis zu einem Monat benötigte Menge des Substitutionsmittels an die
mittels ist eine mögliche Veränderung der Wirkung durch eine vorhandene
Apotheke gesandt oder durch den Arzt bzw. Praxispersonal überbracht
Begleiterkrankung und/oder durch eine Begleitmedikation zu beachten
werden. Der bloße Zusatz „tgl. unter Sicht einzunehmen" entspricht nicht
(siehe auch unter 4.5.3).
den Anforderungen an eine Delegation der Substitutionsmittel-
II Die substitutionsgestütze Behandlung 59 60 4 Praktische Durchführung der Behandlung

verabreichung an einen Apotheker und ist daher nichtig. Wird für einzelne Auch bei Delegation der Substitutionsmittelverabreichung an die oben
Tage gewünscht, dass ein Patient, der in der Apotheke täglich sein genannten Personen muss der Arzt den Patienten in der Regel mindestens
Substitutionsmittel einnimmt, das Substitutionsmittel eigenverantwortlich einmal wöchentlich sehen (BtMVV § 5 Abs. 2 Nr. 5, S. 108). Dem Arzt
einnehmen soll, dann muss dem Patienten für diese Tage ein Take-home- obliegt in jedem Falle die alleinige Verantwortung, auch wenn die
Rezept im Rahmen der ärztlichen Konsultation ausgehändigt werden. Der tägliche Verabreichung in der Apotheke oder in einer Einrichtung der
Zusatz auf dem gleichen Rezept, dass eine Verabreichung unter Sicht an Suchthilfe erfolgt. Aus Gründen der Absicherung empfiehlt es sich, für
bestimmten Tagen stattfinden soll und für andere Tage dem Patienten das jeden Patienten eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arzt und den
Substitutionsmittel mitgegeben werden soll, ist unzulässig. von ihm beauftragten Personen zu schließen. Einen Vorschlag von der
Bei einer Take-home-Verordnung (§ 5 Abs. 8 BtMVV) erlaubt der Arzt Bayerischen Landesapothekerkammer für solch eine Vereinbarung finden
dem Patienten für 1-7 Tage die eigenverantwortliche Einnahme unter Sie im Serviceteil auf S. 102. Diese Vereinbarung kann auch von jedem
engen Voraussetzungen (siehe unter 4.7.1). Das Rezept muss dem Apotheker in Bayern von der Homepage der Apothekerkammer herunter-
Patienten im Rahmen einer ärztlichen Konsultation vom Arzt oder seinem geladen und ausgedruckt werden.
ärztlichen Vertreter ausgehändigt werden. Der Patient löst dieses in einer Folgende Punkte sollten geregelt werden:
Apotheke seiner Wahl ein. • Namentliche Nennung des Patienten und der Vertragspartner
Take-home-Verordnung zur Sicherstellung der Kontinuität der (Arzt, Apotheker oder pharmazeutisches Personal; jede Person,
Substitutionsbehandlung die die Substitutionsmittelverabreichung übernimmt, muss einzeln
genannt werden)
Mit der 23. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung hat sich eine
• Benennung des Ortes, an dem die Verabreichung erfolgt
neue Rezeptierungsmöglichkeit für Patienten ergeben, für die eine Behand-
lung im entsprechenden Zeitraum nicht anderweitig (z.B. anderer Arzt, • Zeitraum des Vertrages
Apotheke) gewährleistet werden kann. In diesem Fall darf der Arzt dem • Telefonnummer des Arztes für Rückfragen
Patienten innerhalb einer Woche ein Rezept für maximal 2 Tage aushändi- • Feststellung, dass die Therapieverantwortung beim Arzt liegt
gen. Dieses Rezept muss zusätzlich mit Z gekennzeichnet sein. Wichtig ist • Erklärung, dass das vergebende Personal über die Grundzüge der
hier genau zu dokumentieren, dass die Behandlung im betreffenden Zeit- Substitution informiert ist
raum nicht durch einen qualifizierten Vertreter durchgeführt werden kann. • Die Bezahlung der an der Verabreichung beteiligten Personen
sollte einvernehmlich geregelt werden, da es zurzeit noch keine
4.2 Tägliche Verabreichung des Substitutionsmittels einheitlichen Regelungen gibt.

Es empfiehlt sich sowohl für den Arzt als auch für den Apotheker, die Dele-
4.2.1 Zur Verabreichung berechtigte Personen
gation schriftlich bei der Haftpflichtversicherung zu melden und sich dafür
In der Phase der Dosisfindung sollte die Verabreichung des eine Deckungszusage geben zu lassen. Für alle offenen Fragen in diesem
Substitutionsmittels ausschließlich durch den Arzt erfolgen. Nach erfolgter Zusammenhang wenden Sie sich bitte an die zuständige Landesärzte-
Einstellung kann das Substitutionsmittel vom Arzt selbst oder durch von kammer.
ihm beauftragtes medizinisches, pharmazeutisches oder in staatlich aner-
kannten Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe tätiges und dafür ausgebilde-
tes Personal zum unmittelbaren Verbrauch vergeben werden. Der Arzt
weist die von ihm beauftragten Personen ein und kontrolliert sie. Da der
Arzt gerade bei weiteren Entfernungen kaum in der Lage sein dürfte, das
zuständige Apothekenpersonal persönlich einzuweisen, kann dies auch
über regionale Schulungen (Möller & Lander, Punkt 14, 2001) oder in praxi
auch über zuzusendendes Infomaterial geschehen. Ein persönliches Ge-
spräch ist immer sinnvoll.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 61 62 4 Praktische Durchführung der Behandlung

4.2.4 Sichtbezug in der Apotheke


4.2.2 Mögliche Verabreichungsorte
Durch das flächendeckende und dichte Netz öffentlicher Apotheken kann
Das Substitutionsmittel darf außer in der Arztpraxis oder im Krankenhaus bei Verabreichung in einer Apotheke eine flexible und wohnortnahe Ver-
auch in Apotheken oder Einrichtungen der Suchthilfe verabreicht werden. sorgung gewährleistet werden. Dies kommt vor allem berufstätigen Patien-
Letztere müssen hierfür von der zuständigen Landesbehörde anerkannt ten oder Patienten mit längeren Anfahrtswegen zum substituierenden Arzt
werden (in Bayern: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und entgegen und kann der sozialen Integration der Patienten dienen.
Gesundheit). Im Falle einer ärztlich bescheinigten Pflegebedürftigkeit darf
Die Verabreichung unter Sicht in der Apotheke ist eine freiwillige Leistung
das Substitutionsmittel auch im Rahmen eines Hausbesuches verabreicht
der Apotheke. Sie kann vom Arzt nicht einfach auf dem Rezept angeordnet
werden.
werden wie die Abgabe eines Substitutionsmittels auf Vorlage einer
Verschreibung hin. Ungeregelt ist bis heute die Entlohnung der Apotheken
4.2.3 Verabreichung des Mittels unter Sicht für diese Leistung, da sie nicht, wie der Arzt nach der GOÄ, die tägliche
Die kontrollierte Einnahme des Substitutionsmittels (Sichtbezug) stellt nach kontrollierte Verabreichung abrechnen können. Dies ist sicher ein Grund für
der BtMVV die regelhafte Behandlung dar. Hierbei wird dem Patienten die geringe Bereitschaft der Apotheken, diese zusätzliche Aufgabe zu
durch den Arzt oder befugtes Personal das Substitutionsmittel zur unmittel- übernehmen. In manchen Regionen wird für die tägliche Verabreichung in
baren Einnahme ausgehändigt und diese auch beobachtet bzw. kontrolliert. der Apotheke ein bestimmter Betrag vom Patienten gefordert. Der Patient
Damit das Methadon nicht aus der Praxis oder Apotheke geschmuggelt profitiert dadurch, dass er sich unter Umständen weite Wege in die
und intravenös appliziert werden kann, sollte die notwendige Dosis in Arztpraxis spart. Regelungen zur Honorierung der Apotheke finden sich
50-100 ml Saft oder Wasser gegeben werden. Grapefruitsaft ist wegen auch in der Vereinbarung zum Sichtbezug in der Apotheke (siehe
seiner Cyp3A4-Hemmung und der daraus resultierenden inhibitorischen Serviceteil S. 102).
Interaktion mit Methadon hierfür ungeeignet (Rodvold, 1996) und erhöht
den Methadonspiegel im Blut. Im Falle von Buprenorphin können die Sub- 4.2.5 Nachweis über den Verbleib der Betäubungsmittel
lingualtabletten auch zerdrückt oder pulverisiert werden (Cave: off-label
„Der Nachweis von Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel ist unver-
use). Wenn der Patient vor der Verabreichung von Buprenorphin den Mund
züglich nach Bestandsänderung nach amtlichem Formblatt zu führen.
mit Wasser befeuchtet, wird die sublinguale Aufnahme erleichtert. Ein kur-
zes Gespräch vor Verlassen der Praxis oder Apotheke oder auch die Auf- Es können Karteikarten oder Betäubungsmittelbücher mit fortlaufend
forderung, nach der Verabreichung noch ein Glas Wasser zu trinken, kann numerierten Seiten verwendet werden. Die Aufzeichnung kann auch mittels
sicherstellen, dass der Patient das Substitutionsmittel nicht im Mund aus elektronischer Datenverarbeitung erfolgen (z.B. Excel-Datei), sofern jeder-
der Praxis oder Apotheke „schmuggelt". zeit ein Ausdruck der gespeicherten Angaben in der Reihenfolge des amt-
lichen Formblattes gewährleistet ist. In der Praxis sind Verbleib und
Nur bei Verabreichung von Codein oder Dihydrocodein unter Sicht kann
Bestand patientenbezogen nachzuweisen." (§ 13 Abs. 1 BtMVV). Folgende
dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelba-
Angaben zur Nachweisführung sind gesetzlich vorgeschrieben (§ 14 Abs. 1
ren Verbrauch die für diesen Tag zusätzlich benötigte Menge des
BtMVV):
Substitutionsmittels in abgeteilten und genau gekennzeichneten, kindersi-
cheren Einzeldosen ausnahmsweise auch durch den Arzt zur eigenverant- • Bezeichnung des BtM
wortlichen Einnahme ausgehändigt werden, wenn dem Arzt keine Anhalts- • Datum des Zu- oder Abgangs
punkte für eine nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substi- • Zu- oder abgegangene Menge und der sich daraus ergebende Be-
tutionsmittels durch den Patienten vorliegen. stand
• Name, Firma und Anschrift des Lieferanten oder des Empfängers
Hinweis: Die Mitgabe von Substitutionsmitteln durch den Arzt stellt in allen oder sonstige Herkunft oder Verbleib
anderen Fällen eine Straftat nach dem BtMG dar.
Die Karteikarten, Betäubungsmittelbücher bzw. EDV-Ausdrucke sind mo-
natlich vom Arzt zu prüfen und die Richtigkeit des Bestandes von ihm
II Die substitutionsgestütze Behandlung 63 64 4 Praktische Durchführung der Behandlung

durch Namenszeichnung und Prüfdatum zu bestätigen (§ 13 Abs. 2 Einnahme des Substitutionsmittels und der Behandlung.
BtMVV). Sie müssen außerdem für drei Jahre nach dem letzten Eintrag - Nach Abschluss der Behandlung sollten die Patienten daher die
aufbewahrt werden (§ 13 Abs. 3 BtMVV). Auch im Falle der Verabreichung Praxis verlassen.
des Substitutionsmittels außerhalb der Arztpraxis ist der Arzt für die BtM- - Auch im Umfeld der Praxis sollten die Patienten nicht in Gruppen
Nachweisführung verantwortlich. Sofern dies schwer praktikabel ist, wäre zusammenstehen, da dies sehr schnell Ziel eines Substanzaus-
dringend anzuraten, sich am besten wöchentlich von der Apotheke eine tausches werden kann.
Tabelle zufaxen zu lassen, auf der sich Substitutdosis, Ausgabezeitpunkt - Hunde und andere patientenbegleitende Haustiere haben in und
mit Datum und Uhrzeit, ausgebende Person und Unterschrift des Patienten vor einer Arztpraxis nichts verloren.
befinden (Dokumentationsbogen siehe Serviceteil S. 106). - Sichtlich unter Drogeneinfluss stehende Patienten haben die Pra-
xis sofort zu verlassen.
4.3 Tipps für die Praxisorganisation - Empfehlenswert ist auch ein Kontrollsystem, um festzustellen,
• Das Substitutionsmittel muss gesondert aufbewahrt und gegen unbe- welcher Patient nicht zum vereinbarten Termin erschienen ist so-
fugte Entnahme gesichert sein. Die Substanz ist in einem vom Publi- wie für diesen Fall ein entsprechender Maßnahmenkatalog.
kum nicht einsehbaren Bereich in einem Stahlschrank oder Tresor auf-
zubewahren. Näheres hierzu regeln die „Richtlinien über Maßnahmen 4.4 Im Therapieverlauf wiederholt abzuklärende Punkte
zur Sicherung von Betäubungsmittelvorräten bei Erlaubnisinhabern Gemäß BtMVV sind folgende Punkte immer wieder abzuklären:
nach § 3 Betäubungsmittelgesetz (Stand 1.1.2007)“.
• Eignung des Patienten
• Die Einnahme sollte an einem anderen, vom Publikum nicht einsehba-
• Kontrolle von Doppelsubstitution bzw. zusätzlichem Gebrauch von
ren Ort erfolgen.
Schwarzmarkt- oder fremdverschriebenen Medikamenten (v.a. Benzo-
• Rezepte sowie psychoaktive Substanzen müssen unter Verschluss
diazepinen)
aufbewahrt werden.
• Inanspruchnahme der indizierten begleitenden Behandlungs- und
• Bei mehr als zehn Substitutionspatienten empfiehlt sich die Vergabe Betreuungsmaßnahmen
von Einnahmeterminen oder Verabreichungszeiträumen.
• Kontrolle von Beikonsum
• Die Verabreichung darf nur durch erfahrenes, in die Substitution
eingearbeitetes Praxispersonal erfolgen. Persönliche Beziehungen
4.4.1 Eignung des Patienten
zwischen Praxispersonal und Patienten sollten aufmerksam beobach-
tet werden, um Unregelmäßigkeiten bei der Substitutionsmittel- Behandlungsindikation, -motivation und -zielsetzung müssen im Verlauf der
verabreichung vorzubeugen. Behandlung immer wieder thematisiert und überprüft werden und die
• Am besten wird sofort bei der Verabreichung auf einem individuellen notwendigen Konsequenzen (Änderung des Behandlungsvertrages/-kon-
Patientenbogen die verabreichte Menge mit Datum, Uhrzeit und even- zeptes) umgesetzt werden. Ebenso muss im Falle einer Take-home-
tuell Auffälligkeiten dokumentiert. Verordnung die Zuverlässigkeit bzw. Eignung des Patienten regelmäßig
• Am Monatsende müssen die BtM-Bestände mit der Dokumentation geprüft und dokumentiert werden.
verglichen und geprüft werden. Diese Prüfung muss auf dem Doku-
mentationsbogen vom Arzt abgezeichnet werden. 4.4.2 Kontrolle von Doppelsubstitution –
• Substituierte sollten möglichst nicht alleine am Tresen oder im Sprech- Substitutionsregister
zimmer warten. Ein Wartebereich oder Aufenthaltsraum sollte unter
Die 15. BtMÄndV beschreibt in § 5a die Einzelheiten zum Substitutions-
steter Sichtkontrolle des Praxispersonals stehen.
register. Um Doppelsubstitutionen zu vermeiden, müssen seit dem 1. Juli
• In einer Hausordnung können Verhaltensregeln erstellt werden, z.B.: 2002 alle Patienten, die Substitutionsmittel verschrieben bekommen, dem
- Die Praxis darf nicht mit mehreren Bekannten betreten werden. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet wer-
Sie ist kein erweiterter Szene-Treffpunkt, sondern dient nur der
II Die substitutionsgestütze Behandlung 65 66 4 Praktische Durchführung der Behandlung

den. Das Meldeformular und die Erläuterungen zum Ausfüllen sind bei psychosoziale Betreuung nicht möglich ist.“ (Richtlinien der BÄK)
der Bundesopiumstelle/Substitutionsregister, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3,
53175 Bonn oder unter www.bfarm.de erhältlich. Unter dieser Adresse 4.4.4 Beikonsum
findet sich auch das zwölfseitige Informationsblatt „Organisatorische Fest-
legungen zur Führung des Substitutionsregisters“, das Fragen zur prakti- Bei Patienten, die aus der Szene in Substitution kommen, stellt Beikonsum
schen Umsetzung erläutert. Das Meldeformular ist im Serviceteil auf ein normales Phänomen dar, das erst im längeren Verlauf der Substitution
S. 115/116 abgedruckt. zurückgeht.
Das BfArM vergleicht jedes neue Patienten-Kryptogramm mit den bereits Opiatbeikonsum sowie der Einsatz verschiedenster auf der Szene erhältli-
vorhandenen. Bei Übereinstimmungen werden die betroffenen Ärzte un- cher Pharmaka und Alkohol bergen v.a. zu Beginn der Behandlung wegen
verzüglich vom BfArM informiert, um zu klären, ob es sich um den gleichen vielfältiger Interaktionen mit dem Substitutionsmittel ein erhebliches Risiko
Patienten handelt bzw. wer die Substitutionsbehandlung in Zukunft fortfüh- für den Patienten und müssen deshalb ausführlich besprochen werden.
ren wird. Um Mehrfachsubstitutionen zu unterbinden, unterrichtet das Unangekündigte Urinkontrollen liefern wichtige Hinweise auf den Verlauf
BfArM außerdem die zuständigen Überwachungsbehörden der betroffenen der Substitution und sollten Grundlage sein für ein Gespräch mit dem Pati-
Ärzte. enten über das weitere therapeutische Vorgehen und eventuell entspre-
chende Dosisänderungen.
Das BfArM teilt seit dem 1. Januar 2003 den zuständigen Überwachungs-
behörden der Länder zweimal jährlich folgende Informationen mit: Für den Verlauf der Substitution werden zwei bis vier Urinproben pro Monat
empfohlen, die GKV finanziert aber nur vier pro Quartal bzw. in der An-
• Namen der substituierenden Ärzte
fangsphase der Substitutionsbehandlung für zwei Quartale maximal die
• Anzahl der substituierten Patienten doppelte Zahl. Bei stabiler Substitution reichen bei manchen Patienten
• Art und Anteil der verschriebenen Substitutionsmittel 2 oder 3 unangekündigte Urinproben (unter Sichtkontrolle) pro Quartal.
Häufigere Urinproben können die klinische Beurteilung und Risikoabwä-
4.4.3 Inanspruchnahme der indizierten begleitenden gung nicht ersetzen und sind aus Kostengründen nicht zu empfehlen. Über
Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen die im Urin nach klinischer Maßgabe kontrollierbaren Substanzen informiert
Tabelle 4, S. 25.
Da laut BtMVV die Verabreichung des Substitutionsmittels bei entspre-
chender Indikation in ein umfassendes Therapiekonzept eingebunden sein Es sollte aber auch auf den Beikonsum von Substanzen geachtet werden,
muss, hat der Arzt auf die Inanspruchnahme der erforderlichen begleiten- die derzeit noch nicht mit Routineuntersuchungen im Urin nachgewiesen
den psychiatrischen, psychotherapeutischen und/oder psychosozialen werden können wie z.B. Methylphenidat, Tilidin, Tramadol. In geeigneten
Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen hin zu wirken und diese zu Labors sind entsprechende Nachweise aus Urin möglich.
überprüfen (Berichts- bzw. Protokollbogen zum Austausch zwischen Arzt Benzodiazepine
und psychosozialer Betreuung siehe Serviceteil S. 100/101). Im Allgemeinen ist die Anwendung von Benzodiazepinen bei Abhängigen
In den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substituti- kontraindiziert. Der gleichzeitige Konsum von Substitutionsmitteln und
onsgestützten Behandlung Opiatabhängiger (2010) ist festgelegt, dass sich Benzodiazepinen stellt möglicherweise eine vitale Gefährdung dar, v.a.
Art und Umfang der psychosozialen Betreuung nach der individuellen Situ- wenn die Dosierung nicht im Rahmen einer die Substitution einschließen-
ation und dem Krankheitsverlauf des Patienten richten. den Therapie erfolgt. Die unkritische Verordnung von Pharmaka birgt ne-
Falls sowohl die Beratungsstelle als auch der behandelnde Arzt darin über- ben einer vitalen Gefährdung des Patienten auch die Gefahr, dass damit
einstimmen, dass derzeit kein Bedarf an psychosozialer Betreuung besteht, der Schwarzmarkt bedient wird.
so soll dies schriftlich dokumentiert werden. In allen anderen Fällen sollen Erscheint während der Substitution die Verordnung von Benzodiazepinen
psychosoziale Maßnahmen und ärztliche Behandlung kontinuierlich koordi- wegen psychiatrischer Beschwerden angezeigt, dann sollte der Patient
niert werden. „Zur Abwehr akuter gesundheitlicher Gefahren kann die Sub- zunächst einem Psychiater vorgestellt werden. In folgenden seltenen Ein-
stitution ausnahmsweise auch dann erfolgen, wenn und solange eine zelfällen kann die Verordnung von Benzodiazepinen indiziert sein:
II Die substitutionsgestütze Behandlung 67 68 4 Praktische Durchführung der Behandlung

• Behandlung zur Stabilisierung des Konsummusters und Reduktion Tabelle 12: Äquivalenzdosen von in Deutschland handelsüblichen Benzodiazepinen
des Konsums unter ärztlicher Aufsicht innerhalb eines klar definier- Substanz (Firmenname) Äquivalenz- Begründung der
ten Zeitrahmens dosis Äquivalenzdosis
• Kurzzeitige Krisenintervention bei der Behandlung von Angst- Alprazolam (Tafil®) 1 (0.5)
zuständen, depressiven Zuständen oder Schlafstörungen. Die An- Bromazepam (Lexotanil®) 6
gaben des Patienten bezüglich entsprechender Symptome sollten
Brotizolam (Lendormin®) 0,5
jedoch kritisch geprüft werden.
Chlordiazepoxid (Librium®) 20 (25)
Befragungen von Patienten und substituierenden Ärzten zeigen, dass der Clobazam (Frisium®) 20
Benzodiazepin-Beikonsum sowohl zur Dämpfung von Entzugssymptomen
Clonazepam (Rivotril®) 2 (0,5)
als auch zur Modifikation der Heroinwirkungen erfolgt (Raschke, Chorzelski
und Brinkmann, 1998). Folgende Motive des Benzodiazepin-Beikonsums Clotiazepam (Trecalmo®) 5
sind besonders bedeutsam (vgl. auch BAS e.V.: Methadonsubstitution: Diazepam 10 Standardsubstanz
Zur Problematik der zusätzlichen Verordnung von Benzodiazepinen, 1999, (Faustan®,Valium®)
S. 50 unter der Rubrik Publikationen/Broschüren auf www.bas- Dikaliumclorazepat 20 Metabolit Nordazepam
muenchen.de) (Tranxilium®)
Flunitrazepam (Rohypnol®) 0,5 (1,0)
• Konsum zur Kompensation insuffizienter Opiat-Dosierungen
Flurazepam (Dalmadorm®) 30 (15-30) Metabolit Desm.-Flur.
• Konsum aufgrund unbehandelter Benzodiazepinabhängigkeit
• Konsum mit Rauschmotiven Halazepam (in Deutschland 40
nicht auf dem Markt)
• Konsum zur Selbstmedikation psychischer Belastungen oder
Ketazolam (Contamex®) 30
Störungen
• Konsum zur Schlafregulierung Loprazolam (Sonin®) 1,5 (1)
Lorazepam (Tavor®) 2 (1)
Selbst wenn der Patient einen Konsum von etwa 80 mg oder mehr Diaze- Lormetazepam (Noctamid®) 1
pam-Dosisäquivalenten (siehe Tabelle 12) angibt, ist eine rasche Reduzie-
Medazepam (Rudotel®, früher 20
rung der Menge und Einstellung des Patienten auf ca. 30 mg Diazepam-
Nobrium®)
Dosisäquivalente vertretbar und ohne Risiken möglich, z.B. durch tägliche
Metaclazepam (Talis®) 10
Reduktion um bis zu 20% der Tagesdosis bis zum Erreichen einer Dosie- ®
rung von ca. 30 mg Diazepam-Dosisäquivalent. Danach sollte die Redukti- Midazolam (Dormicum ) 7,5
on, individuell mit dem Patienten abgestimmt, langsamer erfolgen. Günstig Nitrazepam (Mogadan®, 5
kann die Verwendung eines nicht-szeneüblichen Benzodiazepins wie Radedorm®)
Clonazepam sein, das bei starker antiepileptischer Wirkung weniger sediert Nordazepam (Tranxilium N®) 20
und bei Dosierungen bis 2 mg pro Tag in der Regel keine Benzodiazepine Oxazepam (Adumbran®) 30 (20-40)
in der Urinkontrolle anzeigt. Die tägliche Benzodiazepindosis sollte dem Oxazolam (Tranquit®) 30
Patienten ebenso wie andere Psychopharmaka im Rahmen der täglichen
Prazepam (Demetrin®) 20 Metabolit Nordazepam
Verabreichung des Substitutionsmittels ausgehändigt werden. Dem Patien-
ten dürfen keinesfalls Rezepte mit größeren Mengen von Benzodiazepinen Temazepam (Planum®, 20
zur selbsttätigen Einnahme überlassen werden. Remestan®)
Tetrazepam (Musaril®) 20 Metabolit Nordazepam
®
Triazolam (Halcion ) 0,5
Quelle : AWMF-Leitlinien Medikamentenabhängigkeit (2006):
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/
II Die substitutionsgestütze Behandlung 69 70 4 Praktische Durchführung der Behandlung

Beim Vorliegen einer Risikoanamnese mit cerebralen Dysfunktionen als


Folge von Encephalitiden, Schädelhirntraumata, Anamnese mit epilepti- 4.4.5 Rückfallmanagement
schen Anfällen usw. kann zur Krampfprophylaxe Valproat (Cave:
Ein Beikonsum von illegalen Opioiden und/oder anderen psychotropen
Leberschädigung) gegeben werden. Das ebenfalls eingesetzte Carba-
Substanzen (z.B. Alkohol, Benzodiazepine, Stimulantien) ist bei substi-
mazepin kann zu einer Induktion des Methadonstoffwechsels und damit zu
tuierten Patienten, besonders zu Beginn der Behandlung, häufig. Aber
einem Absinken des Wirkstoffspiegels bis hin zum Auftreten von Entzugs-
auch nach mehr oder weniger langer Zeit, einer Reduktion oder sogar einer
symptomen führen (senkt Methadonspiegel um bis zu 50% und steigert ihn
Abstinenz von Beikonsum kann es zu einer akuten Zunahme der
bei Absetzen im gleichen Maße, vgl. Tabelle 13, S. 73).
Konsumfrequenz und -menge kommen.
Der Behandlungsplan muss stets durch ein Herabdosierungsschema ge-
Ausgangspunkt für weitere therapeutische Schritte ist die Analyse des
kennzeichnet sein. Bei kooperativen Patienten kann bei einer Anfangsdosis
gegenwärtigen Substanzgebrauchs mit Schwerpunkt auf Auslösefaktoren,
von 2 mg Clonazepam bzw. ca. 30 mg äquivalenter Diazepam-Dosis eine
Drogenwirkung und Folgen. Bei den Auslösefaktoren kann zwischen
pharmakodynamisch kaum wahrnehmbare Reduktion innerhalb von
äußeren (z.B. Hören bestimmter Musik) und inneren Situationen (z.B. Wut,
4-8 Wochen in etwa 1-2 mg-Schritten erfolgen. Ein schnelleres Herab-
Lustlosigkeit) unterschieden werden.
dosieren bringt höhere Risiken für entzugsbedingte Krampfanfälle mit sich.
Erfahrungsgemäß sind jedoch oft längere Zeitintervalle bis zu einem Abhängig davon können die weiteren Schritte variieren. So kann ein
halben Jahr erforderlich. zunehmender Suchtdruck z.B. auf eine kürzliche Belastungsreaktion oder
eine Reduktion des Substitutwirkspiegels (z.B. Interaktion mit HIV- oder
Alkohol antiepileptischer Medikation) zurückführbar sein, so dass sich daraus sehr
Alkohol stellt aufgrund der ubiquitären Verfügbarkeit und sozialen Akzep- unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen ergeben können.
tanz besonders in Bayern ein schweres und sehr häufiges Problem dar. In einem ersten Schritt sollte eine funktionale Analyse des Drogenkonsums
Optimal wäre eine obligate Kontrolle der Atemalkoholkonzentration (AAK) erfolgen. Dazu gehört der Versuch, den Ablauf des Beikonsums in
vor der Substitutverabreichung. Zumindest muss bei klinischen Zeichen verschiedenen Risikosituationen zu analysieren. Zur Orientierung kann
einer Alkoholintoxikation bzw. foetor ex ore eine Alkoholkontrolle durchge- hierzu die Verhaltensanalyse nach Kanfer (SORKC-Modell) eingesetzt
führt werden. Sollte ein entsprechendes Messgerät nicht verfügbar sein, werden:
empfehlen wir die Kooperation mit Schwerpunktpraxen oder einer
* S: Reize, Situationen
Substitutionsambulanz in Ihrer Nähe. Zusätzlich sind die typischen Marker
* O: Organismus (Kognitionen und biologisch-somatische Bedingungen)
und Zeichen chronischen Alkoholkonsums (GGT, CDT, MCV etc.) zu
* R: Reaktionen, Verhalten
prüfen, da besonders Take-home-, aber auch täglich erscheinende
* K: Kontingenzen (regelhafte Zusammenhänge zwischen Situationen,
Patienten Atemluftkontrollen unauffällig überstehen und erst direkt im
Verhalten und Konsequenzen)
Anschluss an die Verabreichung trinken.
* C: Konsequenzen
In jedem Falle gilt: Substitutionsmittel dürfen nicht an stark alkoholi-
sierte Patienten verabreicht werden. Empfehlungen für die Dosis- Beispiel:
anpassung bei aktueller Alkoholisierung finden Sie unter 4.5.2. Die Rege- * Beschreiben Sie eine (innere, äußere) Situation mit Drogenkonsum!
lungen zur Dosisanpassung müssen von Anfang an klar vereinbart werden. * Welche Gefühle, Gedanken, körperliche Reaktionen entwickelten
Gegebenenfalls kann auch die Vereinbarung einer 0-Promille-Grenze von sich (Organismus)?
vornherein sinnvoll sein. * Wie sollte die Droge die Situation verändern (Wirkungserwartung,
Vermeidungsreaktion)?
* Wie würden Sie das entstandene Verlangen nach der Droge
beschreiben (Gedanken, Gefühle, körperliche Reaktionen)?
* Zu welchen Folgen kommt es durch den Konsum kurz- und
langfristig tatsächlich (Konsequenzen)?
II Die substitutionsgestütze Behandlung 71 72 4 Praktische Durchführung der Behandlung

Wichtig bleibt bei allem eine Aktivierung der Eigenressourcen zum 4.5.1 Fehltage
erfolgreichen Umgang mit den individuellen Risikosituationen. Dazu sollten
anhand individueller Risikosituationen alternative Bewältigungsstrategien (statt Erscheint ein Patient nicht regelmäßig oder wie vereinbart zur Sub-
Drogenkonsum) entwickelt werden. stitutionsmitteleinnahme, müssen die Ursachen vor der nächsten
Verabreichung geklärt werden. Nach mehreren Fehltagen ist nach der
Ein wichtiger Baustein dazu kann die Analyse früherer Strategien zur
möglicherweise eingetretenen Adaption an eine geringere Dosis eine
Bewältigung von Risikosituationen liefern, die dazu führten, dass kein
Dosisreduktion, z.B. um 10% pro gefehltem Tag, zu empfehlen. Nach mehr
Drogenkonsum notwendig wurde. Nach der Identifizierung solcher Ereignisse
als fünf Tagen ohne kontrollierte Opiateinnahme kann nicht mehr von einer
können folgende Schlüsselfragen weiter helfen: „Was haben Sie damals
Opiattoleranz ausgegangen werden, so dass eine Neueinstellung erforder-
gemacht?“ und „Was davon könnte auch in Ihrer jetzigen Situation
lich ist (siehe unter 3.6).
funktionieren? Wie könnte das ablaufen?“
Für eine ausführliche Darstellung des Vorgehens und die Arbeit erleichternde 4.5.2 Intoxikation
Checklisten sei auf das Behandlungsmanual zur psychosozialen Behandlung
von Drogenabhängigen unter Substitution verwiesen (Küfner & Ridinger, Bei erheblich intoxikiertem Zustand muss die Dosis des Substitutionsmittels
2008). reduziert oder die Verabreichung unter Umständen ganz verweigert wer-
Eine weitere Möglichkeit des Rückfallmanagements könnte auch in der den. Hierbei sind alle psychotropen Substanzen zu berücksichtigen. Der
Vermittlung von Strategien zum kontrollierten Beikonsum liegen: Entzug von Opioiden durch Verweigerung der Verabreichung des Substitu-
Selbstkontrollierter Substanzkonsum liegt dann vor, wenn eine Person ihren tionsmittels hat keine lebensbedrohlichen Folgen, auch keine rechtlichen
Konsum an einem zuvor festgelegten Konsumplan ausrichtet. In Bayern im Sinne des unmittelbaren Vorwurfs der unterlassenen Hilfeleistung. Im
werden über psychosoziale Beratungsstellen Programme zum kontrollierten Gegenteil, die vitale Bedrohung bei Verabreichung des Substituts an einen
Beikonsum, z.B. KISS (Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum), intoxikierten Patienten ist hoch.
angeboten, in denen die Patienten lernen sollen, den Konsum der Besonders Alkohol und Benzodiazepine verstärken die atemdepressive
verschiedenen Substanzen jeweils für eine Woche im Voraus zu planen. Dabei Wirkung des Substitutionsmittels. Bei offensichtlicher Alkoholintoxikation
sind die Anzahl der konsumfreien Tage, die tägliche maximale Konsummenge wird zunächst kein Substitutionsmittel ausgegeben. Gegebenenfalls kann
und der maximale Gesamtkonsum pro Woche festzulegen. 10-30% der der Patient nach einigen Stunden erneut in die Praxis kommen, um dann in
Teilnehmer von KISS-Gruppen entscheiden sich mittelfristig im Verlauf dann klinisch deutlich besserem Zustand bzw. bei gesunkenem Alkoholspiegel
auch für eine Abstinenz. sein Substitut einzunehmen. Grundsätzlich ist eine Verabreichung nur bei
0,0‰ zu empfehlen.
4.5 Dosisanpassung und Verweigerung der Opiatabgabe Bei Kontrollmöglichkeit mittels Alkometer:
• bis 0,5‰: Abgabe der halben Methadondosis
Auch bei längeren und stabilen Substitutionsverläufen sollte die Dosis von Zeit
• über 0,5‰ : keine Methadonabgabe für diesen Tag.
zu Zeit überprüft werden, z.B. bei Patienten mit Take-Home-Verordnung
Verabreichung mit Sichtbezug für einige Tage. Dosisveränderungen bzw.
-anpassungen sind im Verlauf einer substitutionsgestützten Behandlung aus 4.5.3 Veränderungen des Opiatbedarfs
verschiedensten Gründen immer wieder notwendig. Die aktuelle Dosierung Veränderungen des Opiatbedarfs können entstehen durch (Gölz, 1999):
des Substitutionsmittels sollte dem Patienten immer bekannt, ggf. auch in
• entzündliche Erkrankungen
einem aktualisierbaren Substitutionsausweis vermerkt sein. Gerade in der aus-
schleichenden ambulanten Entgiftung besteht nach einiger Zeit der langjährige • fortschreitende Leberzirrhose
Schutz vor Überdosierungen nicht mehr; alle Patienten – besonders die • psychosoziale Stresssituationen
„Ausstiegswilligen“ – sollten darüber aufgeklärt sein. Bei Rückfällen besteht so • Interaktionen mit Medikamenten (siehe Tabelle 13)
zumindest die Chance, dass vom Patienten nicht durch Unkenntnis der • Beikonsum von Barbituraten
verminderten Toleranz eine tödliche Überdosierung illegaler Opiate erfolgt.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 73 74 4 Praktische Durchführung der Behandlung

Um zu vermeiden, dass der Patient unter latentem Opiathunger leidet, oxymeter, Sauerstoffflasche mit Druckminderer und Insufflationsmaske,
sollte die Dosis, dem klinischen Bild entsprechend, angepasst werden. Ambubeutel mit drei Maskengrößen, drei Wendltuben und drei
Oropharyngealtuben. Besser sind komplett ausgerüstete Notfallkoffer mit
Tabelle 13: Möglicher Einfluss verschiedener Pharmaka auf die Opiatwirkung transportablem O2-Gerät (sog. Ulmer Koffer). Regelmäßige Fortbildungen
Verstärkung Abschwächung in basic life support (BLS), wie sie KVen und Ärztekammern anbieten, sind
in solchen Situationen hilfreich und müssen spätestens bei der
• Alkohol • Antimykotika • Rifampicin
Zertifizierung nachgewiesen werden.
• Antiarrhythmika • Phenothiazine • Phenytoin
Grundlegend ist rasch zu klären, ob die persönliche ärztliche Erfahrung und
• Clonidin • Benzodiazepine • Phenobarbital die situativen Voraussetzungen ausreichen, um die gegebene Problemlage
• ß-Blocker • Antidepressiva • Carbamazepin des Patienten ohne Hinzuziehung eines Notarztes zu behandeln. Im Leit-
• Chinidin • SSRI (Fluvoxamin, • Antiretrovirale
faden zur Prävention von Drogentod der BAS findet sich ein ausführliches
Kapitel über Erste Hilfe sowie den Einsatz von Naloxon (Halbwertszeit ca.
• Cumarine Paroxetin®) • Therapie 70 Minuten nach i.v.-Applikation) im Drogennotfall. Der Verdacht auf eine
• Cimetidin • Zytostatika (z.B. Ritonavir/ Opiatüberdosierung kann gemäß der Symptome in Tabelle 14 überprüft
• Kontrazeptiva Norvir®) werden. Ein Therapieschema für solche Fälle zeigt Tabelle 15.

Tabelle 14: Zeichen einer Opiatüberdosierung


Weitere Informationen zu Interaktionen und Wechselwirkungen im Rahmen
der Methadonbehandlung finden Sie im Addiction Treatment Forum unter • Somnolenz/ Koma
folgendem Link: www.atforum.com/rx-methadone/index.php. • Reduzierung der Atemfrequenz/ Atemstillstand
• Zyanose
4.5.4 Sanktionen bei Regelbrüchen • Miosis
• Kalte Haut
Durch rechtzeitiges, schriftliches Festhalten abgestufter Sanktionen kann • Tonusverlust/ Areflexie
das Vorgehen bei Regelverletzungen für alle Beteiligten erleichtert werden. • Evtl. Pyramidenbahnzeichen
Erfahrungsgemäß ist es vorrangig, eine Atmosphäre des Vertrauens auf-
zubauen, wobei es durchaus notwendig ist, transparente Regeln aufzustel- Tabelle 15: Therapieschema und -ablauf bei Opiatintoxikation (nach Gölz, 1998, 2-C 3.3.1)
len und diese dann konsequent umzusetzen. Therapieschema
Beigebrauch kann auch ein Hilfeschrei nach vermehrter Zuwendung und Symptome Maßnahmen
Beachtung sein. Deshalb sind Sanktionen nicht immer der geeignete Weg,  Bradypnoe, ansprechbar  O2-Gabe, zum Atmen auffordern
mit Beikonsum umzugehen.  Bradypnoe, bewusstlos  O2-Gabe, Naloxon
 Apnoe, bewusstlos  Intubation, Beatmung
4.6 Notfallsituationen Therapieverlauf
 Für suffiziente Atmung sorgen.
Vital bedrohliche Notfälle bei Substitutionspatienten kommen in der Arzt-  Venöser Zugang (kann schwierig sein!)
praxis selten vor. Generell möglich sind veränderte Bewusstseinszustände,  Herz-Kreislauf-Check
Ateminsuffizienz und Krampfanfälle; gelegentlich kommt es zu allergischen  Magensonde
Reaktionen, zu Hypotonie oder hypertonen Krisen und anderen internisti-  Versorgung von Begleitverletzungen
schen Notfällen. Einschlafen des Patienten im Wartezimmer kann vorkom-
men (aufwecken!, wach halten und beobachten, erst nach Ausschluss Hinweis: Naloxon zur i.v. oder i.m.-Verabreichung ist in Deutschland in
einer vitalen Gefährdung aus der Praxis entlassen). jeder Apotheke im Notfalldepot gelagert.
Empfehlenswert für eine (Substitutions-)Praxis sind Defibrillator, Puls-
II Die substitutionsgestütze Behandlung 75 76 4 Praktische Durchführung der Behandlung

4.7 Take-home-Verordnung medizinische Notwendigkeit besteht. Wichtig ist es, auch die Gründe für die
Take-home-Verordnung und die Notwendigkeit und Zulässigkeit der Wei-
4.7.1 Indikation terbehandlung zu dokumentieren.
Die Take-home-Verordnung stellt eine Ausnahmeform der Behandlung dar Wenn die Kontinuität der Substitutionsbehandlung anderweitig nicht ge-
und unterliegt besonders strengen Anforderungen. Nach den Vorschriften währleistet ist (z.B. an Wochenenden oder Feiertagen), eröffnet die
der BtMVV ist mindestens sicher zu stellen, dass das Risiko der Selbst- 23. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung auch die Möglichkeit
und Fremdgefährdung (Kinder) ausgeschlossen ist und Untersuchungen des Take-home für diejenigen Patienten, die dies sonst nicht erhalten (vgl.
des Arztes keine Erkenntnisse darüber erbracht haben, dass der Patient dazu 4.1).
1. Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der Einnahme des Sub-
stitutionsmittels gefährden, 4.7.2 Rezeptierung (§ 5 Abs. 7 BtMVV) und Procedere
2. unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf
Bei der „Take-home-Verordnung" wird dem Patienten im Rahmen einer
eine stabile Dosis eingestellt worden ist oder
persönlichen ärztlichen Konsultation ein Rezept über die für bis zu sieben
3. Stoffe missbräuchlich konsumiert.
Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels ausgehändigt. Er löst es in
Die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substituti- einer Apotheke seiner Wahl ein. Eine Mitgabe von Betäubungsmitteln aus
onsgestützten Behandlung Opiatabhängiger (2010) definieren darüber der Arztpraxis ist nach § 13 BtMG eine Straftat. Neben den für Sub-
hinaus den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft stitutionsmittel üblichen Angaben (siehe Serviceteil S. 118) muss bei einem
und regeln die Bedingungen für Take-home-Verordnungen sehr ausführ- Take-home-Rezept die Reichdauer des Substitutionsmittels in Tagen (am
lich. Für eine Take-home-Verordnung müssen derzeit folgende Vorausset- besten mit Angabe des Datums: von ... bis...) vermerkt werden. Wird das
zungen erfüllt sein: Methadon nach NRF 29.1 oder Polamidon® nach NRF 29.4 rezeptiert, so
• Die Dosiseinstellung ist abgeschlossen. wird in der Apotheke nach einer vom Zentrallabor entwickelten und stan-
dardisierten Rezeptur gearbeitet, bei der die Methadonlösung eingedickt,
• Der bisherige Verlauf der Behandlung hat zu einer klinischen Sta-
eingefärbt, konserviert und in kindersichere Einzeldosen verpackt wird.
bilisierung des Patienten geführt.
• Risiken der Selbstgefährdung sind soweit wie möglich ausge- Auch im Rahmen einer Take-home-Verordnung muss der Arzt den Sub-
schlossen worden. stitutionspatienten mindestens einmal wöchentlich sehen und sich verge-
• Der Patient konsumiert stabil keine weiteren Substanzen, die zu- wissern, dass eine Weiterführung der Take-home-Regelung möglich ist.
sammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels zu einer ge- Dabei sollte eine Take-home-Dosis nach den Richtlinien der Bundesärzte-
sundheitlichen Gefährdung führen können. kammer unter Sichtkontrolle in der Praxis eingenommen werden, um eine
• Der Patient hat die erforderlichen Kontakte zum Arzt und zur PSB selbständige Abdosierung (oder den Verkauf eines Teils des Substitutions-
wahrgenommen. mittels) zu verhindern.
• Die psychosoziale Reintegration ist fortgeschritten. Die Apotheke muss die verordneten Take-home-Dosen einzeln und in
• Für eine Fremdgefährdung durch Weitergabe des Substitutionsmit- kindergesicherter Verpackung konfektionieren. Der Zusatz „EDO“ bei Ver-
tels bestehen keine Hinweise. ordnung von flüssigen, abgeteilten Substitutionsmitteln ist hilfreich.
Sinnvollerweise wird mit einer Take-home-Regelung für einen kürzeren
Zeitraum begonnen und diese langsam auf sieben Tage gesteigert. Bei
psychotischen Störungen kann eine Take-home-Regelung kontraindiziert
sein.
Bei der Verordnungsdauer ist zu beachten, dass die Ausschöpfung des
vollen zeitlichen Rahmens (bis zu sieben Tage) nur auf Fälle beschränkt
bleiben soll, bei denen eine eindeutige berufliche, familiäre, soziale oder
II Die substitutionsgestütze Behandlung 77 78 4 Praktische Durchführung der Behandlung

jeweiligen Einfuhrbestimmungen erhalten Sie bei INDRO e.V.4


4.8 Urlaub Im Falle eines Auslandsaufenthaltes kann der Arzt zur Sicherstellung der
Versorgung des Patienten gemäß § 5 Absatz 8 der 15. BtMÄndV ihm die
4.8.1 Urlaub des Patienten eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels für bis zu 30 Tage
innerhalb eines Jahres verordnen. Sinnvoll ist es, diese Verordnung nicht
Im Urlaubsfall ist es, nach rechtzeitiger Vorbereitung, häufig möglich eine
auf das Kalenderjahr, sondern auf das Patientenjahr (innerhalb von
vorübergehende Fortsetzung der Substitution im In- und Ausland zu orga-
365 Tagen 30 Tage) zu beziehen. Diese Verordnung muss unverzüglich
nisieren, da die Substitution inzwischen weltweit recht verbreitet ist. Es
bei der jeweiligen Landesbehörde (formlos) gemeldet werden.
empfiehlt sich, rechtzeitig einen Arzt am Urlaubsort zu kontaktieren und mit
diesem persönlich Vereinbarungen bezüglich der vorübergehenden Falls der Patient mit dem ihm verordneten Substitutionsmitteln ins Ausland
Betreuung des Patienten zu treffen. Der Patient muss damit rechnen, dass reist, sollte er eine vom behandelnden Arzt ausgefüllte und von der zustän-
er die Behandlungskosten in der Urlaubszeit selbst tragen muss. digen Gesundheitsbehörde beglaubigte Bescheinigung (www.bfarm.de/cae
/servlet/contentblob/1010478/publicationFile/65931/reise_scheng_formular.
Urlaub in Deutschland pdf) nach dem Schengener Abkommen mit sich führen.
Bei einem Urlaub in Deutschland gelten die Bestimmungen der BtMVV. Ein Achtung: Beim Ausfüllen des Formblatts genau in die vorgeschriebenen
Patient, der das Substitutionsmittel täglich unter Sicht einnehmen muss, Felder schreiben und immer auch die Rückseite des Formblatts mit aus-
wird an einen anderen Arzt überwiesen. Der Patient bekommt dazu von drucken oder kopieren, da es die Übersetzungen enthält.
seinem behandelnden Arzt eine Substitutionsbescheinigung. Eine
Das Ausstellen und Mitführen dieses Formblatts empfiehlt sich auch für
persönliche Kontaktaufnahme zwischen behandelndem Arzt und seinem
Länder, die dem Schengener Abkommen nicht angehören.
Vertreter am Urlaubsort ist zu empfehlen. Am Urlaubsort muss sich der
Patient mittels Personalausweis oder Reisepass legitimieren und die Weil sich die Bestimmungen zum Einführen von Betäubungsmitteln immer
Formalitäten der Substitution vor Ort klären. Bei einer Urlaubssubstitution wieder ändern können, sollte sich der Patient genau über die jeweiligen
im Inland muss der Patient beim Substitutionsregister nicht umgemeldet Vorschriften des Reiselandes informieren.
werden, solange ein Zeitraum von 4 Wochen nicht überschritten wird.
Gleiches gilt für Aufenthalte in JVAs und Kliniken (siehe auch 4.8.2 Urlaub des Arztes
Organisatorische Festlegungen zur Führung des Substitutionsregisters
Der Arzt kann sich entweder durch einen ärztlichen Vertreter in seiner ei-
§ 5a BtMVV).
genen Praxis oder durch eine andere Praxis vertreten lassen. In der Praxis
Einem Patienten, der die Bedingungen für eine „Take-home-Regelung" des behandelnden Arztes kann der ärztliche Vertreter die Substitution ohne
erfüllt, kann der behandelnde Arzt ein Rezept mit bis zu sieben Tages- weiteres fortführen und das Substitutionsmittel „i.V." rezeptieren. Wenn der
dosen aushändigen, welches der Patient in einer Apotheke seiner Wahl ärztliche Vertreter den Rezeptblock des von ihm vertretenen Arztes ver-
einlösen kann. Die weiteren Verordnungen müssen dann bei Urlaub in wendet, muss er seinen Stempel dazu setzen und „i.V.“ unterzeichnen. Die
Deutschland von einem Arzt am Urlaubsort vorgenommen werden. Das vertretende Praxis muss den Arzt nach seinem Urlaub schriftlich über die
Vordatieren oder Zusenden von Rezepten ist unzulässig. Für die durchgeführten Maßnahmen informieren (vgl. auch unter 4.9).
Weiterverordnung benötigt der Arzt am Urlaubsort eine Substitutions-
Die 23. BtMÄndV gestattet dem substituierenden Arzt, sich auch von einem
bescheinigung.
Kollegen ohne suchttherapeutische Qualifikation „[…] für einen Zeitraum
Der Arzt am Urlaubsort in Deutschland muss nicht zwingend die von bis zu vier Wochen und längstens insgesamt 12 Wochen im Jahr ver-
Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation erfüllen. treten […]“ zu lassen, wenn kein suchtmedizinisch qualifizierter Arzt die
Der substituierende Arzt am Heimatwohnort des Patienten kann in diesem Vertretung übernehmen kann.
Fall als Konsiliarius (BtMVV § 5 Abs. 3) fungieren.
Urlaub im Ausland
4
Umfassende Informationen über eine Substitution im Ausland sowie die INDRO e.V., Bremer Platz 18-20, 48155 Münster, Telefon: 0251-60123, www.indro-online.de
oder www.indro-online.de/laender.htm
II Die substitutionsgestütze Behandlung 79 80 5 Beendigung der Therapie

4.9 Arztwechsel 5 Beendigung der Therapie


Der Arzt ist verpflichtet, einem Patienten, der die Praxis des behandelnden
Arztes zeitweilig oder auf Dauer wechselt, eine Substitutionsbescheinigung 5.1 Regulärer Behandlungsabschluss
auf einem Betäubungsmittelrezept auszustellen. Die Angaben, die eine Die Behandlung kann nach langsamer Abdosierung mit Erreichen einer
Substitutionsbescheinigung enthalten muss, sind im Serviceteil S. 120. erläu- Substitutionsmittel-Abstinenz oder z.B. durch Überweisung des Patienten
tert. Die Substitutionsbescheinigung ist mit dem Vermerk „Nur zur Vorlage in eine Entzugsklinik oder Therapieeinrichtung beendet werden.
beim Arzt“ zu kennzeichnen. Teil I der Substitutionsbescheinigung erhält der
Kriterien für eine Erfolg versprechende Abdosierung sind:
Patient, Teil II und III verbleiben beim ausstellenden Arzt. Nach Vorlage von
• längere Phase der Stabilisierung ohne Beigebrauch
Teil I der Substitutionsbescheinigung durch den Patienten und Überprüfung
• psychische Belastbarkeit
der Angaben zur Person durch Vergleich mit dem Personalausweis oder
Reisepass kann ein anderer Arzt das Verschreiben des Substitutionsmittels • Bereitschaft des Patienten zur Abstinenz
fortsetzen. Eine telefonische Rückversicherung beim ausstellenden Arzt ist • Distanz zur Szene
empfehlenswert. Erfolgt die Verschreibung nur zeitlich begrenzt, ist der • psychosozial positive Entwicklung und Prognose
ursprünglich behandelnde Arzt unverzüglich nach Abschluss des Ver- Eine Abdosierung kann durch Reduktion der aktuellen Methadondosis um
schreibens schriftlich über die durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten. 10% pro Woche bis zu einer Dosierung von 5 mg Methadon erfolgen.
Gegen Ende der Entgiftung wird langsam ausgeschlichen (2-10% der Vor-
tagesdosis/Tag). Das endgültige Ausschleichen erfolgt individuell ange-
passt in Kleinstschritten. Auf Wunsch des Patienten kann es sinnvoll sein,
die letzten Schritte der Dosisreduktion „blind“ durchzuführen, um den
Erwartungseffekt zu minimieren.
Im stationären Setting erstreckt sich die Entgiftung in der Regel über einen
Zeitraum von 2-3 Wochen, im ambulanten Bereich über einen deutlich
längeren Zeitraum, in Einzelfällen über Monate mit anschließenden Nach-
behandlungsphasen.
Behandlung mit Naltrexon
Auch nach Beendigung der Substitution sollte eine weitere Stabilisierung
des Patienten ggf. durch psychosoziale Betreuung angestrebt werden.
Etwa eine Woche bis 10 Tage nach Abschluss der Substitution kann eine
mehrmonatige Behandlung mit Naltrexon, einem oral lang wirksamen
Opiat-Rezeptoren-Blocker (50 mg Naltrexon antagonisieren 25 mg Heroin
für 24 Stunden), angeschlossen werden. Studien mit einem Naltrexon-
Depotpräparat (Wirksamkeit über 4 Wochen) haben positive Ergebnisse
erbracht, bislang ist das Präparat jedoch noch nicht zugelassen.
Bei kooperativen Patienten kann damit eine Reduzierung von Craving-
Anfällen erreicht und die Abstinenz stabilisiert werden. Bei der Verabrei-
chung kleinerer Opioidmengen (z.B. Hustenmittel, Antidiarrhoika und Anal-
getika) wird deren Wirkung vermindert. Werden in Notfallsituationen höhere
Mengen an Opioidanalgetika benötigt, kann die dabei auftretende Atem-
depression verstärkt sein. Hier besteht in allen Fällen Überwachungspflicht.
II Die substitutionsgestütze Behandlung 81 82 5 Beendigung der Therapie

Lebensgefahr besteht bei der (Selbst-)Verabreichung hoher Dosen von 5.2.2 Therapieabbruch durch den Patienten
Opiaten bzw. Opioiden, da dann die antagonistische Wirkung von Naltre-
xon durchbrochen werden kann. Erscheint ein Patient unangekündigt nicht mehr in der Substitutionspraxis,
so sollte nach Möglichkeit der Grund dafür erkundet werden. Oft können
5.2 Therapieabbruch hier auch die Drogenberatungsstellen behilflich sein. In manchen Regionen
gibt es auch die Möglichkeit, dass Mitarbeiter der Jugendhilfe versuchen,
Therapieabbrüche sollten, um das Leben des Patienten nicht zu gefährden, den Patienten bei sich zu Hause aufzusuchen („home reach“), um die
vermieden werden. Ein möglicher Therapieabbruch und die Gründe hierfür Gründe für den Therapieabbruch und Maßnahmen zu besprechen.
sollten mit dem Patienten schon bei Behandlungsbeginn besprochen wer-
Gründe für einen Therapieabbruch durch den Patienten können sein:
den.
• Arztwechsel
5.2.1 Therapieabbruch durch den Arzt • Rückkehr zur „Szene“
• Inhaftierung (ggf. Kooperation mit Polizei und Justiz)
Da Therapieabbrüche zur vitalen Gefährdung des Patienten führen können,
sollten zuerst Alternativen wie z.B. Dosisreduktion, Fortsetzung der
Therapie in einer anderen Einrichtung, andere Behandlungsformen oder
Sanktionen in Erwägung gezogen werden.
Abgebrochen werden sollte die Substitution, wenn:
• die in den Behandlungsverträgen getroffenen Vereinbarungen
wiederholt beziehungsweise schwerwiegend gebrochen werden.
• es zu Androhung oder Ausübung von Gewalt in der Praxis kommt.
• der Patient illegale Drogen in der Praxis konsumiert oder diese
weiterverkauft (dealt).
• trotz wiederholter Gespräche und ausreichender Dosierung des
Substitutionsmittels ein die Substitution gefährdender Beigebrauch
besteht.
In jedem Falle müssen dem Patienten die Gründe für einen Abbruch und
ggf. das weitere Procedere verständlich gemacht werden. Idealerweise
kann er kognitiv und emotional nachvollziehen, warum eine Weiterführung
der Therapie zu diesem Zeitpunkt in der Praxis nicht sinnvoll ist. Eine Wei-
tervermittlung des Patienten ist erforderlich.
Ein Therapieabbruch durch den Arzt sollte möglichst erst nach einer ange-
kündigten Frist (z.B. 2 Wochen) erfolgen, um dem Patienten Gelegenheit
für einen Arztwechsel zu geben. Hat der Patient in dieser Zeit keinen ande-
ren Arzt gefunden, erfolgt ein gezieltes Herunterdosieren z.B. um 20 mg
Methadon jeden zweiten Tag oder 10 mg täglich.
Wird die Therapie sofort aufgrund eines die Praxis gefährdenden Verhal-
tens des Patienten abgebrochen, so sollte der Patient in eine Entzugsklinik
eingewiesen werden.
Die Gründe für einen Therapieabbruch sowie die getroffenen Maßnahmen
sollten genau dokumentiert werden.
III Literaturverzeichnis 83 84 Literaturverzeichnis

III. LITERATURVERZEICHNIS Küfner, H., Riedinger, M. (2008): Psychosoziale Behandlung von Drogenabhängigen unter
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IV Serviceteil 85 86 1 Erfassungsbogen Substitution

IV. SERVICETEIL Erfassungsbogen Substitution

1 Erfassungsbogen Substitution – Anamnesebogen für Ärzte Datum: .......................


Personalien
2 Muster für eine Behandlungsvereinbarung zwischen
Name ………………………………..
Patient, Arzt und psychosozialem Betreuer
Vorname ………………………………..
3 Berichtsbogen zur psychosozialen Betreuung Geburtsdatum ………………………………..
4 Protokollbogen zum Austausch zwischen substituierendem Arzt und
psychosozialer Betreuung Straße ………………………………..
PLZ ………………………………..
5 Vereinbarung zwischen Arzt und Apotheker zum unmittelbaren Über-
Wohnort ………………………………..
lassen von Substitutionsmitteln in der Apotheke
Telefon ………………………………..
6 Muster einer patientenbezogenen Vergabe-Dokumentation ………………………………..
7 Orientierungsschema zur Beurteilung des klinischen Verlaufs E-Mail ………………………………..

8 Auszüge aus der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV)


Krankenkasse ………………………………..
• Verschreiben eines Substitutionsmittels
• Zugelassene Höchstmenge
Bezugsperson ……………………………….. (Familie, Angehörige, Freunde etc.)
• Take-home-Verordnung Name ………………………………..
• Substitutionsbescheinigung Adresse ………………………………..
• Substitutionsregister ………………………………..
9 Formular zur Meldung gemäß § 5a Abs. 2 BtMVV Telefon ………………………………..
(Substitutionsregister) ………………………………..
E-Mail ………………………………..
10 BtM-Rezeptbeispiele
11 Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln Arbeitgeber ………………………………..
12 Literaturempfehlungen Adresse ………………………………..
………………………………..
IV Serviceteil 87 88 1 Erfassungsbogen Substitution

Gesundheit Datum: Name:

Periode O regelmäßig
Name: Vorname: Größe: Gewicht: O keine
O unregelmäßig
Allgemein O kräftig Schlafstörung O keine O Hormopräparat (Pille/ 3-Monatsspritze)
O ständig müde O Einschlafstörungen O letzte Periode wann? ………………….
O kraftlos O Durchschlafstörungen
O Schwitzen Sexualität ja Kondome
in letzten 6 Monaten kein Sex O
Ernährung O Untergewicht Zähne: O in Ordnung fester Sexualpartner O O
O normal O Karies wechselnde Partner O O
O Übergewicht O Ruinen Prostitution O O
O Essattacken O Gebiss
O Erbrechen Operationen
O Diäten Welche?
O unregelmäßiges Essen ………………………………………………………………………………………………………………
………………………………………………………….…………………………………………………..
Haut: O in Ordnung O Ausschläge
O Abszesse O Parasiten (Läuse, Krätze u.ä.) Sonstige aktuelle Krankheiten:
………………………………………………………………………………………………………………
Infektionen O keine ………………………………………………………………………………………….…………………..

O Hepatitis Datum der letzten Blutentnahme: …………………………….


O Hep A, festgestellt …………. (Jahr), durch ……………………. (Arzt)
O Hep B, festgestellt …………. (Jahr), durch ……………………. (Arzt) Drogenvorgeschichte
O Hep C, festgestellt …………. (Jahr), durch ……………………. (Arzt) Zigaretten Alter bei Beginn: …………………………….
O HIV, festgestellt …………. (Jahr), durch ……………………. (Arzt) Anzahl Zigaretten/Tag heute: …………………………….

O andere Infektionen ………………………………………………………….. Alkohol Alter bei Beginn: …………………………….


regelmäßig Alkohol O ja O nein
O davon behandelt wurden: …………………………………………………… erster Rausch mit ……… Jahren
(welche?, wann?) …………………………………………………… heutiger Konsum ……… Gläser/Tag
Alkoholbedingte Probleme bisher:
O Nadeltausch in letzten 6 Monaten O Vergiftung O Entzug
O gemeinsames Wasser zum „Aufkochen“ (wie oft?) ……………………… O Delir O Krampfanfall
O Führerscheinverlust O Arbeitsplatzverlust
Leber O in Ordnung Lunge O in Ordnung
Tabletten Alter bei Beginn: …………………………….
O schlechte Werte O Luftnot
regelmäßig Tabletten O ja O nein
O Hepatitis (s.oben) O Bronchitis
ab wann wie viele wie oft
O Zirrhose O Asthma
O Tbc O Diazepam ……………………………………………………………………
O Flunitrazepam ……………………………………………………………………
Krampfanfälle O keine O Bromazepam ……………………………………………………………………
O im Entzug O Oxazepam ……………………………………………………………………
O unabhängig von Entzug O Clonazepam ……………………………………………………………………
O letzter Anfall vor ………………….Tagen/Wochen/Monaten O Tetrazepam ……………………………………………………………………
O medikamentös behandelt mit: O andere Benzodiaz. (welche) …………………………………………………………
O Doxepin (welche?) ……………………………………………………………………
Magen/Darm O in Ordnung O Trimipramin ……………………………………………………………………
O Magenschmerzen/Übelkeit O andere Antidepr. (welche) …………………………………………………………
O Gastritis/ Magengeschwür O Luminal ……………………………………………………………………
O Durchfall O Medinox ……………………………………………………………………
O Verstopfung O Vesparax ……………………………………………………………………
IV Serviceteil 89 90 1 Erfassungsbogen Substitution

Name: Name:

Cannabis erster Konsum mit …….. Jahren Aktueller Konsum (ohne die während der Substitution verabreichten Medikamente)
heutiger Konsum O nie
O gelegentlich x-mal/Tag x-mal/Woche x-mal/Monat ungefähre Menge
O regelmäßig
(bitte ungefähre Zahl eintragen)
Opiate erster Konsum mit …….. Jahren Zigaretten ………… ……..……… ……..……… …………….………
O unregelmäßig von ………….. bis ………….. Bier ………… ……..……… ……..……… …………….………
O regelmäßig von ………….. bis …………..
Wein ………… ……..……… ……..……… …………….………
geschnupft seit …….. gespritzt seit …….. abhängig seit ……..
Schnaps/Wodka ………… ……..……… ……..……… …………….………
Codein erster Konsum mit …….. Jahren Flunitrazepam ………… ……..……… ……..……… …………….………
(Saft/Tabletten)
Diazepam ………… ……..……… ……..……… …………….………
O unregelmäßig von ………….. bis …………..
O regelmäßig von ………….. bis ………….. Benzodiazepine ………… ……..……… ……..……… …………….………
(Sonstige)
Methadon erster Konsum mit …….. Jahren Doxepin ………… ……..……… ……..……… …………….………
O unregelmäßig von ………….. bis …………..
Trimipramin ………… ……..……… ……..……… …………….………
O regelmäßig von ………….. bis …………..
geschluckt seit …….. gespritzt seit …….. abhängig seit …….. Antidepressiva ………… ……..……… ……..……… …………….………
(Sonstige)
Buprenorphin erster Konsum mit …….. Jahren
Luminal ………… ……..……… ……..……… …………….………
O unregelmäßig von ………….. bis …………..
O regelmäßig von ………….. bis ………….. Barbiturate ………… ……..……… ……..……… …………….………
gelutscht seit …….. geschnupft seit …….. (Sonstige)
gespritzt seit …….. abhängig seit …….. Cannabis ………… ……..……… ……..……… …………….………
Heroin ………… ……..……… ……..……… …………….………
Kokain erster Konsum mit …….. Jahren
O unregelmäßig von ………….. bis ………….. Codein ………… ……..……… ……..……… …………….………
O regelmäßig von ………….. bis ………….. Methadon ………… ……..……… ……..……… …………….………
geschnupft seit …….. gespritzt seit …….. abhängig seit ……..
Buprenorphin ………… ……..……… ……..……… …………….………
Amphetamine O Speed O Crystal Kokain ………… ……..……… ……..……… …………….………
erster Konsum mit …….. Jahren Speed ………… ……..……… ……..……… …………….………
O unregelmäßig von ………….. bis …………..
Crystal ………… ……..……… ……..……… …………….………
O regelmäßig von ………….. bis …………..
abhängig seit …….. Ecstasy ………… ……..……… ……..……… …………….………
LSD ………… ……..……… ……..……… …………….………
Ecstasy erster Konsum mit …….. Jahren
Andere ………… ……..……… ……..……… …………….………
O unregelmäßig von ………….. bis …………..
O regelmäßig von ………….. bis …………..
abhängig seit ……..

Halluzinogene O LSD O Pilze


erster Konsum mit …….. Jahren
O unregelmäßig von ………….. bis …………..
O regelmäßig von ………….. bis …………..
abhängig seit ……..
IV Serviceteil 91 92 1 Erfassungsbogen Substitution

Name: Name:

Therapie Psychische Entwicklung


wann und wo
Depressionen/Stimmungstiefs:
O keine O erstmals mit ……….. Jahren
Entzüge O vor Beginn des Drogenkonsums
abgeschlossen
O ausgelöst durch ……………………………………………………………
O bei oder nach Entzügen
abgebrochen
O unabhängig von Entzügen
O während Drogenkonsum O wann sonst ……………….…….
Entwöhnungstherapie derzeit O ständig O oft O selten O gar nicht
abgeschlossen
Selbstmordgedanken
abgebrochen O keine O erstmals mit ……….. Jahren
Häufigkeit O vereinzelt O immer wieder
insgesamt „clean“ in den letzten O1 O2 O5 O 10 Jahren derzeit O ständig O oft O selten O gar nicht
für …… Monate für …… Jahre Anzahl Selbstmordversuche ……

Substitutionsgestützte Behandlung wie ………………………………………………………………………………

O noch nie O früher O derzeit zuletzt wann ……………


Krankenhaus wegen Überdosis/ Intoxikation: ………… mal

Arzt Angstzustände
O keine O erstmals mit ……….. Jahren
Menge Zeitraum derzeit O ständig O oft O selten O gar nicht
Methadon/Polamidon®
Ich habe Angst vor
Subutex®/Suboxone® ………………………………………………………………………….
Codein/DHC …………………………………………...……………………………..
O der Zukunft O Krankheiten
Suchtberatung
O meine Arbeit zu verlieren O keine Arbeit mehr zu finden
Wo Suchtberater(in)
O meine Eltern/ meinen Partner/ meine Kinder zu enttäuschen
Wie oft letzter Kontakt
O die Anforderungen der Substitutionsbehandlung/ einer späteren Entgiftung/
Grund für letzten Rückfall Entwöhnung nicht zu schaffen

O Entzugserscheinungen O Opiathunger O Angebot Misshandlungen/ Verletzungen/ Vergewaltigungen


O Depression O Angst O Panik O als Kind
O Krisensituation O Partnerschaft O Freunde O als Jugendliche/r
O Unruhe/Unausgeglichenheit O Schlafstörungen O Sonstiges O in letzter Zeit
IV Serviceteil 93 94 1 Erfassungsbogen Substitution

Name: Name:

Wohnen Lebensunterhalt
O Mietwohnung O Lohn aus Angestelltentätigkeit O Selbständige Tätigkeiten
O Wohngemeinschaft O Gelegenheitstätigkeiten O Unterstützung durch Angehörige
O Untermiete O ALG I O ALG II/ Hartz IV
O Verwandtschaft/Eltern O Sozialhilfe O Krankengeld
O Notschlafstelle
O Pension Schulden
O ohne festen Wohnsitz O keine O Bankschulden O Sonstige Schulden O Privatinsolvenz
O Notunterkunft bei Freunden/Bekannten

Höhe der Monatsmiete ……… Euro O unter 2500,-Euro O 2500 - 5.000 Euro
O 5.000 - 10.000 Euro O über 10.000 Euro
Ausbildung derzeitiger Beruf
O Hauptschule O als Angestellter tätig Strafen
O Qualifizierter Abschluss O Beamter
O Lehre O Selbständig Anzahl Vorstrafen ………
O abgebrochen O arbeitslos gemeldet Anzahl Haftstrafen ……… letzter Aufenthalt JVA von …….…….. bis ……….…..
O beendet O Umschulung Haftdauer insgesamt: ………
O Mittlere Reife O Sozialhilfe- oder ALG II-Empfänger offene Strafen O laufende Verfahren
O (Fach-)Abitur O in Schule O Haft
O Studium O in Berufsausbildung O Bewährung Bewährungshelfer: …………………………………..…..
O abgebrochen O bekomme Krankengeld O Bewährungsauflagen: …………………………………………………….
O beendet O habe Job ( ohne Sozialhilfe)
O ohne Job O Betreuungspflegschaft Name: ……………..…………………………………………………..

Erlernter Beruf: Ausgeübter Beruf: Delikt


………………………………… ………………………………… vor Beginn nach Beginn offenes
der Drogenabhängigkeit Verfahren keine Aussagen
Familiäre Situation Verstoß gegen BTM O O O O
O ledig O verheiratet O getrennt lebend Eigentum O O O O
O geschieden O verwitwet Körperverletzung O O O O
Betrug O O O O
O fester Partner O kein fester Partner Räuberische Erpressung O O O O
O ohne Drogenkonsum Anderes O O O O
O mit Drogenkonsum

O Kinder (Anzahl): ………


O zu Hause betreut
O anderweitig betreut
O bei dem anderen Elternteil
IV Serviceteil 95 96 1 Erfassungsbogen Substitution

Name: Name:

Persönliche Pläne, Wünsche, Ziele für die Substitutionsbehandlung Was für Ziele haben Sie sonst noch im Rahmen Ihrer Substitutionsbehandlung?

Gewünschtes Substitutionsmittel was ? bis wann erreichbar?

O Methadon 1% O Buprenorphin O Andere ………………………. Wohnsituation …………….....................................................................

Möglichst hohe Dosis, um "satt" zu sein und keinen Beigebrauch zu haben Beziehungen …………….....................................................................
O ja O nein O weiß nicht
Freizeitgestaltung …………….....................................................................
Möglichst niedrige Dosis, um "nicht noch abhängiger" zu werden
O ja O nein O weiß nicht Ausbildung/Arbeitsplatzsituation …………….....................................................................

Welche Dosierung glauben Sie zu benötigen? ...............mg oder .............. ml Justiz/Kriminalität/Delinquenz …………….....................................................................

Dauerhafte Substitution, um Erreichtes nicht zu gefährden und "wackelig" zu werden Schuldenabbau …………….....................................................................

O ja O nein O weiß nicht körperliche Stabilität …………….....................................................................

Langsames Herunterdosieren seelische Stabilität …………….....................................................................


O ja O nein O weiß nicht
Beigebrauchfreiheit …………….....................................................................
Wenn ja, über welchen Zeitraum? .........................................

Überwindung des Beigebrauchs von persönliche Erläuterungen hierzu und sonstige eigene Ziele/Wünsche:
Heroin O ja O kein Thema O weiß nicht
Codein O ja O kein Thema O weiß nicht ..............................................................................................................................................
Benzodiazepinen O ja O kein Thema O weiß nicht
Amphetamine O ja O kein Thema O weiß nicht ..............................................................................................................................................
Cannabis O ja O kein Thema O weiß nicht
Alkohol O ja O kein Thema O weiß nicht ..............................................................................................................................................

Überbrückung bis Therapie


O ja O nein O weiß nicht ..................................................................................
wenn ja, über welchen Zeitraum? .............................. (Ort, Datum)

Längerfristige Substitutionsbehandlung
O ja O nein O weiß nicht ..................................................................................
wenn ja, über welchen Zeitraum? .............................. (Unterschrift des/der Patienten/in)

Überbrückung bis Inhaftierung


O ja O nein O weiß nicht ..................................................................................
wenn ja, über welchen Zeitraum? .............................. (Name in Druckschrift)
IV Serviceteil 97 98 2 Muster für eine Behandlungsvereinbarung zwischen Arzt und PSB

Muster für eine Behandlungsvereinbarung


Ziele der Substitutionsbehandlung und therapeutisches Vorgehen

Was soll geändert werden? Wie soll vorgegangen Zeitlicher Folgende Vereinbarungen werden getroffen zwischen:
werden? Rahmen
Patient: _____________ Arzt: ____________ und Berater:___________
Kooperation in der Substitution
O regelmäßiges Erscheinen Ab dem _______ wird mit dem Ersatzstoff _________________substituiert.
O Pünktlichkeit Die Substitution ist zunächst auf den Zeitraum von ______ Monaten
O Umgang
begrenzt. Nach ______Monaten werden am _________ in einem Team-
Allgemeines Erscheinungsbild gespräch Fortsetzung und Art und Weise der Substitution besprochen.
O Hygiene
O Ernährungszustand Das Substitutionsmittel wird täglich in den Praxisräumen unmittelbar nach
Ausgabe unter Aufsicht eingenommen. Die Mitgabe von Substitutions-
Gesundheitszustand
mitteln ist gesetzlich nicht erlaubt.

Psychischer Zustand
Ausgabezeiten:
Angst/Depression/Wahn/Sonstiges Montag bis Freitag von ______ bis_____ Uhr in den Praxisräumen
Samstag / Sonntag von ______bis_____ Uhr
Beigebrauch
O Benzodiazepine in:_______________________________________
O Alkohol Eine gleichzeitige Substitutionsbehandlung bei anderen Ärzten oder in
O Heroin
O Amphetamine/ Kokain einer Substitutionsambulanz ist gesetzlich verboten und kann gesundheits-
O Sonstige gefährdend bzw. tödlich sein.
Beziehungen Bestandteile der Substitution sind Vergabe des Substitutionsmittels und
O Partner psychosoziale Betreuung in Form lebenspraktischer und therapeutischer
O Kinder Unterstützung. Die aktive Mitarbeit des Patienten ist für eine Substitution
O Familie
O Freunde unbedingt erforderlich.
O ohne Drogenkonsum Die psychosoziale Betreuung erfolgt durch:
O mit Drogenkonsum
O Sonstige ____________________________________________________________

Wohnsituation Die Substitution erfolgt unter folgenden Bedingungen:


1) Es werden Ziele der Substitutionsbehandlung vereinbart. Innerhalb des
Ausbildungs-/Arbeitssituation
obengenannten Zeitraumes soll erreicht werden, dass:
________________________________________________________
Freizeitgestaltung Dazu werden folgende Schritte unternommen:
2) Urinkontrollen finden unangemeldet in unregelmäßigen Abständen
Schulden
statt. Sie sind verpflichtend und zur Weiterführung der Substitution
unerlässlich.
3) Der Patient verpflichtet sich, auf den Beikonsum von Drogen, Medi-
Justizielle Belastung
kamenten sowie auf problematischen Alkoholkonsum zu verzichten.
Bei regelmäßigem und exzessivem Beigebrauch sowie unzureichender
Delinquenz
Mitarbeit bei der medizinischen und psychosozialen Betreuung wird die
Substitution durch Herunterdosieren des Substitutionsmittels ausschlei-
chend beendet.
IV Serviceteil 99 100 3 Berichtsbogen zur psychosozialen Betreuung

4) Verstöße gegen die Hausordnung, insbesondere Gewaltanwendung, Berichtsbogen zur psychosozialen Betreuung
Androhung von Gewalt, Diebstahl, Drogenkonsum und Alkoholkonsum
in der Einrichtung führen zum unverzüglichen Ausschluss aus der Datum:
Substitution. Dies gilt auch für gezielte Handlungen gegen die Inter-
Nach § 5 der BtMVV ist der Arzt bei Verschreibung eines Substitutionsmittels verpflichtet, auf
essen von Patienten und Team. Der Patient wurde über die Hausord- erforderliche Behandlungs- und Betreuungsmassnahmen hin zu wirken und deren Inanspruch-
nung informiert. Berater und Arzt haben uneingeschränktes Hausrecht nahme nachzuweisen. Darüber hinaus wäre eine Kooperation zwischen Arzt und
innerhalb der Praxis/ Einrichtung. Ihren Anordnungen ist unbedingt psychosozialer Betreuung zur Verbesserung des Behandlungskonzeptes wünschenswert.
Folge zu leisten.
5) Frau/Herr__________________ wurde von _____________________ Frau/Herr ____________ wird in unserer Einrichtung psychosozial betreut.
über Risiken, Neben- und Wechselwirkungen des Substitutionsmittels,
die Gefahren von Beigebrauch sowie alternative Behandlungs- Die Betreuung findet regelmäßig statt. Bei Beendigung der Betreuung wer-
möglichkeiten eingehend informiert. den wir Sie informieren.
6) Austausch von Patienteninformationen:
• Das Team der an der Substitution beteiligten Therapeuten ist für den ___________________________ ___________________________
Zeitraum der Behandlung von der Schweigepflicht untereinander und
gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), der KV-Kommis- Einrichtung Ansprechpartner
sion, dem Gesundheitsamt, den in die Substitution eingebundenen
Apotheken und den Kostenträgern befreit. Dies gilt auch für Ziele der Betreuung:
Anfragen bei anderen Ärzten hinsichtlich einer Doppelsubstitution.
Alle Daten werden streng vertraulich behandelt. ____________________________________________________________
• Der Patient ist damit einverstanden, dass die Mitarbeiter der Substi- ____________________________________________________________
tutionspraxis, soweit es eine bestimmte Situation erfordert und es im ____________________________________________________________
Interesse des Behandelten liegt, Informationen auch an behandelnde ____________________________________________________________
Ärzte, ein behandelndes Krankenhaus, Apotheken oder an eine ____________________________________________________________
psychosozial beratende Institution weiterleiten dürfen. ____________________________________________________________
• Der Patient ist einverstanden, dass die Mitarbeiter einer Apotheke,
soweit es eine Situation erfordert und im Interesse der Sicherheit des Dieser Bogen wird spätestens am jeweiligen Quartalsende, zu Anfang der Therapie
Behandlungsverlaufs liegt, Informationen auch an behandelnde und bei gravierenden Änderungen wöchentlich ausgetauscht.
Ärzte oder ein behandelndes Krankenhaus weiterleiten dürfen.
• Der Patient ist damit einverstanden, dass erforderliche persönliche
Daten und Informationen aus der Substitutionsbehandlung in einer
Akte festgehalten bzw. mittels EDV gespeichert werden. Eine
Weitergabe der Daten erfolgt ausschließlich in anonymisierter Form
und unter Wahrung der Datenschutzbestimmungen.
7) Zusätzliche Vereinbarungen:
____________________________________________________________
____________________________________________________________
____________________________________________________________
Patient: ____________________
Arzt: ____________________ Berater: ____________________
IV Serviceteil 101 102 5 Vereinbarung zwischen Arzt und Apotheker

Protokollbogen zum Austausch zwischen Vereinbarung zum unmittelbaren Überlassen von


substituierendem Arzt und psychosozialer Betreuung Drogen-Substitutionsmitteln in der Apotheke
gemäß § 5 Abs. 6 und 7 BtMVV
Frau/Herr __________________________________
(Formularvorlage der Bayerischen Landesapothekerkammer)
ist mit einem der substitutionsgestützten Behandlung dienenden Informa-
tionsaustausch (Entbindung von der Schweigepflicht) zwischen dem Zwischen
substituierenden Arzt (Name): ________________________________
Name: __________________________________________________
und dem Arzt/Ärztin (im folgenden Arzt genannt)
Betreuer in dieser Einrichtung (Name): Anschrift: __________________________________________________
_________________________________ Telefon: ____________________
einverstanden. Mobiltelefon: ____________________
Fax: ____________________
Unterschrift Patient: _______________________________
sein Vertreter: ________________________________________
Arzt: _______________________________
und
Psychosoziale Betreuung: _______________________________
Name: __________________________________________________
Ein Behandlungsvereinbarung mit dem Patienten wurde vorläufig bis Apotheker/Apothekerin (im folgenden Apothekenleiter genannt)
zum _______________________ abgeschlossen. Anschrift: __________________________________________________
(Apotheke)
Telefon: ____________________
Das Substitutionsmittel wird täglich unter Sicht in der Praxis/ Mobiltelefon: ____________________
in _________________________eingenommen.
Fax: ____________________

Eine Take-home-Regelung besteht nicht / besteht für _______Tage wird folgende Vereinbarung getroffen:
1) Der Patient ________________________________________________
Name, Vorname, Geburtsdatum
Der Patient erschien regelmäßig 1x/ Woche / Monat/ bzw. zu folgenden ________________________________________________
Terminen bei uns zur psychosozialen Betreuung: Anschrift

Datum /Betreuer der vom Arzt im Rahmen der Substitutionstherapie folgende Arzneimittel
_______________________________________
_______________________________________
_______________________________________
Dieser Bogen wird spätestens am jeweiligen Quartalsende, zu Anfang der Therapie regelmäßig verordnet bekommt, wird vom __________bis _________
und bei gravierenden Änderungen wöchentlich ausgetauscht. in der ________________-Apotheke ________________ täglich in der Zeit
Name Anschrift
von _______ bis ________ mit dem Substitutionsmittel _______________
zum unmittelbaren Verbrauch im Auftrag des obigen Arztes versorgt.
Die Vergabe am Wochenende/Feiertagen findet _________________ statt
Ort, Einrichtung
IV Serviceteil 103 104 5 Vereinbarung zwischen Arzt und Apotheker

1) Der Patient hat sich entsprechend auszuweisen. 12) Der Arzt kann sich in Anwesenheit des Apothekenleiters jederzeit von der
2) Der Arzt beauftragt den Apothekenleiter, die Vergabe in der Apotheke vorzu- ordnungsgemäßen Vergabe des Substitutionsmittels überzeugen.
nehmen. Die Vergabe kann auch durch einen Angehörigen des pharmazeuti- 13) Für die Qualität des zu vergebenden Arzneimittels haftet der Apotheker im
schen Personals der Apotheke erfolgen, soweit er in diese Vereinbarung aus- Rahmen der Betriebshaftpflicht. Für die Substitutionstherapie und die damit
drücklich einbezogen wurde und im Vordruck der Anlage 1 dazu persönlich verbundenen Maßnahmen haftet der Arzt.
aufgeführt wird (Vergabepersonal). 14) Der Apothekenleiter erhält vom Arzt*) / Patient*) folgende Vergütung:
3) Der Arzt verpflichtet sich, den Apothekenleiter und das Vergabepersonal ein- *) Nicht Zutreffendes bitte streichen
zuweisen (§ 5 Abs. 6 BtMVV). Die Einweisung beinhaltet beispielhaft Hand- 15) Meinungsverschiedenheiten bei der Durchführung dieser Vereinbarung sollen
lungsanweisungen für die Vergabe des Substitutionsmittels sowie für die Ver- einvernehmlich zwischen Arzt und Apothekenleiter geregelt werden.
weigerung der Vergabe, z.B. bei alkoholisierten Patienten bzw. bei Verdacht
16) Die Vereinbarung endet, wenn
auf übermäßigen Beikonsum, des Weiteren Handlungsanweisungen für mögli-
che Notfallsituationen. Die Einweisung ist Bestandteil dieses Vertrages und soll • die Therapie abgebrochen wird (in diesem Fall ist die Apotheke unverzüglich
in schriftlicher Form erstellt werden. Sie ist vom Arzt und den mit der Vergabe zu benachrichtigen)
Beauftragten zu unterschreiben. • der Patient in eine stationäre Therapie zur Wiederherstellung der Betäu-
4) Der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient liegt dem Apotheker in bungsmittelabstinenz überwiesen wird.
Kopie vor. Über wesentliche Änderungen der darin zwischen Arzt und Patient 17) Eine Kündigung dieser Vereinbarung muss schriftlich erfolgen. Die Kündi-
festgesetzten Modalitäten werden der Apothekenleiter und das Vergabeperso- gungsfrist beträgt beiderseits 2 Wochen. Nach Beendigung des Vertrags-
nal unverzüglich vom Arzt unterrichtet. verhältnisses sind alle gegenseitigen Ansprüche innerhalb einer Frist von
5) Eine Erklärung des Patienten, die den Arzt, den Apothekenleiter und das mit 3 Monaten schriftlich geltend zu machen. Bei Nichteinhaltung der Frist sind die
der Vergabe beauftragte Apothekenpersonal von der Schweigepflicht entbindet Ansprüche verfallen.
und zum Austausch substitutionsrelevanter Informationen berechtigt, liegt vor.
6) Der Apothekenleiter verpflichtet sich, zur Qualitätssicherung an speziellen
Fortbildungsveranstaltungen der Bayerischen Landesapothekerkammer teilzu- Arzt ____________________________________________________
nehmen und das mit der Vergabe beauftragte Apothekenpersonal zur Teilnah- Ort Datum Unterschrift
me anzuhalten.
7) Die Unterzeichner bestätigen das Vorhandensein ausreichender Haftpflichtver-
sicherungen für sich und ihr Personal, die auch die Vergabe des Substitutions- Apothekenleiter ____________________________________________________
mittels umfassen. Ort Datum Unterschrift
8) Dem Patienten ist nicht mehr als die Tagesdosis durch den Apothekenleiter
bzw. sein Personal zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen.
9) Im Falle des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patien-
ten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die
für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteil-
ten Einzeldosen ausgehändigt und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme
gestattet werden, wenn dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestim-
mungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels durch den Patienten vor-
liegen.
10) Der Apothekenleiter meldet dem Arzt das Nichterscheinen bzw. Verhaltenswei-
sen des Patienten, die eine ordnungsgemäße Durchführung der Substitutions-
behandlung gefährden.
11) Der Apothekenleiter übernimmt die personenbezogene Nachweisführung nach
§ 13 Abs. 1 Satz 4 BtMVV. Diese Dokumentation wird dem Arzt wöchentlich zur
Verfügung gestellt.
IV Serviceteil 105 106 6 Muster einer patientenbezogenen Vergabe-Dokumentation

Anlage 1 Muster einer patientenbezogenen Vergabe-


zu Ziffer 2 der Vereinbarung zum unmittelbaren Überlassen von Drogen-
Substitutionsmittel in der Apotheke gemäß § 5 Abs. 5 und 6 BtMVV vom Dokumentation (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BtMVV)
____________________ (Formularvorlage der Bayerischen Landesapothekerkammer)
Datum
Name und Anschrift des Patienten: _______________________________
Name und Anschrift des Arztes: _______________________________
Folgendes pharmazeutische Personal führt die Vergabe von Substitutionsmittel in Substitutionsmittel (Wirkstoff): _______________________________
der ______________________ -Apotheke durch:
Monat/Jahr Uhrzeit Überlassene Menge des Unterschrift Unterschrift
1.) ____/ ____ Substitutionsmittels in ml Vergabepersonal Patient
Tag Konz: (%) / (mg/ml)*
Name: ______________________________
01
Anschrift: ______________________________ _____________________ 02
Datum Unterschrift 03
2.) 04
05
Name: ______________________________ 06
Anschrift: ______________________________ _____________________ 07
Datum Unterschrift 08
09
3.) 10
Name: ______________________________ 11
Anschrift: ______________________________ _____________________ 12
Datum Unterschrift 13
14
4.) 15
Name: ______________________________
16
Anschrift: ______________________________ _____________________ 17
Datum Unterschrift 18
19
5.)
20
Name: ______________________________
21
Anschrift: ______________________________ _____________________ 22
Datum Unterschrift 23
24
25
26
27
28
29
30
31

* Nicht Zutreffendes streichen


IV Serviceteil 107 108 8 Auszüge aus der BtMVV

Orientierungsschema Auszüge aus der Betäubungsmittel-


zur Beurteilung des klinischen Verlaufs verschreibungsverordnung (BtMVV) (§ 2 und § 5)
Beobachtungen im letzten Monat Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl.
I S. 74, 80), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Juli 2009
0 1 2 3
(BGBl. I S. 1801) geändert worden ist
nicht gering mittel sehr
(Quelle: www.gesetze-im-internet.de/btmvv_1998/BJNR008000998.html)
vorhanden stark
§ 2 Verschreiben durch einen Arzt
Somatische Komplikationen
(1) Für einen Patienten darf der Arzt innerhalb von 30 Tagen verschreiben:
(Begleiterkrankungen) a) bis zu zwei der folgenden Betäubungsmittel unter Einhaltung der nachstehend
Psychische Auffälligkeiten festgesetzten Höchstmengen:
(z.B. Angst, Depression, Wahn) [aufgelistet sind hier nur die Substitutionsmittel]
2. Buprenorphin 800 mg,
Schulden
3. Codein als Substitutionsmittel 40.000 mg,
Justizielle Belastung 4. Dihydrocodein als Substitutionsmittel 40.000 mg,
Delinquenz 11. Levomethadon 1.500 mg,
12. Methadon 3.000 mg,
0 1 2 3 […]
sehr gut schlecht sehr
(2) In begründeten Einzelfällen und unter Wahrung der erforderlichen Sicherheit des
gut schlecht Betäubungsmittelverkehrs darf der Arzt für einen Patienten, der in seiner
Kooperation in der Substitution Dauerbehandlung steht, von den Vorschriften des Absatzes 1 hinsichtlich
(z.B. regelmäßiges Erscheinen) 1. der Zahl der verschriebenen Betäubungsmittel und
2. der festgesetzten Höchstmengen abweichen.
Allgemeines Erscheinungsbild Eine solche Verschreibung ist mit dem Buchstaben "A" zu kennzeichnen.
(z.B. Hygiene, ….
Ernährungszustand) § 5 Verschreiben zur Substitution
Beziehung zur Familie (1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines ärztlich
verschriebenen Betäubungsmittels bei einem opiatabhängigen Patienten
Partnersituation (Substitutionsmittel) zur
Ausbildungs-/Arbeitssituation 1. Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Wieder-
herstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und
Wohnsituation
Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
Freizeitgestaltung 2. Unterstützung der Behandlung einer neben der Opiatabhängigkeit bestehen-
0 1 2 3 den schweren Erkrankung oder
3. Verringerung der Risiken einer Opiatabhängigkeit während einer Schwanger-
nicht selten häufig sehr
schaft und nach der Geburt.
vorhanden häufig (2) Für einen Patienten darf der Arzt ein Substitutionsmittel unter den Voraus-
Beigebrauch setzungen des § 13 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn und
• Benzodiazepine solange
1. der Substitution keine medizinisch allgemein anerkannten Ausschlussgründe
• Alkohol entgegenstehen,
• Heroin 2. die Behandlung erforderliche psychiatrische, psychotherapeutische oder
psychosoziale Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen einbezieht,
• Amphetamine / Kokain 3. der Arzt die Meldeverpflichtungen nach § 5a Abs. 2 erfüllt hat,
• Sonstige 4. die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes keine Erkenntnisse ergeben
haben, dass der Patient
Hinweise auf Notfallintervention
a) von einem anderen Arzt verschriebene Substitutionsmittel erhält,
in der Folge von Überdosierung b) nach Nummer 2 erforderliche Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen
Summe (Max = 54) dauerhaft nicht in Anspruch nimmt,
IV Serviceteil 109 110 8 Auszüge aus der BtMVV

c) Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art und Menge den Zweck der onsmittels ist neben den Vorschriften dieser Verordnung der allgemein anerkannte
Substitution gefährdet oder Stand der medizinischen Wissenschaft maßgebend. Für die Verschreibung von
d) das ihm verschriebene Substitutionsmittel nicht bestimmungsgemäß Diamorphin nach Satz 2 Nummer 3 gelten die Absätze 6 bis 8 nicht.
verwendet, (5) Der Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen Patienten verschreibt, darf die
5. der Patient im erforderlichen Umfang, in der Regel wöchentlich, den Verschreibung außer in den in Absatz 8 genannten Fällen nicht dem Patienten
behandelnden Arzt konsultiert und aushändigen. Die Verschreibung darf nur von ihm selbst, seinem ärztlichen
6. der Arzt Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation Vertreter oder durch das in Absatz 6 Satz 1 bezeichnete Personal der Apotheke
erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der vorgelegt werden. Der Arzt, der Diamorphin verschreibt, darf die Verschreibung nur
medizinischen Wissenschaft festgelegt werden. einem pharmazeutischen Unternehmer vorlegen.
Für die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach den Nummern 1, 2 und 4
Buchstabe c ist der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft (6) Das Substitutionsmittel ist dem Patienten vom behandelnden Arzt, seinem
maßgebend. ärztlichen Vertreter in der Praxis oder von dem von ihm angewiesenen oder
beauftragten und kontrollierten medizinischen, pharmazeutischen oder in staatlich
(3) Ein Arzt, der die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 6 nicht erfüllt, darf anerkannten Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe tätigen und dafür ausgebildeten
für höchstens drei Patienten gleichzeitig ein Substitutionsmittel verschreiben, wenn Personal zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen. Der behandelnde Arzt hat
1. die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 für die Dauer der sicherzustellen, dass das Personal nach Satz 1 fachgerecht in das Überlassen
Behandlung erfüllt sind, eines Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch eingewiesen wird. Im Falle
2. dieser zu Beginn der Behandlung diese mit einem Arzt, der die des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der
Mindestanforderungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 erfüllt (Konsiliarius), Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag
abstimmt und zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen
3. sichergestellt hat, dass sein Patient zu Beginn der Behandlung und ausgehändigt und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden,
mindestens einmal im Quartal dem Konsiliarius vorgestellt wird. wenn dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße
Wird der Arzt nach Satz 1 durch einen Arzt vertreten, der die Voraussetzungen nach Verwendung des Substitutionsmittels durch den Patienten vorliegen.
Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 ebenfalls nicht erfüllt, so gelten Satz 1 Nummer 1 und 2
für den Vertreter entsprechend. (7) Das Substitutionsmittel ist dem Patienten in der Praxis eines Arztes, in einem
Ein substituierender Arzt gemäß Absatz 2 soll grundsätzlich von einem anderen Krankenhaus oder in einer Apotheke oder in einer hierfür von der zuständigen
Arzt, der die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 erfüllt, vertreten Landesbehörde anerkannten anderen geeigneten Einrichtung oder, im Falle einer
werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 3 zu ärztlich bescheinigten Pflegebedürftigkeit, bei einem Hausbesuch zum
bestellen, so kann er von einem Arzt, der die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz unmittelbaren Verbrauch zu überlassen. Der Arzt darf die benötigten
1 Nummer 6 nicht erfüllt, für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen und längstens Substitutionsmittel in einer der in Satz 1 genannten Einrichtungen unter seiner
insgesamt 12 Wochen im Jahr vertreten werden. Verantwortung lagern; die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten
Der vertretende Arzt gemäß Satz 4 stimmt die Substitutionsbehandlung vor Verfügungsberechtigten bleibt unberührt. Für den Nachweis über den Verbleib und
Vertretungsbeginn mit dem vertretenen Arzt ab. Wird während der Vertretung eine Bestand gelten die §§ 13 und 14 entsprechend.
unvorhergesehene Änderung der Substitutionstherapie erforderlich, stimmt sich der (8) Der Arzt oder sein ärztlicher Vertreter in der Praxis darf abweichend von den
Vertreter gemäß Satz 4 erneut mit dem vertretenen Arzt ab. Ist eine rechtzeitige Absätzen 5 bis 7 dem Patienten, dem ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 zum
Abstimmung nicht möglich, bezieht der vertretende Arzt gemäß Satz 4 einen unmittelbaren Verbrauch überlassen wird, in Fällen, in denen die Kontinuität der
anderen Arzt, der die Voraussetzungen gemäß Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 erfüllt, Substitutionsbehandlung nicht anderweitig gewährleistet werden kann, ein
konsiliarisch ein. Substitutionsmittel in der bis zu zwei Tagen benötigten Menge verschreiben und ihm
Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. dessen eigenverantwortliche Einnahme gestatten, sobald der Verlauf der
Über die vorstehend genannte Zusammenarbeit zwischen dem behandelnden Arzt Behandlung dies zulässt, Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie
und dem Konsiliarius sowie dem vertretenen und dem vertretenden Arzt gemäß den möglich ausgeschlossen sind sowie die Sicherheit und Kontrolle des
Sätzen 2 und 4 ist der Dokumentation nach Absatz 10 der diesbezügliche Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Innerhalb einer Woche darf
Schriftwechsel beizufügen. der Arzt dem Patienten nicht mehr als eine Verschreibung nach Satz 1
aushändigen. Diese Verschreibung ist, unbeschadet des Absatzes 4 Satz 1, von
(4) Die Verschreibung über ein Substitutionsmittel ist mit dem Buchstaben „S" zu dem Arzt zusätzlich mit dem Buchstaben „Z“ zu kennzeichnen.
kennzeichnen. Als Substitutionsmittel darf der Arzt nur Sobald und solange sich der Zustand des Patienten stabilisiert hat und eine
1. Zubereitungen von Levomethadon, Methadon und Buprenorphin, Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nicht mehr
2. in begründeten Ausnahmefällen Codein oder Dihydrocodein, erforderlich ist, darf der Arzt dem Patienten eine Verschreibung über die für bis zu
3. Diamorphin als zur Substitution zugelassenes Arzneimittel oder sieben Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels aushändigen und ihm
4. ein anderes zur Substitution zugelassenes Arzneimittel dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben. Die Aushändigung einer
verschreiben. Die in Satz 2 Nummer 1, 2 und 4 genannten Substitutionsmittel dürfen Verschreibung nach Satz 4 ist insbesondere dann nicht zulässig, wenn die
nicht zur parenteralen Anwendung bestimmt sein. Für die Auswahl des Substituti- Untersuchungen und Erhebungen des Arztes Erkenntnisse ergeben haben, dass
IV Serviceteil 111 112 8 Auszüge aus der BtMVV

der Patient 2. bei dem Patienten eine seit mindestens fünf Jahren bestehende Opiatab-
1. Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der Einnahme des hängigkeit, verbunden mit schwerwiegenden somatischen und psychi-
Substitutionsmittels gefährden, schen Störungen bei derzeit überwiegend intravenösem Konsum vorliegt,
2. unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile 3. ein Nachweis über zwei erfolglos beendete Behandlungen der Opiatab-
Dosis eingestellt worden ist oder hängigkeit, davon eine mindestens sechsmonatige Behandlung gemäß
3. Stoffe missbräuchlich konsumiert. den Absätzen 2, 6 und 7 einschließlich psychosozialer Betreuungsmaß-
Für die Bewertung des Verlaufes der Behandlung durch den substituierenden Arzt nahmen, vorliegt und
ist im Übrigen der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft 4. der Patient das 23. Lebensjahr vollendet hat.
maßgebend. Im Falle eines Auslandsaufenthaltes des Patienten, dem bereits
Substitutionsmittel nach Satz 4 verschrieben werden, kann der Arzt unter (9b) Die Behandlung mit Diamorphin darf nur in Einrichtungen durchgeführt werden,
Berücksichtigung aller in diesem Absatz genannten Voraussetzungen zur denen eine Erlaubnis durch die zuständige Landesbehörde erteilt wurde. Die Er-
Sicherstellung der Versorgung diesem Verschreibungen über eine Menge des laubnis wird erteilt, wenn
Substitutionsmittels für einen längeren als in Satz 4 genannten Zeitraum 1. nachgewiesen wird, dass die Einrichtung in das örtliche Suchthilfesystem
aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben. Diese eingebunden ist,
Verschreibungen dürfen in einem Jahr insgesamt die für bis zu 30 Tage benötigte 2. gewährleistet ist, dass die Einrichtung über eine zweckdienliche personelle
Menge des Substitutionsmittels nicht überschreiten. Sie sind der zuständigen und sachliche Ausstattung verfügt,
Landesbehörde unverzüglich anzuzeigen. Jede Verschreibung nach den Sätzen 1, 3. eine sachkundige Person, die für die Einhaltung der in Nummer 2 genann-
4 oder 8 ist dem Patienten im Rahmen einer persönlichen ärztlichen Konsultation ten Anforderungen, der Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der Anord-
auszuhändigen. nungen der Überwachungsbehörde verantwortlich ist (Verantwortlicher),
benannt worden ist.
(9) Patienten, die die Praxis des behandelnden Arztes zeitweilig oder auf Dauer (9c) Diamorphin darf nur innerhalb der Einrichtung nach Absatz 9b verschrieben,
wechseln, hat der behandelnde Arzt vor der Fortsetzung der Substitution auf einem verabreicht und zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden. Diamorphin darf
Betäubungsmittelrezept eine Substitutionsbescheinigung auszustellen. Auf der nur unter Aufsicht des Arztes oder des sachkundigen Personals innerhalb dieser
Substitutionsbescheinigung sind anzugeben: Einrichtung verbraucht werden. In den ersten sechs Monaten der Behandlung müs-
1. Name, Vorname und Anschrift des Patienten, für den die Substitutions- sen Maßnahmen der psychosozialen Betreuung stattfinden.
bescheinigung bestimmt ist, (9d) Die Behandlung mit Diamorphin ist nach jeweils spätestens zwei Jahren Be-
2. Ausstellungsdatum, handlungsdauer daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Behand-
3. das verschriebene Substitutionsmittel und die Tagesdosis, lung noch gegeben sind und ob die Behandlung fortzusetzen ist. Die Überprüfung
4. Beginn des Verschreibens und der Abgabe nach den Absätzen 1 bis 7 und erfolgt durch Einholung einer Zweitmeinung durch einen Arzt, der die Qualifikation
gegebenenfalls Beginn des Verschreibens nach Absatz 8, gemäß Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 besitzt und der nicht der Einrichtung angehört.
5. Gültigkeit: von/bis, Ergibt diese Überprüfung, dass die Voraussetzungen für die Behandlung nicht mehr
6. Name des ausstellenden Arztes, seine Berufsbezeichnung und Anschrift gegeben sind, ist die diamorphingestützte Behandlung zu beenden.
einschließlich Telefonnummer,
7. Unterschrift des ausstellenden Arztes. (10) Der Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den vorstehenden
Die Substitutionsbescheinigung ist mit dem Vermerk "Nur zur Vorlage beim Arzt" zu Absätzen sowie nach § 5a Abs. 2 und 4 im erforderlichen Umfang und nach dem
kennzeichnen. Teil I der Substitutionsbescheinigung erhält der Patient, Teil II und III allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu dokumentieren.
verbleibt bei dem ausstellenden Arzt. Nach Vorlage des Teils I der Substitutionsbe- Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht
scheinigung durch den Patienten und Überprüfung der Angaben zur Person durch und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.
Vergleich mit dem Personalausweis oder Reisepass des Patienten kann ein anderer (11) Die Bundesärztekammer kann in Richtlinien den allgemein anerkannten Stand
Arzt das Verschreiben des Substitutionsmittels fortsetzen; erfolgt dies nur zeitweilig, der medizinischen Wissenschaft für
hat der andere Arzt den behandelnden Arzt unverzüglich nach Abschluss seines 1. die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, 2
Verschreibens schriftlich über die durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten. und 4 Buchstabe c,
2. die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 4 Satz 4 und
(9a) Zur Behandlung einer schweren Opiatabhängigkeit kann das Substitutionsmittel 3. die Bewertung des bisherigen Erfolges der Behandlung nach Absatz 8 Satz 1
Diamorphin zur parenteralen Anwendung verschrieben werden. Der Arzt darf Dia- und 4
morphin nur verschreiben, wenn feststellen sowie Richtlinien zur Dokumentation nach Absatz 10 erlassen. Die
1. er selbst eine suchttherapeutische Qualifikation im Sinne des Absatz 2 Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft
Satz 1 Nummer 6 erworben hat, die sich auf die Behandlung mit Diamor- wird vermutet, wenn und soweit die Richtlinien der Bundesärztekammer nach den
phin erstreckt, oder er im Rahmen des Modellprojektes „Heroingestützte Nummern 1 bis 3 beachtet worden sind.
Behandlung Opiatabhängiger" mindestens sechs Monate ärztlich tätig war,
(12) Die Absätze 2 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das
Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxisbedarfs oder Stationsbedarfs zum
unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 6 Satz 3 ausgehändigt wird.
IV Serviceteil 113 114 8 Auszüge aus der BtMVV

§ 5a Substitutionsregister Patienten zuzuordnen ist. Wenn dies zutrifft, haben sie sich darüber abzustimmen,
(1) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bundesinstitut) führt für wer künftig für den Patienten Substitutionsmittel verschreibt, und über das Ergebnis
die Länder als vom Bund entliehenes Organ ein Register mit Daten über das das Bundesinstitut unter Angabe des Patientencodes zu unterrichten. Wenn dies
Verschreiben von Substitutionsmitteln (Substitutionsregister). Die Daten des nicht zutrifft, haben die Ärzte darüber ebenfalls das Bundesinstitut unter Angabe des
Substitutionsregisters dürfen nur verwendet werden, um Patientencodes zu unterrichten. Das Substitutionsregister ist unverzüglich
1. das Verschreiben eines Substitutionsmittels durch mehrere Ärzte für entsprechend zu bereinigen. Erforderlichenfalls unterrichtet das Bundesinstitut die
denselben Patienten und denselben Zeitraum frühestmöglich zu verhindern, zuständigen Überwachungsbehörden der beteiligten Ärzte, um das Verschreiben
2. die Erfüllung der Mindestanforderungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 und der von Substitutionsmitteln von mehreren Ärzten für einen Patienten zu unterbinden.
Anforderungen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 zu überprüfen sowie (5) Die Ärztekammern haben dem Bundesinstitut zum 31. März und 30. September
3. das Verschreiben von Substitutionsmitteln entsprechend den Vorgaben nach die Namen und Adressen der Ärzte zu melden, die die Mindestanforderungen nach
§ 13 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe e des Betäubungsmittelgesetzes statistisch § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 erfüllen. Das Bundesinstitut unterrichtet unverzüglich die
auszuwerten. zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über Name und Adresse
Das Bundesinstitut trifft organisatorische Festlegungen zur Führung des 1. der Ärzte, die ein Substitutionsmittel nach § 5 Abs. 2 verschrieben haben und
Substitutionsregisters. 2. der nach Absatz 2 Nr. 6 gemeldeten Konsiliarien,
(2) Jeder Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen Patienten verschreibt, hat dem wenn diese die Mindestanforderungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 nicht erfüllen.
Bundesinstitut unverzüglich schriftlich oder kryptiert auf elektronischem Wege (6) Das Bundesinstitut teilt den zuständigen Überwachungsbehörden zum 30. Juni
folgende Angaben zu melden: und 31. Dezember folgende Angaben mit:
1. den Patientencode, 1. Namen und Adressen der Ärzte, die nach § 5 Abs. 2 Substitutionsmittel
2. das Datum der ersten Verschreibung, verschrieben haben,
3. das verschriebene Substitutionsmittel, 2. Namen und Adressen der Ärzte, die nach § 5 Abs. 3 Substitutionsmittel
4. das Datum der letzten Verschreibung, verschrieben haben,
5. Name und Adresse des verschreibenden Arztes sowie 3. Namen und Adressen der Ärzte, die die Mindestanforderungen nach § 5 Abs.
6. im Falle des Verschreibens nach § 5 Abs. 3 Name und Anschrift des 2 Satz 1 Nr. 6 erfüllen,
Konsiliarius. 4. Namen und Adressen der Ärzte, die nach Absatz 2 Nr. 6 als Konsiliarius
Der Patientencode setzt sich wie folgt zusammen: gemeldet worden sind, sowie
a) erste und zweite Stelle: erster und zweiter Buchstabe des ersten Vornamens, 5. Anzahl der Patienten, für die ein unter Nummer 1 oder 2 genannter Arzt ein
b) dritte und vierte Stelle: erster und zweiter Buchstabe des Familiennamens, Substitutionsmittel verschrieben hat.
Die zuständigen Überwachungsbehörden können auch jederzeit im Einzelfall vom
c) fünfte Stelle: Geschlecht ("F" für weiblich, "M" für männlich),
Bundesinstitut entsprechende Auskunft verlangen.
d) sechste bis achte jeweils letzte Ziffer von Geburtstag, -monat und -jahr. und
Stelle: -jahr. (7) Das Bundesinstitut teilt den obersten Landesgesundheitsbehörden für das
Es ist unzulässig, dem Bundesinstitut Patientendaten uncodiert zu melden. Der Arzt jeweilige Land zum 31. Dezember folgende Angaben mit:
hat die Angaben zur Person durch Vergleich mit dem Personalausweis oder 1. die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde,
Reisepass des Patienten zu überprüfen. 2. die Anzahl der Ärzte, die nach § 5 Abs. 2 Substitutionsmittel verschrieben
(3) Das Bundesinstitut verschlüsselt unverzüglich den Patientencode nach Absatz 2 haben,
Satz 1 Nr. 1 nach einem vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 3. die Anzahl der Ärzte, die nach § 5 Abs. 3 Substitutionsmittel verschrieben
vorgegebenen Verfahren in ein Kryptogramm in der Weise, dass er daraus nicht haben,
oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand zurückgewonnen werden 4. die Anzahl der Ärzte, die die Mindestanforderungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr.
kann. Das Kryptogramm ist zusammen mit den Angaben nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 6 erfüllen,
bis 6 zu speichern und spätestens sechs Monate nach Bekanntwerden der 5. die Anzahl der Ärzte, die nach Absatz 2 Nr. 6 als Konsiliarius gemeldet
Beendigung des Verschreibens zu löschen. Die gespeicherten Daten und das worden sind, sowie
Verschlüsselungsverfahren nach Satz 1 sind durch geeignete 6. Art und Anteil der verschriebenen Substitutionsmittel.
Sicherheitsmaßnahmen gegen unbefugte Kenntnisnahme und Verwendung zu Auf Verlangen erhalten die obersten Landesgesundheitsbehörden die unter
schützen. Nummer 1 bis 6 aufgeführten Angaben auch aufgeschlüsselt nach Überwachungs-
bereichen.
(4) Das Bundesinstitut vergleicht jedes neu gespeicherte Kryptogramm mit den
bereits vorhandenen. Ergibt sich keine Übereinstimmung, ist der Patientencode
unverzüglich zu löschen. Liegen Übereinstimmungen vor, teilt dies das
Bundesinstitut jedem beteiligten Arzt unter Angabe des Patientencodes, des
Datums der ersten Verschreibung und der Adressen der anderen beteiligten Ärzte
unverzüglich mit. Die Ärzte haben zu erklären, ob der Patientencode demselben
IV Serviceteil 115 116 9 Meldeformular Substitutionsregister
IV Serviceteil 117 118 10 BtM-Rezeptbeispiele

Muster für Betäubungsmittelrezepte 3.1 BtM-Rezept für Take-home-Verordnung


Verordnung
Die verwendeten Nummern sind auf der übernächsten Seite erläutert
1. BtM-Rezept für tägliche Verabreichung unter Sicht

1
2

2 3
4 8
5
3
4 8 7 9
6 11
5
9
6

Anmerkung: Wenn in mg verordnet wird, sollte bei Methadon-


Methadon und Polamidonlösungen auch
noch die Menge in ml angegeben werden, da sich diese Verordnungsweise in vielen Regionen
eingebürgert hat. Aus Sicherheitsgründen sollten bei diesen Verordnungen grundsätzlich „mit
Hinweis: Bei Substitution unter Sichtkontrolle zu Lasten der GKV muss das Rezept auf den
Patienten ausgestellt sein. Dieses Rezept kann für den Sichtbezug in der Praxis oder in der viskositätserhöhendem Zusatz“ und „eingefärbt“ verordnet werden. Dies ist bei Rezepturen
Apotheke so ausgestellt werden. Rezeptur nach NRF 29.1 muss nicht sein, da das BtM
B nicht nach dem NRF sowieso gegeben.
dem Patienten mitgegeben, sondern unter Sicht konsumiert wird.
3.2
2. BtM-Rezept für den Praxisbedarf (tgl. Verabreichung unter Sicht;
Selbstzahler)

1
2

2
3
4 8
3 5
8 9
10
6
6 9

Anmerkung: Hier
ier ist an den anderen Tagen die Einnahme beim Arzt geplant; diese
Verordnungsweise wird nur gewählt, um dem Patienten die mehrmalige Rezeptgebühr bei
Hinweis: Bei Praxen mit Selbstzahlern ist es auch möglich, die Substitutionsmittel für die Ver- Einzelverordnung zu sparen. – Cave: 7-Tagesfrist
Tagesfrist beachten
abreichung unter Sicht als privaten Sprechstundenbedarf zu verordnen. Es dürfen bis zu drei
BtM für den Bedarf für zwei Wochen auf einem Rezept verordnet werden. Nachweisführung
des Verbrauchs muss patientenbezogen erfolgen..
IV Serviceteil 119 120 10 BtM-Rezeptbeispiele

3.3 3.5

1 1

2 2

3 3 4
4 8
8 5
5
11 9 11 9
6
6

Anmerkung: Hier muss der Apotheker aus zwei verschiedenen Packungen jeweils zwei
Tabletten auseinzelnen. Diese Verschreibung gilt auch sinngemäß für andere
3.4 Substitutionsmittel in Tablettenform.

4. Substitutionsbescheinigung

1
2

3 2
4 8

11 13 8
9
12
6
14 9

15
IV Serviceteil 121 122 11 Bescheinigung über das Mitführen von Betäubungsmitteln

Text für die Ziffern der BtM-Rezepte


Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln
(1) Name, Vorname und Anschrift des Patienten, für den das BtM im Rahmen einer ärztlichen Behandlung
bestimmt ist Artikel 75 des Schengener Durchführungsabkommens
(2) Ausstellungsdatum
A Verschreibender Arzt:
(3) Arzneimittelbezeichnung (z. B. „Methadonhydrochloridlösung 1% NRF
29.1“) ______________________ _____________________ ________________ (1)
(4) Gesamtmenge des verschriebenen Arzneimittels in Milliliter, Gramm (Name) (Vorname) (Telefon)
oder Milligramm, Stückzahl der abgeteilten Form
_______________________________________________________________________ (2)
(5) Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe oder im Falle, dass (Anschrift)
dem Patienten eine schriftliche Gebrauchsanweisung übergeben
wurde, der Vermerk „gemäß schriftlicher Anweisung“ ______________________ ________________ _____________________ (3)
(6) Der Buchstabe „S“ zur Kennzeichnung als Substitutionsmittel und (Stempel des Arztes) (Datum) (Unterschrift des Arztes)
zusätzlich der Buchstabe „Z“ im Falle einer Verordnung nach § 5, Abs. B Patient:
8, Satz 1-3 BtMVV
______________________________ (4) _____________________________________ (5)
(7) In begründeten Ausnahmefällen können Zeitraum der Verschreibung, (Name) (Vorname) (Nr. des Passes od. anderen Ausweisdokumentes)
Zahl der verschriebenen Betäubungsmittel und festgesetzte ______________________________ (6) _________________________________ (7)
Höchstmenge überschritten werden, das BtM-Rezept ist dann mit „A“ (Geburtsort) (Geburtsdatum)
zu kennzeichnen. ______________________________ (8) _________________________________ (9)
(Staatsangehörigkeit) (Geschlecht)
(8) Name des verschreibenden Arztes, Berufsbezeichnung und Anschrift
einschließlich Telefonnummer __________________________________ _____________________________________ (10)
(9) Unterschrift des verschreibenden Arztes, im Vertretungsfall zusätzlich (Wohnanschrift)
der Vermerk i.V. _________________________ (11) __________ ______________________________ (12)
(10) Bei Anforderung für den Praxisbedarf der Vermerk „Praxisbedarf“ (Dauer der Reise in Tagen) (Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von/bis – max. 30 Tage)
anstelle der Patientenangaben und der Gebrauchsanweisung C Verschriebenes Arzneimittel:
Bei einer Take-home-Regelung _______________________________ (13) _____________________________ (14)
Handelsbezeichnung oder Sonderzubereitung (Darreichungsform)
(11) Bei Take-home-Rezeptierung zusätzlich die Reichdauer des _______________________________ (15) _____________________________ (16)
Substitutionsmittels in Tagen (Angabe des Datums: von … bis …) (Internationale Bezeichnung des Wirkstoffs) (Wirkstoff-Konzentration)
_______________________________ (17) _____________________________ (18)
Bei einer Substitutionsbescheinigung (Gebrauchsanweisung) (Gesamtwirkstoffmenge)

(12) Das verschriebene Substitutionsmittel und die Tagesdosis ______________________________________________________________________ (19)


(Reichdauer der Verschreibung in Tagen – max. 30 Tage)
(13) Beginn des Verschreibens und der Verordnung nach den Ziffern 3 bis
6 und gegebenenfalls Beginn des Verschreibens nach Ziffer 7 ______________________________________________________________________ (20)
(14) Gültigkeit: von / bis (Anmerkungen)
(15) Vermerk „nur zur Vorlage beim Arzt“
D Für die Beglaubigung zuständige Behörde:
_____________________________________________________________________ (21)

____________________________________ ___________________________ (22)

____________________ ____________ __________________________ (23)


(Stempel der Behörde) (Datum) (Unterschrift der Behörde)
IV Serviceteil 123

Literaturempfehlungen
Diese Liste umfasst lediglich eine kleine Auswahl empfehlenswerter Literatur zum
Thema Sucht.
Einführende Werke
• Backmund M. (1999):Sucht-Therapie. Loseblattwerk, Stand 13. Aktualisierung 2008.
Landsberg: Ecomed.
• Fuchtmann E. (Hrsg.). (1994): Ambulante Suchttherapie. Freiburg: Lambertus.
• Gastpar M., Heinz W., Poehlke Th., Raschke P. (Hrsg.) (1998): Substitutionstherapie bei
Drogenabhängigkeit. Berlin: Springer.
• Gastpar M., Mann K., Rommelspacher H. (Hrsg.) (1999): Lehrbuch der Suchterkrankungen.
Stuttgart: Thieme.
• Gerlach R., Stöver H. (2005): Vom Tabu zur Normalität. 20 Jahre Substitution in
Deutschland. Zwischenbilanz und Aufgaben für die Zukunft.Freiburg: Lambertus.
• Nowak M., Schifman R., Brinkmann, R. (1996): Drogensucht. Entstehungsbedingungen und
therapeutische Praxis. Stuttgart: Schattauer.
• Seidenberg A., Honegger U., (Hrsg.) (1998): Methadon, Heroin und andere Opiate. Bern:
Huber.
• Tretter F. (2000): Suchtmedizin - Der suchtkranke Patient in Klinik und Praxis, Stuttgart:
Schattauer.
Epidemiologie Der Leitfaden wurde von in der Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger
• DHS (Hrsg.) (2009): Jahrbuch Sucht 09. Geesthacht: Neuland. erfahrenen Spezialisten komplett überarbeitet und aktualisiert. Damit dient
• Bundesministerium für Gesundheit (2009): Drogen- und Suchtbericht 2009
er im Praxisalltag sowohl als knappes Nachschlagewerk als auch als
Pharmakologie
Handreichung für Neueinsteiger in die Abläufe der substitutionsgestützten
• Julien R. M. (1997): Drogen und Psychopharmaka. Heidelberg: Spektrum.
Behandlung.
Prävention & Behandlung
• Backmund M. (2008): Heroinabhängigkeit – Hepatitis C – HIV. Bedeutung in der Das Buch beinhaltet im Einzelnen:
Substitution. Landsberg: Ecomed.
• Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS), Bundeszentrale für gesundheitliche
• Grundlagen der medizinischen Behandlung Opiatabhängiger unter
Aufklärung (BZgA): Amphetamine – Die Sucht und ihre Stoffe. Köln: BZgA. Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage
• Fuchs R., Rainer L., Rummel M. (Hrsg.) (1998): Betriebliche Suchtprävention. Göttingen:
Hogrefe. • Systematische Anleitungen zur Einleitung und Durchführung einer
• Gastpar M., Heinz W., Poehlke Th., Raschke P. (2005): Glossar: Substitutionstherapie bei substitutionsgestützten Behandlung
Drogenabhängigkeit. 2. Auflage, korr. Nachdruck Berlin: Springer.
• Harten R., (Hrsg.) (1994): Normal + Süchtig. Geesthacht: Neuland. • Praktische Hilfen zur Organisation des Behandlungsablaufes in der
• Körkel J. (Hrsg) (2008): Praxis der Rückfallbehandlung. Lüdenscheid: Blaukreuz. ärtzlichen Praxis
• Tretter F. (Hrsg.) (2008): Suchtmedizin kompakt. Suchtkrankheiten in Klinik und Praxis.
Stuttgart: Schattauer. Der Serviceteil enthält kopierbare Bögen, die auch dem in der Substitution
• Uchtenhagen A., Zieglgänsberger W. (Hrsg.) (2000): Suchtmedizin – Konzepte, Strategien noch unerfahrenen Arzt Planung, Durchführung und Dokumentation einer
und therapeutisches Management. München: Urban & Fischer.
umfassenden Therapie in einfacher Form ermöglichen. Übersichtlich
Drogenpolitik/Drogenrecht/Führerschein/Gesundheitsökonomie
• Brieler P., Weber K. (2008): Führerscheinentzug. Frankfurt: Fachhochschulverlag.
gestaltete Schemata mit Angaben zu Substanzen, Dosierungen und
• Eberth A. (Hrsg.). (1996). Drogenrecht. Geesthacht: Neuland. diagnostischem Vorgehen sowie „Insider-Tipps“ bezüglich der Besonder-
• Fachverband Drogen und Rauschmittel (FDR). (Hrsg.). (1994): Sucht macht Angst. heiten im Umgang mit diesen Patienten machen dieses Buch zu einer
Geesthacht: Neuland.
• Scheerer S., Vogt I. (Hrsg.). (1989): Drogen und Drogenpolitik. Frankfurt: Campus.
wertvollen Hilfe besonders für die Ärzte, deren Hauptklientel nicht aus
• Tretter F., Erbas B., Sonntag G. (Hrsg.) (2004): Ökonomie der Sucht und Suchttherapie. drogenabhängigen Patienten besteht.
Lengerich: Pabst.

ISBN 978-3-9807296-4-2

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