Zentrale Prüfungen 2024 - Deutsch Erster Prüfungsteil: Leseverstehen
Zentrale Prüfungen 2024 - Deutsch Erster Prüfungsteil: Leseverstehen
1
CO2-Fußabdruck: Mengenmaß für Treibhausgas-Absonderungen, die erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben
2
Green Touring Network: eine Organisation, welche sich die Stärkung ökologischer Nachhaltigkeit in der Musikindustrie
zum Ziel gesetzt hat
Stand. Billie Eilish hat die NGOs3 persönlich eingeladen, sie zu begleiten. Das ist Segen und Bekenntnis.
30 „Viele Künstler wollen heute nicht nur ihre CO2-Bilanzen verbessern, sondern auch ihren Aktivismus
mit ihren Fans teilen“, sagt Lauren Sullivan, zweite Chefin von Reverb. Die Non-Profit-Agentur4 für
Nachhaltigkeit im Musikgeschäft gibt es seit 2004. „Unsere Arbeit ist oft nur ein Wassertropfen, aber
er zieht Kreise, von den Konzertbesuchern bis zu den Gemeinden vor Ort, in die sie die Ideen hinein-
tragen“, erzählt sie per Videokonferenz.
35 (5) Für die Billie-Eilish-Tour hat Reverb einen Nachhaltigkeits-Roadie5 eingeführt. Er kümmert sich
an jeder Station um Recycling- und Bewirtungsfragen, stellt sicher, dass die vertraglich zugesicherte
vegane Verpflegung fürs Publikum bereitsteht. Für manche Kunden recherchiert Reverb Ökobauern
entlang der Tourstrecke und vereinbart regionale Lieferungen in die Hallen. Die Mitarbeiter sortieren
Müll, sammeln sogar gerissene Gitarrensaiten ein, um sie zu verwerten oder zu spenden. Die wahr-
40 haft großen Räder müssen aber noch gedreht werden: Ökostrom in den Hallen, Biodiesel oder E-An-
trieb für die Zubehörtrucks sowie ein Ausgleich für die Anreise der Fans – solche Leistungen müsse
man noch aufbauen, sagt Lauren Sullivan. Ob manche Band sie bucht, um Umweltfreundlichkeit
vorzutäuschen? „Kann ich mir kaum vorstellen“, antwortet sie. „Dafür wird es viel zu nervig und
unbequem, wenn unsere Leute erst loslegen.“
45 (6) Viele Künstlerinnen und Künstler ergreifen Eigeninitiative. Coldplay, die sich 2019 selbst auf null
setzten, sind neu zurückgekehrt und fliegen mit Flugzeugen, die mit pflanzlichem Bio-Kraftstoff be-
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tankt sind. Die Rock-Band Radiohead boykottiert Konzerthallen mit schlechtem Anschluss an den
öffentlichen Nahverkehr und die Band The 1975 kündigt an, keine neuen T-Shirts zu produzieren.
Fans können zu den Auftritten gebrauchte Shirts mitbringen, die vor Ort bedruckt werden. Der An-
50 fang ist gemacht. Doch bis zur Klimaneutralität ist es noch ein weiter Weg. Allein die Musikfestivals
in Deutschland verbrauchen nach einer Schätzung des Aktionswerks Nachhaltigkeit zur Stromerzeu-
gung rund 400 Millionen Liter Diesel pro Saison. Entfernt von den Zentren gibt es keine Ökostrom-
steckdosen; die meisten der 80 000 Besucher des Hurricane Festival kommen mit dem Auto nach
Scheeßel6. Die Müllberge auf den Campingplätzen sehen entsprechend beeindruckend aus.
55 (7) Müll und Logistik7 lassen sich vielleicht lösen. Woher aber den Strom in der freien Natur nehmen?
Denn das Erlebnis der Natur gehört nun mal zur Festivalatmosphäre. Die Lösung könnte bald eine
bushäuschengroße mobile Brennstoffzelle mit dem Namen Every2where liefern, ein mit Wasserstoff
betriebenes, schadstofffrei arbeitendes Kraftwerk mit 100 Kilowatt Leistung, das man von der Wiese
zur Wüste und wieder zurückfahren kann. Die Technologie ist völlig neu, auch andernorts einsetzbar.
60 In den besten Fällen kann die Branche ein Antrieb für Erneuerung sein, eine Art Labor. Jacob Bilabel,
Leiter des Aktionsnetzwerks Nachhaltigkeit, vergleicht ein Musikfestival mit einer vorübergehend
aufgebauten Stadt. „Gelingt es uns, sie zukunftsfähig zu machen, was Energie, Mobilität, Vielfalt
und den Umgang mit Ressourcen betrifft, dann lernen wir daraus viel, was man in Barcelona, Passau,
New York oder Koblenz praktizieren kann.“
Quelle: Joachim Hentschel: Kann Pop das Klima retten? In: For Our Planet 1/2022, S. 17 – 19 (Text gekürzt und adaptiert)
3
NGO: Non-Governmental Organisation: gemeinnütziger, regierungsunabhängiger Interessenverband
4
Non-Profit-Agentur: Dienstleistungsunternehmen, das ideellen Zielen folgt und nicht gewinnorientiert arbeitet
5
Roadie: mitreisender Veranstaltungstechniker
6
Scheeßel: kleiner Ort zwischen Hamburg und Bremen
7
Logistik: hier: Veranstaltungsplanung und -organisation, u. a. Beschaffung und Bereitstellung von Waren oder Dienst-
leistungen
9. Erläutere den Zusammenhang zwischen dem Foto und dem Text (Abschnitte 5 – 7).
Quelle: https://edition.cnn.com/2019/06/25/world/plastic-waste-emissions-music-festivals-intl/index.html,
27.06.2019 (Zugriff: 20.02.2024)
Überschrift Textabschnitt (4 – 7)
a) Beispiele für Nachhaltigkeitsbemühungen einiger
Künstler und anhaltende Herausforderungen
b) Neue Technologie zur mobilen Energieversorgung
c) Umweltschutzinformation statt Warenverkauf bei
Konzertveranstaltungen
d) Aufgaben einer Nachhaltigkeitsagentur vor und bei
Konzert-Events
11. Erläutere im Textzusammenhang, inwiefern die Musikbranche „ein Antrieb für Erneuerung“
(Z. 60) sein kann (Abschnitt 7).
c) das Hauptproblem des hohen Treibstoffverbrauchs bei Konzerten nicht lösbar ist.
d) auch bei großen Musikfestivals nachhaltiger Umweltschutz möglich ist.
Wahlthema 1
• Lies bitte zunächst den Text, bevor du die Aufgabe bearbeitest.
• Schreibe einen zusammenhängenden Text.
Aufgabe
Analysiere den Textauszug aus dem Roman „Koller“ von Annika Büsing.
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• Schreibe eine Einleitung, in der du Textsorte, Titel, Autorin und Erscheinungsjahr benennst
sowie das Thema formulierst.
• Stelle dar, wie Chris die Persönlichkeit seiner Mutter und ihr Auftreten gegenüber seiner Tante
wahrnimmt.
• Erläutere, wie er sich rückblickend an das Verhalten seiner Tante zu Anfang (Z. 30 – 43) und im
weiteren Verlauf des Besuchs (Z. 44 – 63) erinnert.
• Untersuche, wie durch sprachliche Mittel das angespannte Verhältnis zwischen den Schwestern
zum Ausdruck kommt (mögliche Aspekte: Wortwahl, Satzbau, stilistische Mittel).
• Verfasse einen kurzen Text aus der Sicht von Chris’ Tante nach der Abreise von Chris und seiner
Mutter:
– Welche Gedanken hat sie, als sie noch einmal über den Besuch der beiden nachdenkt?
– Was denkt sie über das Geschenk, das ihre Schwester ihr mitgebracht hat?
Schreibe in der Ich-Form und berücksichtige die Informationen, die der Textauszug gibt.
Wir besuchten meine Tante. Ich war neun Jahre alt, und meine Mutter, die sich für göttlich, und wenn
nicht, dann aber doch für unfehlbar hielt, hatte meiner Tante, ihrer jüngeren Schwester, ein Geschenk
besorgt: eine Nudelmaschine. Nun mag man über den Sinn und Unsinn von Nudelmaschinen streiten,
man mag ihnen gegenüber auch eine Haltung der vollkommenen Gleichgültigkeit einnehmen, doch
5 meiner Tante eine solche zu schenken, war ein kalkulierter Affront2. Meine Tante kann nicht kochen.
Alles, was sie kocht, ist aufgetaut und aufgewärmt. Beispiel für ein typisches Mittagessen bei meiner
Tante: mit Frischkäse gefüllte Kartoffelecken aus der Gefriertruhe, im Backofen nach Packungsan-
weisung gebacken, dazu Brokkoli aus der Gefriertruhe, im Topf mit etwas Wasser erwärmt. Oder:
Cordon bleu3 aus der Gefriertruhe, in der Pfanne gebraten, dazu Kaisergemüse4 aus der Gefriertruhe,
10 im Topf mit etwas Wasser erwärmt, und Kroketten, Zubereitung: siehe Kartoffelecken. Woher weiß
ich das, wenn ich nur ein einziges Mal bei meiner Tante war? Habe ich gelogen und war doch öfter
bei meiner einzig lebenden Verwandtschaft?
Nein, ich weiß es, weil es seit dem Desaster5 mit der Nudelmaschine kein Thema gab, über das sich
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1
Koller: Zorn, Wutanfall; im Roman zugleich der Spitzname einer männlichen Figur
2
Affront: Provokation
3
Cordon bleu: ein Fleischgericht (ein mit Käse und Schinken gefülltes Schnitzel)
4
Kaisergemüse: typische Tiefkühl-Gemüsemischung, u. a. aus Brokkoli, Möhren und Blumenkohl
5
Desaster: Unglück, Misserfolg, Katastrophe
6
mürbe machen: hier: nerven, ärgern
7
1A: umgangssprachlicher Ausdruck für etwas, das von besonderer, allerbester Qualität ist
Wir sitzen in der Küche, mit Schorle und Kuchen, meine Tante packt das Geschenk aus, und der
Dialog geht dann etwa so:
Meine Tante: „Eine Nudelmaschine.“
Meine Mutter: „Damit kannst du frische Nudeln machen.“
35 Meine Tante: „Ich esse gar nicht so oft Nudeln.“
Meine Mutter: „Ja, weil es die nicht aus der Tiefkühltruhe gibt.“
Das geht schon richtig gut rein. Wenn man Gesichter liest, aber das tut meine Mutter in diesem Moment
nicht, dann würde man hier merken, dass die Stimmung schon gekippt ist. Meine Tante ist sauer.
„Ich koche nicht nur Sachen aus der Tiefkühltruhe“, sagt sie.
40 „Was kochst du denn, was nicht aus der Tiefkühltruhe kommt?“, fragt meine Mutter.
„Na ja, Milchreis zum Beispiel.“
„Siehst du, und jetzt kannst du frische Nudeln machen“, sagt meine Mutter.
Meine Tante bedankt sich.
Später wurde darüber gesprochen, was es am Abend zu essen geben sollte, und meine Mutter sagte:
45 „Lass uns doch Nudeln machen, mit deiner neuen Maschine!“
Es wurde so beschlossen, und beide kneteten einen Nudelteig zusammen, eine beinahe schwesterliche
Atmosphäre stellte sich ein. Dann ging es an die Maschine.
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Meine Mutter teilte den Teig in Stücke und wies meine Tante an, ihn durch die Maschine zu drehen.
„Mach du das lieber“, sagte meine Tante zögerlich.
50 Meine Mutter stopfte den Teig in die Maschine und drehte die Kurbel. So erhielt sie lange, flache
Teigbahnen, die sie geschickt auf dem Tisch ausbreitete. Die Teigbahnen mussten in einem zweiten
Arbeitsschritt ein weiteres Mal durch die Maschine gedreht werden, wobei sie zerteilt wurden und
Spaghetti ergaben. Die Spaghetti mussten angenommen und in Mehl gewälzt werden, damit sie nicht
verklebten, und diese Aufgabe fiel meiner Tante zu, aber alles, was sie produzierte, waren Teig-
55 klumpen. Sie schwitzte und fluchte. Meine Mutter kurbelte weiter fleißig Teigbahnen aus der Maschine.
Sie hätte langsamer machen können, hätte sie nur registriert, dass sie zu schnell kurbelte. Irgendwann
wurde es meiner Tante zu bunt. Sie knallte ihren Teigklumpen mit Wucht auf die Arbeitsplatte und
schrie:
„Was ist denn das für eine kack Maschine?“
60 Meine Mutter darauf: „Das ist nicht die Schuld der Maschine, Uta, das bist du mit deinen dicken
Fingern.“
Das war’s. Wir saßen nudellos um 20:00 Uhr wieder im Zug nach Hause. Meine Mutter war ratlos,
denn die Nudelmaschine war doch wirklich 1A.
Quelle: Annika Büsing: Koller. Göttingen: Steidl 2023, S. 54 – 58 (Text gekürzt und adaptiert)
Wahlthema 2
Lies bitte zunächst die Aufgabe und dann die Materialien aufmerksam, bevor du mit dem Schreiben
beginnst.
Situation:
Deine Schule organisiert eine Projektwoche zum Thema „Selbstständigkeit und Unternehmertum“,
um mehr Jugendliche für unternehmerisches Handeln und Denken zu begeistern. Eine Broschüre zu
dieser Projektwoche soll Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften einen Überblick geben,
welche Möglichkeiten sich für junge Gründende bieten.
Du bist gebeten worden, für diese Broschüre einen informierenden Text über Start-ups zu verfassen.
Zu diesem Zweck wird dir eine Materialsammlung (M 1 – M 6) zur Verfügung gestellt.
Schreibauftrag:
Verfasse auf der Grundlage der Materialien M 1 – M 6 einen informierenden Text zum Thema
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„Start-ups“. Schreibe nicht einfach aus den Materialien ab, sondern achte auf eine eigenständige
Darstellung in einem zusammenhängenden Text.
• Erkläre einleitend, was Start-up-Unternehmen sind und durch welche Aspekte sie sich von anderen
Unternehmen unterscheiden.
• Stelle die derzeitige Situation des Start-up-Marktes in Deutschland dar und erkläre, welche Faktoren
zum Erfolg eines Start-ups beitragen.
• Erläutere die rechtlichen Rahmenbedingungen und die grundsätzlichen Herausforderungen, die für
minderjährige Jugendliche mit der Gründung eines Start-ups verbunden sind.
• Beurteile anhand der Materialien und eigener Überlegungen, inwieweit es empfehlenswert ist,
schon im Jugendalter ein Start-up zu gründen.
Start-ups sind ein ganz kleiner Teil des Gründungsgeschehens, über sie wird dennoch viel gesprochen.
Sie gelten als wichtiger Motor für wirtschaftliche Entwicklung und sozialen Fortschritt, denn sie schaf-
fen nicht nur Arbeitsplätze, sondern verhelfen auch neuen Ideen und Technologien zum Durchbruch.
Vielfach wird der Begriff Start-up für jede Art von Unternehmensgründung verwendet, die irgend-
5 wie frisch und modern erscheint. Wenn du jedoch in deiner Stadt einen Friseursalon eröffnest, kann
dieser noch so hip sein – das macht ihn aber nicht zu einem Start-up. Von einem Start-up spricht man,
wenn ein Unternehmen mit einer neuartigen Geschäftsidee und hohem Wachstumspotenzial gegründet
wird. Darüber hinaus stehen Start-ups aber auch für ein bestimmtes Selbstverständnis: Sie stellen ge-
wohnte Abläufe infrage und probieren Neues aus. Dabei beweisen sie ein feines Gespür für Trends
10 und dafür, was die Menschen wollen und brauchen. Start-ups greifen neue Entwicklungen schneller
auf als die Konkurrenz und setzen diese in innovative Produkte um.
Um erfolgreich zu sein, gehören Glück und das richtige Timing dazu. Dennoch lassen sich von Top-
Start-ups auch bestimmte Erfolgsmuster ableiten: Zunächst reagieren sie mit ihrem Angebot fast
immer auf einen konkreten, nachweisbaren Bedarf. Wenn du in deinem Alltag auf ein Ärgernis stößt
15 und dir eine überzeugende Lösung in den Sinn kommt, bist du auf einem guten Weg. Zweitens
sollte die Lösung innovativ sein. Und schließlich tüfteln Top-Start-ups nicht im Stillen vor sich hin,
bis ihr Angebot ausgereift ist, sondern suchen früh den permanenten Austausch mit ihrer Zielgruppe.
Quelle: https://gruenderplattform.de/startup-gruenden, ohne Angabe eines Veröffentlichungsdatums (Zugriff: 18.03.2024)
(Text gekürzt und adaptiert; Überschrift geändert)
Hinweis: Der Text wurde ohne namentliche Nennung eines Verfassers veröffentlicht.
1
Business Angel: jemand, der Unternehmensgründer finanziell und mit Erfahrung unterstützt
2
Crowdfunding: Art der Finanzierung, bei der viele Menschen einen Beitrag für ein Projekt spenden
Schleswig-Holstein Mecklenburg-Vorpommern
Hamburg
Brandenburg
Bremen
Niedersachsen
Berlin
Sachsen-Anhalt
Nordrhein-Westfalen
Sachsen
Hessen
Rheinland-Pfalz Thüringen
Saarland
Bayern
Baden-Württemberg
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Branchen
Informations- und Kommunikationstechnologie 31,9 %
Medizin und Gesundheitswesen 9,2 %
Nahrungsmittel und Konsumgüter 8,6 %
Mobilität und Logistik 5,0 %
Energie 4,9 %
Finanzen und Versicherungen 4,6 %
Industriegüter 4,5 %
Human Resources 4,2 %
Bildung 3,7 %
Bau und Immobilien 3,5 %
Freizeit, Sport und Gaming 3,4 %
Chemie und Biologie 3,0 %
Medien und Kreativwirtschaft 2,4 %
Agrar- und Landwirtschaft 2,3 %
Textilbranche 2,1 %
Beratung und Agentur 1,7 %
Tourismus 1,5 %
Sonstiges 3,5 %
Quelle: 6WDUWXS9HUEDQGhttps://startupverband.de/fileadmin/startupverband/mediaarchiv/research/dsm/dsm_2023.pdf,
September 2023 (Zugriff: 18.03.2024) (Überschrift geändert)
1
Geschäftsfähigkeit: rechtlicher Status, der das Eröffnen sowie Verwalten eigener Konten ermöglicht und die Möglichkeit
einräumt, eigenständig Kauf- und Kreditverträge abzuschließen
2 Freelancer: hier: freie Mitarbeitende eines Unternehmens, die dort nicht fest angestellt sind
Junge Menschen haben, wenn sie haftungsbeschränkt3 eine Firma gründen, eine niedrige Fallhöhe
und geringe Risiken. Sie sammeln Erfahrungen, die ihnen im weiteren Leben enorm helfen und die
10 nur wenige Menschen aufweisen können. „Wenn sich ein Jugendlicher selbstständig macht, kann er
davon immer profitieren: Ob im Bewerbungsgespräch oder bei komplexen Aufgaben – das sind Er-
fahrungswerte, die auf jeden Fall weiterhelfen“, so Guido Langemann von der Industrie- und Handels-
kammer Hannover. Das Sicherheitsbedürfnis werde im Alter nur größer. Später muss der Lebens-
unterhalt verdient werden, um die Familie zu ernähren, Kredite zu tilgen oder sonstige regelmäßige
15 Ausgaben zahlen zu können.
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Wie sind aber die Erfolgschancen so junger Gründerinnen und Gründer? „Mäßig“, sagt Langemann.
„Die Frage ist aber: Wie definierst du Erfolg?“ Wenn es um wirtschaftliches Wachstum gehe, sähen
die Chancen jedoch schlecht aus. „Das Ziel sollte nicht sein, Geld zu verdienen. Das Ziel sollte sein,
Erfahrung zu sammeln und eine gute Idee mal bis zum Ende durchzusetzen.“ Wenn am Ende nur fünf
20 Produkte verkauft wurden, sei das ein Erfolg, keine Niederlage. Sicherlich sei es keine wirtschaftli-
che Meisterleistung, aber man habe ein Produkt bis zur Marktreife gebracht.
Im Internet gibt es Äußerungen dazu, dass die Bürokratie4 junge Menschen daran hindere, ein Un-
ternehmen zu gründen. Guido Langemann meint, Bürokratie habe ihren Zweck – es müsse bei-
spielsweise sichergestellt werden, dass die Grundlagen für eine Gründung gegeben seien. Er rät
25 dazu, die Bürokratie als Test zu verstehen. Denn die Verwaltungsarbeit verschwände nach einer
Gründung nicht, ein Unternehmen zu führen bedeute eine Menge Papierkram.
Quelle: https://t3n.de/news/teenager-gruenden-unternehmen-1434841, 10.12.2021 (Zugriff: 18.03.2024)
(Text gekürzt und adaptiert; Überschrift geändert)
1
YouGov: international tätiges Markt- und Meinungsforschungsinstitut
2
Networking: Aufbau und Pflege von Kontakten mit dem Ziel, ein soziales Netzwerk aufzubauen
3
haftungsbeschränkt: hier: Unternehmensgründende müssen nicht ihr privates Eigentum zur Begleichung von Schulden
einsetzen, die durch unternehmerischen Misserfolg begründet sind.
4
Bürokratie: Verwaltungsaufwand, Verwaltungsarbeit: Bearbeitung von Formularen, Anträgen usw.
Christian, du persönlich und die Bank, für die du arbeitest, unterstützen bereits seit einigen
Jahren das Programm Startup Teens. Warum eigentlich?
Wir tun das, weil unsere jüngsten Unternehmensgründerinnen und -gründer im Land jede Hilfe ver-
dienen und eine Lobby1 brauchen. Eine tolle Idee zu haben und diese umsetzen zu wollen, das ist
5 keine Frage des Alters; es dann tatsächlich zu können, oft allerdings schon. Zum einen braucht es
Grundlagenwissen aus Betriebswirtschaftslehre, Finanzplanung, Marketing, Organisationsplanung,
Recht und Steuern und so weiter. Zum anderen geht es darum, ernst genommen zu werden und letztlich
auch Mentorinnen oder Mentoren sowie Investierende zu finden. Hier können wir helfen.
Was wünschst du dir für die Zukunft junger Gründerinnen und Gründer?
20 Ich wünsche mir insgesamt weniger Bestimmungen und Bürokratie, dafür einfachere und schnellere
Verfahren in der Startphase von Unternehmen. Fehler zu machen muss erlaubt sein. Wichtig ist, daraus
zu lernen. Es darf kein Makel sein, mit Ideen zu scheitern, denn schon der nächste Einfall kann der
richtige sein. Hier wünsche ich mir Toleranz und mehr Respekt vor unternehmerischem Mut.
1
Lobby: Interessenvertretung
Bersa Shazimani (19): „Bei unserem Start-up geht es darum, gerade die jungen Zielgruppen zu ver-
5 stehen und zu wissen, worauf es ankommt. Da hilft es, selbst dieser Generation anzugehören. Die
große Chance, die man als Junggründer oder Junggründerin hat, ist es, sich selbst zu formen und zu
lernen, eigene Erfahrungen zu nutzen, um Herausforderungen zu meistern.“
Amir Younes Gdamsi (16): „Als besonders junger Gründer kann man nicht unbedingt mehr, aber
man hat eben mindestens fünf Jahre Zeitvorsprung – und das ist enorm wertvoll. Ich sehe mich in
10 den kommenden Jahren in verschiedenen Unternehmen und vielleicht auch im Studium. Ich will
viel lernen und viel ausprobieren. Das macht mir Spaß.“
Davis Zöllner (19): „Oft denkt man, dass Junggründer nicht ernst genommen werden. Das mag an-
fangs auch so sein, aber wenn man sich dann durchsetzt, genießt man bei Geschäftspartnern einen
umso größeren Respekt aufgrund des jungen Alters.“
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15 Henning Hünerbein (20): „Wer früh Verantwortung übernimmt, der lernt damit umzugehen. Es hat
auch finanzielle Vorteile, da man während der Schule noch nicht von den Gewinnen des Start-ups
leben muss, sondern direkt reinvestieren1 kann.“
Quelle: https://www.businessinsider.de/gruenderszene/perspektive/20-unter-20-gruender-2022-a/, 20.08.2022
(Zugriff: 18.03.2024) (Text gekürzt und adaptiert; Überschrift geändert)
Hinweis: Der Text wurde ohne namentliche Nennung eines Verfassers veröffentlicht.
1
reinvestieren: hier: Erzielte Gewinne fließen zurück in das Start-up und werden zu dessen Ausbau genutzt.