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Strafrecht II

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Tötungsdelikte

1.2 Stufensystem: Mord vs. Totschlag


• Literaturansicht:
o § 211 StGB als Qualifikation gegenüber § 212 StGB.
• Rechtsprechung:
o § 211 und § 212 StGB als eigenständige Tatbestände mit unterschiedlichem Unrechtsgehalt.
• Fallbearbeitung:
o Bei mehreren Tatbeteiligten mit unterschiedlichem subjektivem Mordmerkmal.
o Prüfung, ob § 28 Abs. 1 oder Abs. 2 relevant ist.

Prüfungsaufbau des §212 I StGB:


I. Objektiver Tatbestand
1. Tathandlung: Töten
2. Taterfolg: Tod eines anderen Menschen
3. Kausalität
4. Objektive Zurechnung
II. Subjektiver Tatbestand (dolus eventualis genügt)
i. (P) Abgrenzung zwischen dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
IV. Strafzumessung
1. Besonders schwerer Fall gem. § 212 Abs. 2 StGB
2. Minderschwerer Fall gem. § 213 StGB

1.3.1 Objektiver Tatbestand: Totschlag


• Erfordert Tötung eines Menschen.
• Unterscheidung: Leibesfrucht (§ 218 StGB) vs. Mensch (§§ 211 ff. StGB).
• Menschsein: Beginn mit Eröffnungswehen, unabhängig von Lebensfähigkeit.
• Menschsein endet mit Hirntod (§ 212 Abs. 1).
• Transplantationsgesetz konkretisiert Todesbegriff.
• Qualitative Differenzierungen nicht vorgesehen. (Bsp.: Das Leben des Sterbenden wird um eine Stunde verkürzt)
• Wo allerdings aber die lebensverlängernde Wirkung zweifelhaft bleibt, ist Freizusprechen (in dubio pro reo).

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1.3.2 Tathandlung und Taterfolg
• jede kausale, objektiv zurechenbare Lebensverkürzung oder garantenpflichtwidrige Nichtverlängerung des Lebens eines anderen Menschen.

1.3.3 Subjektiver Tatbestand: Tötungsvorsatz


• Notwendiger Tötungsvorsatz: Dolus eventualis genügt.
• Hemmschwellentheorie hat keine praktische Bedeutung mehr.
• Abgrenzung in Klausuren zwischen dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit relevant.
• "Billigungstheorie" der h.M.: Dolus eventualis, wenn Täter Erfolgseintritt für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.
• Bewusste Fahrlässigkeit: Täter hält Erfolgseintritt ebenfalls für möglich, aber pflichtwidrig optimistisch annimmt.
• Dolus eventualis besteht aus kognitivem (für möglich halten) und voluntativem Element (billigendes Inkaufnehmen).
• Saubere Unterscheidung bei problematischen Fällen erforderlich.
• Tipp: Tätervorstellung anhand objektiver Kriterien wie Gefährlichkeit und Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts feststellen.

1.4 Mord
• Strafdrohung: § 211 StGB - Lebenslange Freiheitsstrafe (absolute Strafdrohung).
• Mordmerkmale:
o Objektive Merkmale: 2. Gruppe: besonders verwerfliche Begehungsweisen = Heimtücke, Grausamkeit, mit gemeingefährlichen Mitteln
o Subjektive Merkmale: 1. Gruppe: besondere Motive und 3. Gruppe: besondere Absichten = Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs,
Habgier, Ermöglichungsabsicht, Verdeckungsabsicht, sonstige niedrige Beweggründe
• Achtung: Subjektive Komponente auch bei objektiven Merkmalen prüfen. Beispiel: Täter muss neben der grausamen Tötung erkennen, dass das
Opfer unnötige Schmerzen erleidet.

Prüfungsaufbau des §211 StGB:


I. Objektiver Tatbestand
1. Tathandlung: Töten
2. Taterfolg: Tod eines anderen Menschen
3. Kausalität
4. Objektive Zurechnung
5. Mordmerkmale der 2. Gruppe
II. Subjektiver Tatbestand
1. Vorsatz bzgl. der Tötung eines anderen Menschen
2. Vorsatz bzgl. der obj. Mordmerkmale der 2. Gruppe
3. Subjektive Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe
III. Rechtswidrigkeit und Schuld

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Wichtig: Prüfung aller möglichen Mordmerkmale erforderlich auch wenn bereits ein Mordmerkmal bejaht wurde

1.4.1 Objektive Mordmerkmale


• Heimtückisch
o Konstitutionelle Arglosigkeit/Ausnutzen der Arglosigkeit Dritter:
▪ Argwohnlosigkeit bei kleinen Kindern, unansprechbar Schwerkranken, Besinnungslosen.
▪ Schlafende sind arg- und wehrlos durch bewusste Hingabe an den Schlaf.
▪ Besinnungslose: Keine Arg- und Wehrlosigkeit, da Überraschung durch unnatürlichen Zustand.
▪ Heimtücke bei Personen ohne Argwohn durch Ausnutzen der Arglosigkeit schutzbereiter Dritter.
o 1.4.1.1.2 Maßgeblicher Zeitpunkt der Arglosigkeit/In den Hinterhalt locken:
▪ Maßgeblicher Zeitpunkt: Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz begangenen Angriffs (Versuch).
▪ Ausnahme bei Hinterhalt: Arglosigkeit bei Versuchsbeginn unwichtig, wenn Täter bis zur Tatausführung fortwirkende günstige
Gelegenheit schafft.
o 1.4.1.1.3 Vorangegangene Auseinandersetzungen:
▪ Arglosigkeit entfällt nach offener Feindseligkeit infolge vorangegangener Auseinandersetzung.
▪ Kein Ausschluss der Arglosigkeit, wenn Opfer tätlichen Angriff nicht erwartet, z.B., weil es Streit für beendet hält.
▪ Preisgabe von Verteidigungsmöglichkeiten als Indiz für erhaltene oder wiedererlangte Arglosigkeit.
o 1.4.1.1.4 Restriktive Auslegung/Rechtsfolgenlösung:
▪ Prüfung nach Grunddefinition der Heimtücke.
▪ Restriktive Auslegung: Teile der Literatur fordern besonders verwerflichen Vertrauensbruch oder tückisches, hinterlistiges Vorgehen.
▪ BGH: "Außergewöhnliche Umstände", feindliche Willensrichtung des Täters.
▪ Typenkorrektur: Negative - Fehlende besondere Verwerflichkeit führt zum Totschlag; positive - Feststellung besonderer Verwerflichkeit.
▪ BGH bevorzugt Rechtsfolgenlösung: Milderung des Strafrahmens bei außerordentlichen schuldmildernden Umständen.
• Fallbearbeitungstipp:
▪ Klassische Subsumtion nach Grunddefinition durchführen.
▪ Heimtücke nur ablehnen, wenn Sachverhaltshinweise darauf hindeuten.
▪ Bei vertiefender Diskussion verschiedene Argumente oder Einschränkungskriterien kombinieren.
▪ Kreativität nutzen und an Sachverhalt orientierte Argumentation einbringen.

• Grausam
• Gemeingefährliche Mittel
o 1. Mindestanforderungen an Gefahr:
▪ Einigkeit: Gemeingefährliche Mittel umfassen Feuer, Sprengstoffe, radioaktive/giftige Stoffe, Schnellfeuerwaffen, gegen die Fahrtrichtung
fahrende Fahrzeuge.
▪ Kontroverse: Einige fordern Lebensgefahr als notwendige Gefahr, während andere Leib- oder Lebensgefahr ausreichen lassen.
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▪ Mindestanzahl betroffener Personen umstritten: H.M. meist drei, einzelne fordern zehn. Rechtsprechung unklar mit „Mehrzahl“,
„Vielzahl“, „unbestimmte Anzahl“.

T wirft schweren Stein von Autobahnbrücke auf PKW mit vielen Fahrzeugen.
▪ Gemeingefährlichkeit bejaht wegen potenzieller Kontrollverluste bei Aufprall und erheblicher Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.
▪ Bei einzelnen Fahrzeugen auf der Autobahn wäre die Gefahr weniger konkret.
o 1.4.1.2.1 Mehrfachtötungen:
▪ Paradoxie: Gemeingefährliche Mittel können Mehrfachtötungen verursachen, obwohl das Mordmerkmal spezifisch auf eine
Zielorientierung abzielt.
▪ BGH-Argument: Gemeingefährlichkeit bezieht sich auf Art des Tatmittels, nicht auf konkrete Vorstellung des Täters über den Opferkreis.
o 1.4.1.2.2 Verwirklichung durch Unterlassen:
▪ H.M. und Rechtsprechung: Mordmerkmal erfordert aktives Einsetzen gemeingefährlicher Mittel oder aktives Töten damit; reines
Ausnutzen einer bestehenden gefährlichen Situation ist kein Mord.
▪ Gegenmeinung: Unterlassen könnte strafbar sein für Ingerenzgaranten, die gemeingefährliche Gefahrenquelle verantworten und nicht
pflichtwidrig beseitigen.
• Fallbearbeitungstipp:
▪ Klare Definition der gemeingefährlichen Mittel (Feuer, Sprengstoffe, etc.).
▪ Wahl der Definition für erforderliche Gefahr (Lebens- oder Leibgefahr).
▪ Unsicherheit bei Mindestanzahl betroffener Personen beachten.
▪ Bei Mehrfachtötungen auf BGH-Argument bezüglich Gemeingefährlichkeit fokussieren.
▪ Unterlassen als Mordmerkmal nur bei aktivem Einsatz oder Töten mit gemeingefährlichen Mitteln betrachten.

1.4.2 Subjektive Mordmerkmale


• Mordlust
• Zur Befriedigung Geschlechtstriebs
• Habgier
o Kein Unterschied, ob der Täter einen Vermögenszuwachs anstrebt oder einen Vermögensverlust verhindern will.
o Klassische Habgiermorde: Raub- oder Auftragsmorde.
o Habgier auch bei Handlungen, um Aufwendungen zu ersparen.
o Rechtmäßiger Vermögensvorteil:
▪ Umstritten, wenn der Täter einen ihm zustehenden rechtmäßigen Vorteil erstrebt.
• Sonstige niedrige Beweggründe
o Charakteristik:
▪ Auffangkategorie für Motive, die keiner anderen Kategorie zugeordnet werden können, aber im Unwertgehalt diesen entsprechen.
▪ Gesamtbewertung der Motivlage erforderlich.

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▪ Gekennzeichnet durch hemmungslose Eigensucht oder rücksichtslosen Egoismus.
o Bewertungsansätze:
▪ Niedrige Gesinnung zeigt sich durch unverständliche, hemmungslose Selbstsucht oder rücksichtslosen Egoismus.
▪ Bewertung anhand des Verhältnisses des Anlasses zu den Tatfolgen.
▪ Bei menschlich begreiflicher Motivation kann Niedrigkeit zweifelhaft sein.

Rassenhass, Ausländerfeindlichkeit, Imponiergehabe, Rachsucht ohne nachvollziehbare Ursache.

Kulturell bedingte „Blutrache“ als niedriger Beweggrund.

BGH betont, dass Bewertung auf Vorstellungen der hiesigen Wertegemeinschaft abzustellen ist.
o
Bewusstseinsdominanz:
▪ Täter muss sich bewusst sein, dass die Umstände die Tat als besonders verwerflich erscheinen lassen.
▪ Keine Notwendigkeit, dass Täter seine Beweggründe als niedrig beurteilt, aber er muss sie erfassen.
▪ Probleme bei spontan gefasstem Tötungsentschluss, wenn wenig Zeit zum Nachdenken bleibt.
• Fallbearbeitungstipp:
o Niedrige Beweggründe stets als letztes Mordmerkmal prüfen.
o Bei Vorliegen anderer Motive der 1. Gruppe, niedrige Beweggründe nur in ausgewählten Konstellationen erörtern.
o Detaillierte Begründung am Sachverhalt erforderlich, Vermeidung schlagwortartiger Erklärungen.
o
• Ermöglichungsabsicht und Verdeckungsabsicht
o Charakteristik:
▪ Täter verfolgt besonders verwerfliche Zwecke.
▪ Absichtsmerkmale erfordern zielgerichtetes Handeln (dolus directus 1. Grades).
▪ Tötung ist nicht zwingend für das Gelingen der Tat, aber Finalverknüpfung zwischen Tötung und Verdeckung.
o Andere Straftat als Fokus:
▪ Erfasst eigene und fremde strafbare, rechtswidrige, schuldhafte Taten, nicht jedoch Ordnungswidrigkeiten.
▪ Subjektive Vorstellung des Täters ist entscheidend.
o Bewertung aus Sicht des Täters; Irrtum über Strafbarkeit der anderen Tat kann Verdeckungsabsicht nicht ausschließen.
o Verdeckungsabsicht auch bei bereits entdeckter Tat möglich.
o Grenzfälle und Auslegung:
▪ Trennung von Verdeckungsmord und Tat, die gerade begangen wird.
▪ Streitfrage: Erfordert Verdeckungsabsicht zwingend die Absicht, Strafverfolgung zu vereiteln oder genügt das Vermeiden
außerstrafrechtlicher Konsequenzen?
• Restriktive Auslegung empfohlen wegen verfassungsrechtlicher Begriffsschärfe und Wahrung der Unrechtsqualität.
o Bedingter Tötungsvorsatz und Verdeckungsabsicht:
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▪ Kein Ausschluss, wenn Verdeckung ohne Tod des Opfers möglich.
▪ Bedingter Tötungsvorsatz und Verdeckungsabsicht können sich ergänzen.
o Verdeckungsmord durch Unterlassen:
▪ Problematisch, wenn Täter vorangegangene Straftat durch Unterlassen der Rettung verdecken will.
▪ Streit über Gleichwertigkeit von Unterlassen und Handeln gemäß § 13 StGB.
▪ BGH: Kein Unterschied in Handlungsunwert, wenn Täter Garantenstellung aus Ingerenz hat.

E begeht Betrug am Großvater und tötet ihn aus Angst, der Großvater werde ihren Ehemann informieren und dieser sie daraufhin verlassen. Der
BGH bejaht Verdeckungsabsicht, auch wenn der Großvater keine Strafanzeige plant. Kritik an der weiten Auslegung: BVerfG fordert restriktive
Interpretation der Mordmerkmale, und die spezifische Unrechtsqualität könnte verloren gehen. Klausur-Tipp: Einschränkende Auslegung auf die Absicht,
sich der Strafverfolgung zu entziehen, und dann niedrige Beweggründe prüfen.
• Ermittlung des handlungsleitenden Motivs:
o Bei Motivbündeln ist zu ermitteln, welches Motiv handlungsleitend war.
o Falls die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe als unverhältnismäßig erscheint, können Argumente für eine restriktive Auslegung
herangezogen werden (vgl. Heimtücke).
• Auslegung im Zusammenhang mit Verdeckungsabsicht:
o In Bezug auf die Verdeckungsabsicht wird eine einschränkende Auslegung wegen Bedenken hinsichtlich der verfassungsrechtlich gebotenen
Begriffsschärfe abgelehnt.
o Vertretbar sind jedoch beide Standpunkte, und die Argumentation sollte sich am konkreten Sachverhalt orientieren.
• Verdeckungsabsicht bei nur billigender Inkaufnahme des Todes des Opfers:
o Unterscheidung und Bedingter Tötungsvorsatz:
o Grundsätzlich schließen sich bedingter Tötungsvorsatz und die Absicht, eine andere Straftat zu verdecken, nicht aus.
o Ein Ausschluss ergibt sich nur, wenn die Verdeckung der Straftat nach der Vorstellung des Täters nur durch den Eintritt des Todes möglich ist.
o Falls nicht notwendig, reicht die Billigung des Todes durch den Täter aus.
• Verdeckungsmord durch Unterlassen:
o Problemstellung:

Der Täter hat zuvor eine Körperverletzung oder Vergewaltigung begangen, bei der er das Opfer unvorsätzlich lebensgefährlich verletzt hat. Um die Tat zu
verdecken, unterlässt der Täter Maßnahmen, die das Opfer retten könnten, wie beispielsweise das Herbeirufen von Rettungskräften.
o Diskussion über Gleichwertigkeit von Unterlassen und Handeln

2. Beteiligungslehre
• in § 28 Abs. 2 StGB verankert
• Täterschaft und Teilnahme
Strafrecht II
o Unterteilt in unmittelbare, mittelbare und Mittäterschaft
o Sowie seltene Form der Nebentäterschaft nach § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB, bei der mehrere Täter ohne Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB für
denselben Erfolgseintritt haften.
• Alleintäter (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB):
o Ein Alleintäter ist jemand, der alle Tatbestandsmerkmale selbst verwirklicht.
• Mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB):
o Ein mittelbarer Täter begeht die Straftat durch einen anderen.
• Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB):
o Mittäterschaft liegt vor, wenn mehrere Personen beteiligt sind, von denen nicht alle sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllen, und eine Zurechnung
von Tatbeiträgen erfolgen muss. Dabei ist arbeitsteiliges Zusammenwirken erforderlich.
• Zu der schwächeren Beteiligungsform der Teilnahme gehören die Anstiftung und die Beihilfe
• Fallgruppen problemloser Abgrenzung
o Sonderdelikte und eigenhändige Delikte:
▪ Delikte, die eine besondere Täter- oder Subjektsqualität erfordern, können nur von Personen täterschaftlich begangen werden, die diese
Qualifikation selbst aufweisen.
▪ Bei solchen Delikten kann ein Außenstehender, unabhängig von seinem Tatbeitrag, niemals Täter, mittelbarer Täter oder Mittäter sein,
sondern stets nur Teilnehmer.
o Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale:
▪ Wenn die Erfüllung des Tatbestands ein spezielles subjektives Merkmal erfordert (z. B. Zueignungsabsicht), und dieser Aspekt beim
Mitwirkenden nicht vorhanden ist, entfällt die Möglichkeit täterschaftlichen Handelns.
o Pflichtdelikte:
▪ Bei Pflichtdelikten kann die Möglichkeit täterschaftlichen Handelns entfallen, wenn der Beteiligte nicht auch pflichtig ist, beispielsweise bei
Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht.
• Abgrenzungstheorien: in der Klausur soll betont werden, dass obwohl es verschiedene theoretische Ansätze gibt, die Schlussfolgerungen in vielen Fällen
übereinstimmen. Daher ist es sinnvoll, beide Theorien (gemäßigt-subjektive Theorie und die Tatherrschaftslehre) zu erläutern, jedoch darauf
hinzuweisen, dass dies oft zu denselben Ergebnissen führt und somit ein Streitentscheid in der Klausur entfällt.

Mittäterschaft: Grundlagen und Abgrenzung


o § 25 Abs. 2 StGB
o Mittäterschaft vs. Nebentäterschaft:
▪ Nebentäterschaft:
• mehrere Personen handeln unabhängig voneinander und ohne bewusstes Zusammenwirken.
• Kein Problem in der Klausur
▪ Mittäterschaft:

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• mehrere Personen begehen auf der Grundlage eines gemeinsamen Tatplans einen Straftatbestand durch gemeinsames
Zusammenwirken.
o §25 II StGB = Zurechnungsnorm
o Zurechnung bezieht sich auf die Handlung, die im Rahmen des gemeinsamen Tatplans begangen werden.
o besondere persönliche oder subjektive Merkmale nicht zurechenbar und müssen bei jedem (Mit-)Täter selbst vorliegen.
▪ → Individuelle Schuldmerkmale oder besondere subjektive Absichten nicht automatisch auf alle Mittäter übertragen
• Voraussetzungen der Mittäterschaft:
1. Gemeinsamer Tatplan:
o Erfordert das Einverständnis jedes Beteiligten in das gemeinsame Vorgehen.
o Einverständnis kann konkludent und während der Tatausführung hergestellt werden.
o Objektive Willensübereinstimmung und Vorsatz zur gemeinsamen Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale.
o Geringfügige Abweichungen sind unerheblich, aber wesentliche Abweichungen ändern das Gepräge der Tat in tatsächlicher Hinsicht.
o Ein Exzess eines Mittäters liegt nicht vor, wenn diesem die Handlungsweise seines Tatgenossen gleichgültig ist.
o Bei Abstandnahme vor Versuchsbeginn kann Straffreiheit nach § 24 Abs. 2 StGB erfolgen, wenn die anderen Mittäter von dem Ausstieg erfahren.
2. Gemeinsame Ausführungshandlung:
o Verursachungsbeiträge des Handelnden müssen festgestellt werden.
o Es wird geprüft, ob diese für eine Bejahung der Mittäterschaft ausreichen.
o Umstritten ist, ob Mittäterschaft in Frage kommt, wenn eine Person nur im Vorbereitungsstadium tätig wird, dafür aber wesentliche Schritte der
Deliktsplanung vollzieht.

A überredet B, eine Bank zu überfallen. A holt sämtliche erforderliche Informationen über die Bank ein, beschafft die Ausrüstung für den Überfall und
erstellt einen optimalen Fluchtplan für den B. Die Beute soll zwischen A und B geteilt werden. Den Überfall selbst nimmt der B allein vor, während der A mit
seiner Familie in Urlaub fährt. Kann A als Mittäter oder lediglich wegen Anstiftung bestraft werden?
• Theorien Streit
3. Subjektiver Tatbestand:
o Der Vorsatz muss das gemeinschaftliche Handeln umfassen.
o Nach der Tatherrschaftslehre muss der Täter mit Tatherrschaftswillen handeln, und objektive, bewusst vorgenommene Abweichungen vom Tatplan
durch einen Mittäter sind den anderen Mittätern nicht zuzurechnen.
o Ein error in persona durch einen Mittäter ist nach herrschender Meinung unbeachtlich, wenn die Tathandlung die Abmachungen nicht überschreitet
und die Verwechslung den Tatbestandsvorsatz unberührt lässt.

Prüfungsaufbau für die Mittäterschaft:


• Prüfung der tatnächsten Person:
o Erfüllt diese den Tatbestand allein und unproblematisch?
o Falls ja, behandeln Sie diese Person wie einen Alleintäter.
Strafrecht II
o Erwähnen Sie in diesem Kontext nicht die Zurechnungsnorm des § 25 Abs. 2 StGB.
• Erörterung der Mittäterschaft:
o Überlegen, ob andere Beteiligte als Mittäter in Betracht kommen.
o Prüfen, ob die Voraussetzungen der Mittäterschaft vorliegen.
o Dabei auf den gemeinsamen Tatplan, die gemeinschaftliche Tatbegehung, und die objektiven und subjektiven Voraussetzungen eingehen.
o Die Zurechnungsnorm des § 25 Abs. 2 StGB heranziehen, um die Handlung der bereits geprüften tatnächsten Person anderen Mittätern zuzurechnen.
o Untersuchen, ob der gemeinsame Tatplan weiterhin besteht, ob es Abweichungen gab und wie diese zu bewerten sind.
o Achten, ob es ggf. Ausscheidungen von Mittätern gab und wie sich diese auf den gemeinsamen Tatplan auswirken.
o Klären, ob eine sukzessive Mittäterschaft vorliegt, und welche Konsequenzen dies für die Zurechnung hat.
o Das gemeinsame Handeln im Hinblick auf die Voraussetzungen der Mittäterschaft beurteilen.
• Feststellung der Strafbarkeit:
o Für jeden potenziellen Mittäter erfolgt eine separate Betrachtung und Prüfung.
o Stellen Sie die Strafbarkeit jedes Mittäters fest und beziehen Sie die Zurechnungsnorm des § 25 Abs. 2 StGB mit ein, um die Handlung des
tatnächsten Beteiligten den anderen Mittätern zuzurechnen.
o Beachten Sie dabei die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für jede beteiligte Person.

A. Strafbarkeit des Tatnächsten


➔ üblicher Aufbau: Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld
B. Strafbarkeit des potentiellen Mittäters
I. Obj. Tatbestand
1. Taterfolg
2. ggf. Vorliegen selbst verwirklichter obj. Tatbestandsmerkmale des Delikts
3. Tathandlung: Zurechnung fehlender obj. Tatbestandsmerkmale über die Grundsätze der Mittäterschaft, § 25 II StGB
4. Obersatz: Möglicherweise kann B der Schlag der A gem. § 25 II zugerechnet werden. Um Mittäter zu sein, müssen A und B einen
gemeinsamen Tatplan gehabt und die Tat gemeinsam ausgeführt haben.
i. Gemeinsamer Tatentschluss
ii. gemeinsame Tatbegehung
II. Subj. Tatbestand
1. allg. Tatbestandvorsatz: insbes. Bewusstsein des arbeitsteiligen Handelns
2. deliktsspezifische subj. Merkmale (keine Zurechnung!)
III. RW/ Schuld

Fallgruppen und Prüfung bei fast identischen Handlungen:

• Handelnde Personen nehmen fast identische Handlungen vor oder erscheinen wie eine Person:
Strafrecht II
o Prüfen, ob besondere Umstände bei einer Person vorliegen (z.B., Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe).
o Falls keine besonderen Umstände vorliegen, prüfen Sie die Täter gemeinschaftlich.
o Deckt sich der Unrechtsgehalt der Handlungen und ist nicht erkennbar, wer welche Handlung vorgenommen hat, kann eine gemeinsame Prüfung
effizient sein.
o Bejahen Sie die Voraussetzungen der Mittäterschaft (gemeinsamer Tatplan + gemeinsame Ausführungshandlung) nach einer kurzen Prüfung.
• Täter verwirklichen nur gemeinsam einen bestimmten Tatbestand:

A schlägt auf den C ein, damit B diesem sein Portemonnaie wegnehmen kann, welches sich A und B rechtswidrig zueignen wollen (Raub
gem. § 249 StGB)
o Bei mehraktigen Delikten wie Raub, bei denen verschiedene Handlungen notwendig sind, ist die wechselseitige Zurechnung über § 25 Abs. 2
StGB eine zwingende Bedingung der Strafbarkeit für alle Beteiligten.
o Eine gemeinsame Prüfung vermeidet Verweisungen und ermöglicht eine zusammenhängende Darstellung.
o Beginnen Sie die Prüfung mit den gemeinsamen Handlungen und beziehen Sie die Zurechnungsnorm des § 25 Abs. 2 StGB ein, um die
Strafbarkeit für alle Beteiligten zu klären.

A. Strafbarkeit von A und B gem. §§ 249 I, 25 II:


I. Obj. Tatbestand
1. fremde, bewegliche Sache
2. Wegnahme (durch B)
3. Einsatz qual. Nötigungsmittel (durch A)
4. Wechselseitige Zurechnung gem. § 25 II:
(Obersatz: „Fraglich ist, ob A die Wegnahme durch B und B der Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels durch A gem. § 25 II zugerechnet
werden kann. Um Mittäter zu sein, müssen A und B einen gemeinsamen Tatplan gehabt und die Tat gemeinsam ausgeführt haben.“
a. Gemeinsamer Tatplan
b. Gemeinsame Tatausführung
5. Zusammenhang zw. Nötigung und Wegnahme
II. Subj. Tatbestand
1. allg. Tatbestandvorsatz: insbes. Bewusstsein des arbeitsteiligen Handelns
2. deliktsspezifische subj. Merkmale (keine Zurechnung!)
III. RW/ Schuld

Mittelbare Täterschaft:
• § 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB
• Begehung einer Straftat "durch einen anderen"
o mittelbare Täter (Hintermann) bedient sich eines Tatmittlers (Vordermann) der die Handlung vollzieht.
Strafrecht II
• Voraussetzungen:
o Strafbarkeitsmangel des Tatmittlers: Der Tatmittler muss einen Strafbarkeitsmangel aufweisen, wie das Fehlen eines Tatbestandsmerkmals,
Vorsatzlosigkeit, Rechtfertigung, Entschuldigung oder Schuldunfähigkeit.
o Eigenes Delikt des Tatmittlers: In seltenen Konstellationen wird diskutiert, ob mittelbare Täterschaft möglich ist, wenn der Tatmittler selbst voll
deliktisch handelt (Täter hinter dem Täter).
o Mittelbarer Beitrag des Hintermanns: Der Hintermann muss einen ursächlichen Beitrag zur Handlung des Tatmittlers leisten, sei es durch
Tatveranlassung oder Förderungshandlung.
o Handlung durch einen anderen Menschen: Die eigene Tat wird durch einen vom Täter verschiedenen Menschen begangen.
• Abgrenzung zu Anstiftung und Beihilfe:
o Sonderdelikte oder eigenhändige Delikte: Klären Sie, ob es sich bei der Haupttat um ein Sonderdelikt oder eigenhändiges Delikt handelt, dessen
Erfüllung eine besondere Täterqualität erfordert. Wenn ja, scheidet mittelbare Täterschaft aus.
o Steuerung der Fremdhandlung: Die Abgrenzung zu Anstiftung und Beihilfe erfolgt anhand der Tatherrschaftslehre und der gemäßigt-subjektiven
Theorie der Rechtsprechung.
o Nach der Tatherrschaftslehre liegt mittelbare Täterschaft vor, wenn der Hintermann durch überlegenes Wissen oder Wollen die Tatherrschaft
über den Tatmittler ausübt.
o Die subjektive Theorie der Rechtsprechung betont den Täterwillen (animus auctoris) und zieht objektive Kriterien wie die Tatherrschaft heran.
• Steuerung der Fremdhandlung:
o Die Steuerung der Fremdhandlung im Rahmen der mittelbaren Täterschaft erfolgt durch die Tatherrschaftslehre und die gemäßigt-subjektive
Theorie der Rechtsprechung.
• Subjektiver Tatbestand: Vorsatz zur mittelbar täterschaftlichen Deliktsverwirklichung:
o Der mittelbare Täter muss neben dem Vorsatz bezüglich aller Deliktsmerkmale auch das Tatherrschaftsbewusstsein haben.
▪ Schwierigkeiten:
• Der Hintermann nimmt irrig an, dass der Vordermann das Tatgeschehen beherrsche

A sagt B er soll C eine Spritze geben und geht hierbei davon aus, dass B wüsste, dass diese Gift enthält. B denkt aber, die Spritze enthalte
ein harmloses Schmerzmittel und verabreicht die Spritze. C stirbt.
▪ Objektiv: mittelbarer Täter +
▪ Subjetiktiv: Vorsatz –
▪ Wäre der Defekt beim Vordermann im Schuldbereich = Anstiftung (§26 StGB) / versuchte Anstiftung (§30 I StGB)
• Der Hintermann nimmt irrig an, dass er den Vordermann steuere

A sagt B, er solle C eine Spritze geben und denkt, B würde diese für ungefährlich halten. In Wirklichkeit weiß B, dass die Spritze Gift enthält
und verabreicht sie dem C. C stirbt.
▪ (rein) subjektiven Theorie: Täterschaft +
▪ Tatherrschaftslehre wegen volldeliktisch handelnden Vordermanns: Täterschaft –
• → versuchte mittelbare Deliktsbegehung
Strafrecht II
▪ Objektiv: Anstiftungslage
▪ Anstiftung –
• § 26 StGB: kein Vorsatz
▪ Anstiftung +
• Da der Vorsatz des mittelbaren Täters als Plus gegenüber dem Anstiftervorsatz diesen ebenfalls umfasse.
• Objektverwechslung durch den Tatmittler

A plant mit B einen Raub, bei dem B einen bestimmten Geschäftsinhaber (C) überfallen und ihm das Bargeld rauben soll. A weiß, dass C
ein markantes rotes Auto besitzt. Bei der Tatausführung überfällt B jedoch versehentlich einen anderen Geschäftsinhaber, D, der ebenfalls ein
rotes Auto fährt. B begeht den Raub, ohne zu bemerken, dass es nicht das beabsichtigte Opfer C ist.
▪ Error in persona vel objecto beim Tatmittler, stellt nach herrschender Lehre einen Aberratio ictus dar.
▪ Ob der Hintermann für die Vollendung haftet, hängt davon ab, ob er dem Vordermann ein bereits
individualisiertes Ziel genau vorgegeben hat (Aberratio ictus) oder ob er die Konkretisierung des Ziels dem
Vordermann überlassen hat (Täter haftet für Vollendung).
• Strafbarkeitsdefizit des Tatmittlers:
o Wenn der Vordermann für die Tat strafrechtlich verantwortlich ist, ist er selbst Täter.
o Charakteristisch für die mittelbare Täterschaft ist die "Werkzeugqualität" des Tatmittlers, die ein Verantwortungsdefizit voraussetzt.
▪ Tatbestandslos und vorsatzlos handelndes Werkzeug:
• Tatbestandslos handelt das Werkzeug, wenn es den objektiven Tatbestand nicht erfüllt (z. B. Selbstverletzung).
• Vorsatzlos handelt das Werkzeug, wenn der Hintermann beim Tatmittler einen Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs.1 S.1 StGB
hervorruft und diesen ausnutzt.
▪ Rechtswidrig handelndes Werkzeug:
• Der Hintermann kann einen Vordermann in eine Tatsituation bringen, in der dieser rechtmäßig einen Tatbestand verwirklicht,
was zur mittelbaren Täterschaft führt.
▪ Schuldlos oder entschuldigt handelndes Werkzeug:
• Kinder (§ 19 StGB) und Schuldunfähige (§ 20 StGB) handeln schuldlos.
• Bei Jugendlichen wird auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit nach § 3 JGG geprüft.
• Ein vermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 StGB) beim Vordermann kann zur mittelbaren Täterschaft führen.
• Die Herbeiführung eines Nötigungsnotstandes gemäß § 35 StGB kann ebenfalls eine mittelbare Täterschaft begründen.
▪ Absichtslos-doloses Werkzeug (Diskussion im Zusammenhang mit § 242 StGB):
• Problematisch, wenn der Vordermann bösgläubig handelt, jedoch ohne (Dritt-)Zueignungsabsicht.
▪ Vordermann kann nicht Täter sein, obwohl er genau weiß, was er tut. Der Hintermann wäre auch nicht als
Anstifter zu bestrafen, weil keine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vorliegt.
• Umstritten, ob die Tatherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft durch eine formal-juristische
Unterlegenheit begründet werden kann oder psychisches Übergewicht des Hintermanns erforderlich ist.
Strafrecht II
• psychologisierende Betrachtung:
o mittelbare Täterschaft –
o argumentiert, dass ein vorsätzlich handelnder Vordermann in einem Nachrangverhältnis zum
Hintermann steht und als Werkzeug betrachtet wird, Selbst wenn der Vordermann den
Charakter der Tat versteht.
▪ verlangt zum Strafbarkeitsmangel
1. Beeinträchtigung der Entscheidungsmacht des Vordermanns für sein Tun oder
2. Reale Einflussmacht des Hintermanns auf die Psyche des Werkzeugs.
• Herrschende Normative Tatherrschaftslehre:
o rein juristischen, normativen Tatherrschaftsverständnis
o fehlenden Deliktsstrafbarkeit = mangelnde Verantwortlichkeit des Vordermanns
o Pflichtenbindung bzw. der deliktsspezifischen Absicht des Hintermanns = rechtliches
übergewicht.
• Qualifikationslos-dolos Werkzeug
• Täter hinter dem Täter
o Mittelbare Täterschaft kraft organisatorischen Machtapparats:
▪ Diese Konstellation bezieht sich auf Fälle, in denen eine Person als mittelbarer Täter agiert, weil sie einen Machtapparat organisiert hat,
der die Straftat ausführt.
▪ Kriterien für Organisationsherrschaft: Anordnungsgewalt, Rechtsgelöstheit des Machtapparats, Fungibilität des Ausführenden und
erhöhte Tatbereitschaft des Ausführenden.
o Vermeidbarer Verbotsirrtum und mittelbare Täterschaft:
▪ In Fällen, in denen der Hintermann einen vermeidbaren Verbotsirrtum beim unmittelbaren Täter lenkt, wird nach der herrschenden
Meinung eine mittelbare Täterschaft angenommen.
▪ Das Verantwortungsprinzip wird nicht als Hindernis betrachtet, da der unmittelbare Täter, genauso wie jemand im unvermeidbaren
Verbotsirrtum, kein aktuelles Unrechtsbewusstsein hat.
o Manipulierter "error in persona" und mittelbare Täterschaft:
▪ In Situationen, in denen der Hintermann das Opfer im "error in persona" bewusst austauscht, wird die Frage nach der Strafbarkeit des
Hintermanns diskutiert.
▪ Einige befürworten die mittelbare Täterschaft, da der Hintermann den Austausch planvoll steuert und die Tatherrschaft über das
Geschehen behält.
o Irrtum über qualifizierende Umstände und Strafbarkeit:
▪ Bei einem Irrtum über qualifizierende Umstände wird darüber diskutiert, ob der Hintermann mittelbarer Täter oder Anstifter zum
Grunddelikt ist.
▪ Es wird zwischen tat- und täterbezogenen Merkmalen unterschieden, wobei bei tatbezogenen Merkmalen die mittelbare Täterschaft
möglich ist, während bei täterbezogenen Merkmalen der Hintermann als Teilnehmer betrachtet wird.

Strafrecht II
o Irrtum über die Höhe des Schadens und mittelbare Täterschaft:
▪ Ein gradueller Tatbestandsirrtum, bei dem der Irrtum über die Höhe des angerichteten Schadens besteht, wird teilweise als Fall für
mittelbare Täterschaft betrachtet.
▪ Kritiker argumentieren jedoch, dass das Verantwortungsprinzip nicht vernachlässigt werden sollte, und schlagen vor, den Hintermann
als Anstifter zu bestrafen.

Prüfungsaufbau
A. Strafbarkeit des Tatnäheren
→ üblicher Aufbau: Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld
Grundsätzlich scheitert eine Strafbarkeit hier deshalb, weil der Vordermann auf der Tatbestands-, Rechtswidrigkeits- oder Schuldebene ein Defizit
aufweist.
B. Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter
I. Vorprüfung: Fehlt offensichtlich die Täterqualität (Sonderdelikt/ eigenhändiges Delikt), ist auch die mittelbare Täterschaft abzulehnen.
II. Obj. Tatbestand
1. Vornahme der Tathandlung durch den Hintermann (-)
➢ Verweis auf den Tatnäheren, aber:
2. eventuell Zurechnung der Handlung des Vordermanns gem. § 25 I Alt.2 StGB?
➢ zurechenbare Verursachung der Tatbestandsverwirklichung durch tatbeherrschende Steuerung der Fremdhandlung
➢ (wobei ggf. zur Teilnahme abzugrenzen ist)
3. deliktsspez. äußere Merkmale bezogen auf den Hintermann
III. Subj. Tatbestand
1. allg. Tatbestandvorsatz
➢ insbes. Vorsatz zur mittelbar täterschaftlichen Deliktsverwirklichung (Tatherrschaftsbewusstsein) 2.
2. deliktsspezifische subj. Merkmale
IV. III. RW/Schuld

Beteiligungslehre: Teilnahme
• Akzessorietät der Teilnahme:
o Anstiftung und Beihilfe sind Formen der Teilnahme, die auf einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat eines anderen basieren.
o Der Schuldspruch und die Strafmaßbemessung richten sich nach der Haupttat.
• Voraussetzungen für Teilnahme:
o Teilnahme ist nicht möglich, wenn die Haupttat
▪ tatbestandslos,
▪ unvorsätzlich,
▪ fahrlässig oder
Strafrecht II
▪ gerechtfertigt ist.
• Mögliche Teilnahme an:
o Vollendeten Begehungsdelikten oder Unterlassungsdelikten.
o Versuchten Begehungs- oder Unterlassungsdelikten, da der Versuch als vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat gilt.
o Erfolgsqualifizierten Delikten, da diese gemäß § 11 Abs. 2 StGB als Vorsatzdelikte gelten.
• Besondere Prüfung bei erfolgsqualifizierten Delikten:
o Der Teilnehmer muss gesondert darauf geprüft werden, ob ihm bezüglich der schweren Folge wenigstens Fahrlässigkeit vorgeworfen werden
kann.
o Gemäß § 29 StGB ist jeder Beteiligte nach seiner eigenen Schuld zu bestrafen.
• Grundsatz der limitierten Akzessorietät
• Konsequenzen:
o Selbst bei schuldlosem Handeln des Haupttäters ist eine Teilnahme möglich.
o Beispiele: Schuldunfähigkeit, Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes, Erlaubnistatbestandsirrtum.
• Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung:
o Bei einem strafbefreienden Rücktritt des Haupttäters darf die Möglichkeit der Teilnahmestrafbarkeit nicht übersehen werden.
• Unterscheidung:
o Mittelbare Täterschaft, wenn der Beteiligte die fehlende Schuld des unmittelbar Handelnden kennt und zur Tatbegehung ausnutzt.
o Anstiftung, wenn der Beteiligte die fehlende Schuld des unmittelbar Handelnden nicht kennt.
• Beachtung von §§ 26, 27 StGB:
o §§ 26 und 27 StGB setzen keine strafbare Haupttat voraus.
o Auch bei einem strafbefreienden Rücktritt des Haupttäters darf die Möglichkeit der Teilnahmestrafbarkeit nicht übersehen werden.
• Erlaubnistatbestandsirrtum des Haupttäters:
o Bei einem Erlaubnistatbestandsirrtum des Haupttäters stellt sich die Frage, ob eine teilnahmefähige vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vorliegt.
• Teilnahme am Versuch/versuchte Teilnahme:
o Unterscheidung zu §§ 26, 27 StGB:
▪ §§ 26 und 27 gelten unabhängig davon, ob die Haupttat vollendet oder versucht wurde.
▪ Versuchte Teilnahme ist in § 30 Abs. 1 StGB geregelt und bezieht sich auf die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen.
o Rücktrittsmöglichkeit und Straflosigkeit:
▪ Im Fall der versuchten Anstiftung besteht eine Rücktrittsmöglichkeit nach § 31 StGB.
▪ Versuchte Beihilfe ist straflos.
o Strafgrund der Teilnahme:
▪ Theorien:
▪ Relevanz in der Fallbearbeitung:
• In Normalfällen spielt der Strafgrund der Teilnahme keine Rolle und bedarf keiner Erwähnung.
• Kann relevant werden, wenn der Haupttäter ein Rechtsgut angreift, das dem Teilnehmer gegenüber nicht geschützt ist.
Strafrecht II
Prüfungsaufbau
Akzessorietät der Teilnahme und Prüfungsaufbau:

▪ Grundsatz: Täterschaft vor Teilnahme beachten.


▪ Bei Unsicherheiten zu Mittäterschaft oder mittelbarer Täterschaft: Erst die Strafbarkeit des Teilnehmers als Täter prüfen, dann auf Anstiftung oder Beihilfe
eingehen.
A. Strafbarkeit des Haupttäters
B. ggf: Strafbarkeit des Teilnehmers als potentieller Mittäter oder mittelb. Täter
C. Strafbarkeit des Teilnehmers (§ 26/ § 27)
I. Obj. Tatbestand
1. Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat
Die Haupttat muss nicht schuldhaft begangen sein. Auch ein Rücktritt des
Haupttäters ändert nichts daran, dass eine für die Anstiftung taugliche Vortat
vorliegt.
2. Teilnahmehandung
▪ bei der Anstiftung: Bestimmen zur Haupttat
▪ bei der Beihilfe: Fördern der Haupttat durch Hilfeleisten
II. Subj. Tatbestand
Vorsatz:
1. bzgl der Haupttat
2. bzgl des Bestimmens/ Förderns
3. gerichtet auf die Vollendung der Haupttat
IV. RW/Schuld

Subjektiver Tatbestand:

• Vorsatz des Anstifters und Gehilfen erstreckt sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale, dolus eventualis genügt.
• "Doppelter" Teilnehmervorsatz bezeichnet die Bezugspunkte des Vorsatzes in Haupttat und Bestimmen bzw. Hilfeleisten.
• Bezugspunkte des Vorsatzes: Alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der Haupttat sowie die Begehung einer "rechtswidrigen" Tat.
• Fehlt der Vorsatz bezüglich eines Elements, liegt ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum vor (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB).
• Vorsatz muss sich auf die Teilnahmehandlung beziehen (Bestimmen oder Hilfeleisten).
• Bei Strafgrund der Teilnahme: Teilnehmervorsatz muss sich auf die Begehung einer vollendeten Tat richten.
• Besondere Fälle: Fallkonstellationen wie der Einsatz von Agent provocateurs, Lockspitzeln oder Diebesfallen könnten von der Strafbarkeit ausgenommen
sein.

Anstiftung nach § 26 StGB:

Strafrecht II
• Anstiftungshandlung: Bestimmen
o Anstifter muss einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt.
• Auslegung des Begriffs "Bestimmen":
o Verursachung des Tatentschlusses durch beliebige Mittel (eine Auffassung).
o Notwendigkeit eines "Unrechtspakts" zwischen Anstifter und Täter (eine Ansicht).
o Herrschende Meinung: Offener geistiger Kontakt für Willensbeeinflussung erforderlich, omnimodo facturus kann nicht mehr angestiftet werden.
o Anstiftung durch Unterlassen nur nach der Verursachungstheorie möglich; Kommunikationstheorie und Unrechtspaktstheorie lehnen Anstiftung
durch Unterlassen ab.
• Besondere Fälle:
o Anstiftung zur anderen Tat (Umstiftung) stellt eine Anstiftung zu dieser neuen Tat dar.
o Anstiftung zur leichteren Tat (Abstiftung) ist straflos, da der Täter bereits tatentschlossen war.
o Umstritten: Anstiftung zu qualifizierter Form des Grunddelikts (Hoch- bzw. Aufstiftung).
• Theorien zur Hoch- bzw. Aufstiftung:
• Versuch der Anstiftung:
o Gemäß § 30 StGB prüfen, wenn konkreter Tatentschluss nicht hervorgerufen wurde oder bereits bestand.

Subjektiver Tatbestand der Anstiftung:

• Bestimmtheit der Haupttat:


o Haupttat muss nicht in allen Einzelheiten, aber in Grundzügen, wesentlichen Merkmalen und möglichen Tätern vom Vorsatz erfasst werden.
o Vorsatz muss ausreichend viele Einzelheiten erfassen, um die Tat als konkret-individualisierbares Geschehen erkennbar zu machen.
• Exzess des Täters:
o Ein Exzess des Täters belastet den Anstifter nicht.
o Bei Erfolgsqualifikation haftet der Anstifter nur bei Fahrlässigkeit (§§ 11 Abs. 2; 18 StGB).
• Agent Provocateur:
o Ein sogenannter "agent provocateur," der einen anderen zur Tat anstiftet, aber deren Verhinderung durch rechtzeitiges Eingreifen beabsichtigt,
handelt ohne erforderlichen Vorsatz.
• Unbeachtlichkeit der Objektverwechslung:
o H.M.: Fehler des Täters in der Objektverwechslung ist für den Anstifter unbeachtlich, da die Tat aus dem in ihm hervorgerufenen Vorsatz
begangen wurde.
o Andere Auffassung: Objektverwechslung des Täters entspricht einer aberratio ictus des Anstifters; Anstifter ist nur wegen versuchter Anstiftung in
Tateinheit mit fahrlässiger Täterschaft zu bestrafen.
o Flexible Handhabung im Einzelfall: Beachtlichkeit des Irrtums für den Anstifter nur, wenn die Abweichung wesentlich ist und außerhalb der
Grenzen des Voraussehbaren liegt. Berücksichtigung, inwieweit der Anstifter die Individualisierung des Opfers dem Haupttäter überlassen hat.

Beihilfe, § 27 StGB:

Strafrecht II
• Beihilfehandlung: Förderung der Haupttat durch Hilfeleisten:
o Jede Handlung, die die Haupttat ermöglicht, erleichtert oder die Rechtsgutsverletzung verstärkt, ist Beihilfe.
o Physische oder psychische Beihilfe ist möglich.
o Beihilfe kann auch durch Unterlassen erfolgen, wenn eine Garantenpflicht besteht.
• Kausalität der Beihilfe:
o Rechtsprechung: Gehilfentätigkeit muss die Handlung des Täters (irgendwie) gefördert haben.
o Lehre: Beihilfe muss kausal für den Erfolg der Haupttat gewesen sein, Verstärkerkausalität genügt.
• Stadien der Beihilfe:
o Beihilfe kann in verschiedenen Stadien der Haupttat erfolgen, auch im Vorbereitungsstadium.
o Gehilfenbeitrag muss bis zur Vollendung wirksam sein; sukzessive Beihilfe ist möglich.
• Überschneidungen mit § 257 StGB:
o Vor Vollendung: Beihilfe; nach Beendigung: § 257 StGB.
o Fraglich bei Übergang zwischen Vollendung und Beendigung; Rechtsprechung richtet sich nach Vorstellung und Willensrichtung der Beteiligten.
• Strafbare Beihilfe durch neutrale Handlungen:
o Umstritten, ob strafbare Beihilfe durch äußerlich neutrale, alltägliche oder berufstypische Handlungen möglich ist.
o Ansichten: Keine Ausnahmen für geschäftsmäßige Tätigkeiten; Sozialadäquanz, professionelle Adäquanz, objektive Zurechnung, innere
Willensrichtung sind zu beachten.

Subjektiver Tatbestand der Beihilfe, § 27 StGB:

• Unterschied zu Anstiftung: Unterschiedliche Anforderungen an die Bestimmtheit des Teilnahmevorsatzes.


• Gehilfenvorsatz:
o Gehilfe hat nicht zwingend einen bestimmten Taterfolg vor Augen.
o Erbringt einen von der Haupttat losgelösten Beitrag.
o Strebt die Haupttat nicht notwendigerweise an.
o Weiß oder nimmt billigend in Kauf, dass sein Handeln als unterstützender Bestandteil einer Straftat wirken kann.
• Beihilfehandlung:
o Gehilfe gibt dem Täter willentlich ein entscheidendes Tatmittel an die Hand.
o Bewusstes Erhöhen des Risikos, dass eine durch den Einsatz dieses Mittels typischerweise geförderte Haupttat verübt wird.
• Vorsatz:
o Muss sich nicht auf ein "konkret-individualisiertes Geschehen" beziehen.
o Fazit: Der Gehilfenvorsatz bei der Beihilfe ist allgemeiner und weniger konkret als der Vorsatz des Anstifters, da der Gehilfe einen
unterstützenden Beitrag leistet, ohne zwingend einen bestimmten Taterfolg im Blick zu haben.

9. Tötungsdelikte – Teil III


Besondere persönliche Merkmale, § 28 StGB:
Strafrecht II
• Akzessorietät der Teilnahme:
o Anstiftung und Beihilfe hängen von einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat ab.
o Limitierte Akzessorietät: Teilnahme setzt vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat voraus, unabhängig von der Schuld des Haupttäters.
• Grundsatz der limitierten Akzessorietät:
o Fehlende teilnahmefähige Haupttat bei vorsatzloser oder tatbestandsloser Handlung des Haupttäters, Nichterfüllung besonderer subjektiver
Tatbestandsmerkmale oder Rechtfertigung.
• Tatmotive und Tätereigenschaften bei mehreren Beteiligten:
o Grundsatz der Strafbarkeit des Teilnehmers abhängig von der Strafbarkeit des Haupttäters gilt nicht uneingeschränkt.
o Mögliche Akzessorietätslockerung oder Akzessorietätsdurchbrechung nach § 28 StGB.
• Besondere persönliche Merkmale nach § 14 Abs. 1 StGB:
o Täterbezogene Merkmale, kennzeichnen den persönlichen Unwertgehalt einer Tat.
o Nicht tatbezogene Merkmale, die den sachlichen Unwertgehalt der Tat kennzeichnen, fallen nicht unter § 28 StGB.
• § 28 Abs. 1 StGB - Strafrahmenverschiebung:
o Bei Fehlen eines strafbegründenden persönlichen Merkmals erfolgt eine Strafrahmenverschiebung zugunsten des Teilnehmers.
• § 28 Abs. 2 StGB - Tatbestandsverschiebung:
o Regelung für Fälle, in denen besondere Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen.
• Bedeutung der persönlichen Merkmale:
o Frage, ob persönliche Merkmale strafbegründend, strafschärfend, strafmildernd oder strafausschließend sind.
• Ermittlung im Einzelfall:
o Feststellung, ob besondere persönliche Merkmale vorliegen, unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des jeweiligen Tatbestands.

Strafrahmenverschiebung, § 28 Abs. 1 StGB:

• Anwendungsbereich:
o Bei strafbegründenden besonderen persönlichen Merkmalen.
o Regelung: Die Strafe des Teilnehmers ohne vorliegendes Merkmal ist nach § 49 Abs.1 StGB zu mildern.
• Unterscheidung:
o Fehlt das strafbegründende persönliche Merkmal beim Teilnehmer, während es beim Täter vorliegt:
o Keine Anwendung von § 28 Abs. 1 StGB.
o Teilnehmerstrafbarkeit scheitert, da bereits an der Haupttat fehlt.
• Funktion:
o Strafzumessungsregel für nicht qualifizierte Teilnehmer.
o Strafbegründende Merkmale schaffen eigenständige Delikte (z.B. Amtsträgereigenschaft, Vermögensbetreuungspflicht).
• Prüfung:
• In der Klausur nach der Schuld des Teilnehmers zu prüfen.
• Tatbestandsverschiebung, § 28 Abs. 2 StGB:
Strafrecht II
• Anwendungsbereich:
o Bei besonderen persönlichen Merkmalen, die strafscharfend, strafmildernd oder strafausschließend wirken.
• Wirkung:
o Gilt nur für den Beteiligten, bei dem die Merkmale vorliegen.
o Tatbestandsverschiebung zwischen Tatbestand und Rechtswidrigkeit.
• Beispiele:
o Strafschärfend: Höhere Strafdrohung, z.B. Anvertrautsein der Sache (§ 246 Abs. 2 StGB).
o Strafmildernd: Merkmale nach §§ 21, 35 StGB.
o Strafausschließend: Z.B. § 258 Abs. 6 StGB bei Angehörigen.
• Prüfung:
o Zwischen Tatbestand und Rechtswidrigkeit für den betroffenen Beteiligten zu prüfen.

Täterschaft und Teilnahme bei Tötungsdelikten - § 28 StGB

Diskussion ob § 28 Abs. 1 oder Abs. 2 maßgeblich ist. Die Auseinandersetzung um den richtigen Aufbau der Tötungsdelikte, insbesondere ob Mord eine
unselbstständige Qualifikation oder ein eigenständiges Delikt ist, beeinflusst die Bewertung.

• Mordmerkmale der 2. Gruppe (tatbezogene Merkmale):


o Anwendung von § 28 StGB: Nein.
o Geltende Regeln: Allgemeine Teilnahme- und Vorsatzregeln.
o Teilnehmerstrafbarkeit: Bei Kenntnis des Teilnehmers von Mordmerkmalen erfolgt die Bestrafung wegen Teilnahme am Mord. Fehlt die Kenntnis,
liegt ein Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB vor, und der Teilnehmer wird nur wegen Teilnahme am Totschlag bestraft.
• Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe (täterbezogene Merkmale):
o Umstritten: Anwendung von § 28 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB.
o Rechtsprechung (§ 28 Abs. 1): Der Teilnehmer wird unabhängig von eigenen besonderen persönlichen Merkmalen stets aus demselben Delikt
bestraft wie der Täter. Es erfolgt jedoch eine Verschiebung des Strafrahmens gemäß § 49 StGB.
o Literatur (§ 28 Abs. 2): Die Strafschärfung gilt nur für denjenigen Beteiligten, bei dem das besondere persönliche Merkmal vorliegt. Die
Teilnehmerstrafbarkeit hängt allein davon ab, ob der Teilnehmer das Merkmal erfüllt.
• Vorzugswürdige Ansicht (Literaturansicht):
o Begründung:
▪ Wortlaut des Gesetzes: Betonung des Gesetzeswortlauts wird hinterfragt.
▪ Kriminalpolitische Zielsetzung: Gesetz öffnet nur in § 28 Abs. 2 StGB die Möglichkeit der Akzessorietätsdurchbrechung.
• Fazit: Der herrschenden Lehre wird aufgrund der genannten Gründe der Vorzug gegeben.

Prüfungsaufbau für den Teilnehmer bei Tötungsdelikten


• Literatursicht:

Strafrecht II
o
Prüfung täterbezogener Mordmerkmale beim Teilnehmer:
▪ Feststellung, ob der Teilnehmer in seiner Person täterbezogene Mordmerkmale erfüllt.
o Teilnahme am Mord:
▪ Bei Vorliegen täterbezogener Mordmerkmale: Teilnahme am Mord.
▪ Bei Nichterfüllung täterbezogener Mordmerkmale: Prüfung einer Teilnahme am § 212 StGB.
• Rechtsprechung:
o Verneinung der Mordmerkmale beim Haupttäter:
▪ Falls die Mordmerkmale beim Haupttäter verneint werden, fehlt es an der Haupttat, und eine Mordstrafbarkeit ist ausgeschlossen.
o Vorliegen von täterbezogenen Mordmerkmalen:
▪ Wenn mindestens ein täterbezogenes Mordmerkmal vorliegt und der Teilnehmervorsatz bejaht wird:
• Prüfung von § 28 Abs. 1 StGB und Strafrahmenverschiebung:
o Obligatorische Strafmilderung, wenn der Haupttäter ein täterbezogenes Mordmerkmal erfüllt, das beim Teilnehmer nicht
vorliegt.
o Ausnahme für "gekreuzte" Mordmerkmale:
▪ Berücksichtigung bei unterschiedlichen täterbezogenen Merkmalen zwischen Täter und Teilnehmer:
• § 28 Abs. 1 StGB greift nicht, wenn der Teilnehmer ein anderes täterbezogenes Merkmal als der Haupttäter erfüllt.
o Begründung: Unbilligkeit einer Strafrahmenverschiebung, wenn Täter und Teilnehmer verschiedene täterbezogene
Merkmale aufweisen.

Strafrecht II
Definitionen, Prinzipien, Lehren/Theorien und Meinungsstreiten im Überblick
Definitionen Alle Lehren/Theorien und Prinzipien im Meinungsstreiten
Überblick
§211 StGB:
Subjektive Theorie Habgier
Heimtückisch: Strafgrund des Versuchs in der "Betätigung des • Einige Ansichten (+): Habgier gilt, da § 211
verbrecherischen Willens". StGB jede vorsätzliche Tötung zur Erzielung
wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst
wirtschaftlicher Vorteile pönalisieren soll.
zur Tötung ausnutzt.
o Arglosigkeit: Fehlende Erwartung
Eindruckstheorie • Andere Ansichten (-): Habgier nicht
eines erheblichen Angriffs auf Die auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete anwendbar, da rechtmäßiger Vorteil gemäß
Körper oder leben. Betätigung des Willens muss geeignet sein, das restriktiver Auslegung der Mordmerkmale
o Wehrlosigkeit: Unfähigkeit zur Vertrauen der Allgemeinheit in die Sicherheit der nicht erfasst wird. Gewalt zur Durchsetzung
Verteidigung infolge von Rechtsgüter und in die Geltung der Rechtsordnung berechtigter Interessen wird in anderen
Arglosigkeit; starke Einschränkung zu erschüttern. Straftatbeständen als geringeres Unrecht
der natürlichen betrachtet (z.B. §§ 249, 253, 255 StGB).
Abwehrbereitschaft. Zwischenaktstheorie:
Ein Versuch liegt vor, wenn zwischen der Handlung Verdeckungsmord durch Unterlassen
Grausam: des Täters und der Tatbestandsverwirklichung kein • Entsprechung gemäß § 13 StGB Literatur:
Das Zufügen von Qualvollen Schmerzen oder weiterer wesentlicher Zwischenschritt mehr liegt. o die Gleichwertigkeit des
Qualen, die über das für Tötung notwendige Maß Unterlassens mit dem Handeln
hinausgeht. Gefährdungstheorie: gemäß § 13 StGB zu verneinen ist.
Ein Versuch ist anzunehmen, wenn der Täter o Beim aktiven Verdeckungsmord
Gemeingefährliche Mittel: Handlungen vornimmt, die nach seinen durch Tun wird vom Täter verlangt,
Solche, die der Täter nicht kontrollieren kann und Vorstellungen das geschützte Rechtsgut bereits nicht weiter zu töten und sich
eine Gefahr für eine unbestimmte Anzahl von konkret gefährden oder die Gefahr der möglicherweise der Gefahr der
Menschen darstellen. Tatbestandsverwirklichung schaffen. Strafverfolgung auszusetzen.
o Beim Verdeckungsmord durch
Mordlust: Sphärentheorie: Unterlassen müsste der Täter aktiv
Freude an der Vernichtung menschliches Leben Ein Versuch liegt vor, sobald der Täter in die versuchen, das Opfer zu retten und
Schutzsphäre des Opfers eingedrungen ist, und sich ebenfalls der Gefahr der
zwischen der Tathandlung und dem angestrebten Strafverfolgung aussetzen. Daher
Habgier:
Erfolgseintritt ein enger zeitlicher Zusammenhang sei das Unterlassen weniger
Tötung eines Menschen aus rücksichtslosen
besteht. kriminell.
streben nach Gewinn oder materielle Güter
• Gegensicht des BGH:

Strafrecht II
o beim Verdeckungsmord durch
Feindselige Willensrichtung: Jetzt-Geht-Es-Los-Formel: Unterlassen der Täter nur die
Handlung derjenige, der nicht zum Besten des Ein Versuch ist gegeben, wenn der Täter die Rettung des Opfers unterlässt,
Opfers zu handeln glaubt. Schwelle zum „jetzt geht es los“ bezüglich der während er beim Begehungsdelikt
Tatbestandsverwirklichung überschreitet. aktiv eine weitere Tat zur
Verdeckungsabsicht: Verdeckung begeht.
Das Verhalten zielt darauf ab, dass das Kombinationstheorie (h.M.): o bei einer Garantenstellung aus
Bekanntwerden der Vortat oder des Täters zu • Ein unmittelbares Ansetzen liegt vor, wenn Ingerenz, bei der der Täter zuvor
verhindern / Aufklärung zu erschweren der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt die Gefahr geschaffen hat, deren
geht es los“ überschritten hat, und sein Abwendung er nun unterlässt,
Ermöglichungsabsicht: Verhalten so eng mit der tatbestandlichen besteht kein Unterschied.
Wenn der Täter durch den Mord eine andere Ausführungshandlung verknüpft ist, dass o → Der Handlungsunwert sei in
Straftat fördern möchte bei ungestörtem Fortgang des Geschehens beiden Fällen gleich, da die
ohne wesentliche Zwischenakte mit der Untätigkeit auf einem selbst
Hilflose Lage: Tatbestandsverwirklichung zu rechnen ist. verursachten Handlungsappell
Situation, in der eine drohende Gefahr auf O • Bloße Vorbereitungshandlungen sind beruht.
besteht und aus dessen Sicht nicht aus eigener demgegenüber solche, die die Ausführung
Kraft sich befreien kann. der (für einen späteren Zeitpunkt Rechtsprechung:
geplanten) Tat nur ermöglichen oder Unterscheidet, ob der Täter sicher ist, dass das
Sonstige niedrige Beweggründe erleichtern sollen. Opfer in den Wirkungskreis des Tatmittels gelangt
Alle Tattriebe, die allgemein als besonders (Versuchsbeginn zu dem Zeitpunkt, in dem der
verachtenswert gelten und auf tiefster moralischer Abgrenzungstheorien der Mittäterschaft Täter das Geschehen aus der Hand lässt) oder ob
Stufe stehen. und Teilnahme er ein Erscheinen des Opfers lediglich für möglich
hält (unmittelbares Ansetzen erst, wenn das Opfer
Formal-objektive Theorie (heute nicht mehr
tatsächlich erscheint).
vertreten):
• Täter ist nur, wer die Tatbestandsmerkmale
ganz oder teilweise selbst verwirklicht.
Herrschende Lehre:
Diese Theorie kann insbesondere die in § Ein Versuchsbeginn liegt vor, wenn der Täter die
25 I Var. 2 StGB gesetzlich anerkannte Figur Herrschaft über das Geschehen aus der Hand gibt
der mittelbaren Täterschaft nicht erklären. oder wenn das Opfer nach der Vorstellung des
Extrem-subjektive Theorie (überholt und mit § 25 I Täters in den Wirkungskreis des Tatmittels tritt.
Var. 1 StGB nicht vereinbar):
• Nach dieser Theorie kann der Täter selbst
dann nur Gehilfe sein, wenn er alle
Tatbestandsmerkmale eigenhändig
verwirklicht, sofern er die Tat nur als
fremde und nicht als eigene will.

Strafrecht II
Gemäßigte subjektive Theorie (Rechtsprechung):
• Grundsätzlich ist derjenige Täter, der mit
Täterwillen handelt und die Tat als eigene
will (animus auctoris).
• Teilnehmer ist derjenige, der
Teilnehmerwillen aufweist und die Tat als
fremdes veranlassen oder fördern will
(animus socii).
• Eine wertende Gesamtbetrachtung der
subjektiven Einstellung des Täters zur Tat
wird vorgenommen, wobei auch objektive
Kriterien eine Rolle spielen.
• Diese Auffassung wird als normative
Kombinationstheorie bezeichnet.

Materiell-objektive Tatherrschaftslehre (Literatur):


• Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist die
Tatherrschaft.
• Täter ist derjenige, der den vom Vorsatz
umfassten tatbestandsmäßigen
Geschehensablauf "in den Händen hält"
und die planvoll lenkende oder
mitgestaltende Tatherrschaft besitzt.
• Teilnehmer ist derjenige, der die Tat ohne
eigene Tatherrschaft als "Randfigur"
veranlasst oder fördert, das Ob und Wie
der Tat aber vom Willen eines anderen
abhängig macht.

Theorienstreit:
• Subjektive Theorie: Interesse an der
Tatbestandsverwirklichung reicht aus.
• Enge Tatherrschaftslehre: Handeln im
Ausführungsstadium erforderlich.
• Weite Tatherrschaftslehre: Mitwirkung in
der Deliktsplanung kann genügen.

Strafrecht II
• Sukzessive Mittäterschaft: Eintritt in eine
bereits begonnene
Tatbestandsverwirklichung ist
unproblematisch, wenn im Einvernehmen
die Tat noch in der strafbaren
Versuchsphase ist oder formell vollendet,
aber nicht tatsächlich beendet ist.
• die Mittäterschaft ausgeschlossen, wenn
die Tat nicht nur vollendet, sondern
tatsächlich beendet ist.

Grundsatz der limitierten Akzessorietät:


• Die limitierte Akzessorietät besagt, dass
die Haupttat (nur) vorsätzlich und
rechtswidrig sein muss, aber nicht
schuldhaft. Die Schuld des Haupttäters ist
nicht erforderlich.

Akzessorietätsorientierte
"Verursachungstheorie":
Strafgrund leitet sich aus der mittelbaren
Rechtsgutsverletzung ab, die sich aus der
Teilnahme an dem Unrecht der Haupttat ergibt.

Theorie vom akzessorischen


Rechtsgutsangriff:
Bezieht das Handlungsunrecht des Teilnehmers ein,
indem sie einen selbstständigen Rechtsgutsangriff
annimmt.

Aliud-Theorie:
Nur Anstiftung zu eigenem Tatbestand möglich,
sonst psychische Beihilfe.

Strafrecht II
Unwertsteigerungstheorie:
Anstiftung zum Tatganzen möglich, wenn
Unrechtsgehalt erheblich erhöht wird.
• Kritik: Zu weit, wenn Unrechtsänderung
nur quantitativ ist; psychische Beihilfe wäre
angemessen.

Strafrecht II

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