Der Berglemming (Lemmus lemmus) ist eine der Arten der Echten Lemminge (Lemmus), aus der Familie der Wühler (Unterfamilie: Wühlmäuse), die in subarktischen und arktischen Gebieten Skandinaviens und der Kolahalbinsel lebt. In ihrem Lebensraum sind sie die häufigste Kleinsäuger und daher die wichtigsten Beutetiere für Polarfüchse, Vielfraße, Hermeline und Greifvögel.[1]
Berglemming | ||||||||||||
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Berglemming (Lemmus lemmus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lemmus lemmus | ||||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Merkmale
Die Kopfrumpflänge eines Berglemmings beträgt 8 bis 14 cm, hinzu kommt ein nur 2 cm langer Schwanz. Sie wiegen 40 bis 110 Gramm und haben eine gedrungene Gestalt, die in Größe und Erscheinungsbild an Hausmeerschweinchen erinnert. An den Vorderfüßen verfügen sie über lange Grabkrallen. Berglemminge haben einen dichten Pelz. Ihr Sommerfell ist in verschiedenen Erdfarben gemustert, während sie im Winter völlig weißes Fell tragen.[1]
Lemminge machen Laute, die wie helles Quieken, Keckern oder Knurren klingen, wobei Jungtiere eine etwas hellere Stimme haben als ausgewachsene Tiere.
Lebensweise
Berglemminge sind tags wie nachts aktiv. Sie halten keinen Winterschlaf, leben aber im Winter überwiegend unter der Schneedecke. Im Sommer legen sie Baue an, die bis zu 30 cm tief reichen. Diese verbinden die Oberfläche mit einer Nestkammer, die einen Durchmesser von etwa 15 cm hat und mit Gräsern und Haaren ausgepolstert wird. Gelegentlich gibt es auch weitere Kammern, zum Beispiel für den Kotabsatz. Im Winter werden stattdessen Hohlräume unter dem Schnee (subnivaler Raum) oder aus Pflanzenteilen bestehende Kugelnester auf dem Schnee angelegt.
Hauptnahrung sind Moose, Heidel- und Preiselbeeren, sowie Baumrinden, aber auch Flechten, Wurzeln, Gräser und Triebe. Fressfeinde des Berglemmings sind Polarfüchse, Vielfraße, Hermeline, Schnee-Eulen und Raubmöwen, sowie der zugewanderte Rotfuchs.[2]
Fortpflanzung und Bestand
Wenn der Winter mild war, das Frühjahr früh einsetzt und der Herbst spät kommt, dafür das Nahrungsangebot reichhaltig ist, kommt es zu einer Bevölkerungsexplosion. Nach einer Tragzeit von 20 bis 21 Tagen wirft das Weibchen durchschnittlich sechs Junge. Normal sind drei Würfen pro Jahr, mit jeweils bis zu 13 Jungtieren.[3]
In Jahren, in denen es zur Massenvermehrung kommt, pflanzen sich die Weibchen des 1. und 2. Wurfs bereits in ihrem Geburtsjahr (mitunter mehrfach) fort.[1] So kommt ein einziges Weibchen in einem Lemmingahr auf bis zu 1.000 direkte Nachkommen.[2] Ein Paar wurde beobachtet, wie es in 167 Tagen acht Würfe hervorbrachte.
Nach Angaben der Weltnaturschutzorganisation IUCN ist der Berglemming, laut einer Erhebung von 2016, nicht in seinem Bestand gefärdet.[4]
Massenwanderungen
Da die Populationen der Berglemminge starken Schwankungen ausgesetzt sind, kommt es alle drei bis vier Jahre zu sogenannten Lemmingjahren. Aber auch in Jahren ohne Massenvermehrung, wandern Berglemminge zur Zeit der Schneeschmelze in ihr Sommergebiet und kehren ab August in ihr Überwinterungsgebiet zurück.[1]
Während es regelmäßig zu Lemmingjahren kommt, lässt sich etwa alle 32 bis 36 Jahre ein so genannter Lemmingausbruch dokumentieren. In Folge von Platz- und Nahrungsmangel werden die Tiere aggressiv und beginnen sich gegenseitig zu beißen und zu verletzen. Dieses Verhalten geht dem Aufbruch auf eine größere Massenwanderung als sonst üblich voraus, bei der die Berglemminge die Höhenzüge verlassen und gemeinsam talwärts ziehen. Dabei zwingt ihr angeborener Instinkt die kleinen Nager, auf der Suche nach neuen Territorien, immer geradeaus zu laufen. Sie überwinden sogar Hindernisse wie Flüsse und Schluchten, mitunter auch indem sie Klettern, Springen oder Schwimmen. Berglemminge können auf diese Weise Strecken von über 100 Kilometern zurück legen, wobei viele von ihnen unterwegs sterben und so selbst zur Regulierung ihrer Überbevölkerung beitragen.[3]
Gelangen die Berglemminge immer tiefer in die Täler, so treffen sie unterhalb der Baumgrenze auf die Territorien ihrer kleineren Verwandten, der Waldlemminge. Diese verteidigen ihre Gebiete gegen die Eindringlinge, so dass auch nach der Ankunft viele der entkräfteten Berglemminge in der fremden Umgebung zu Grunde gehen.[2]
Mythos kollektiver Selbstmord
Der angebliche kollektive Selbstmord von Lemmingen ist eine Legende. Sie wurde durch den 1958 von der Walt Disney Company produzierte Tierfilm Weiße Wildnis begründet, in der spektakuläre Bilder von Lemmingen gezeigt werden, die sich einen Abhang hinunterstürzen. Bei den Dreharbeiten kamen jedoch Hunde zum Einsatz, damit gefilmt werden konnte, wie sich die Lemminge den Abhang hinunterstürzen.[5]
Bilder
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Berglemming in Zwergbirken
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Ein Berglemming versteckt sich
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Aufgeschreckter Berglemming
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Berglemming in der defensiven Position
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Lemming mit Sommerfell im Schnee
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Ertrunken auf der Wanderschaft
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Ausgestopfter Berglemming im Winterfell
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Schädel eines Berglemmings
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. 2 Bände. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore MD u. a. 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- Heikki Henttonen, Asko Kaikusalo: Lemming movements. In: Nils Chr. Stenseth, Rolf Anker Ims: The biology of lemmings. Partly arising from Papers presented at a meeting at the Konnevesi Research Station, Finland (= Linnean Society Symposium Series.Bd. 15). Academic Pres, London u. a. 1993, ISBN 0-12-666020-4, S. 157–186.
Weblinks
- ↑ a b c d Lexikon der Biologie. Lemminge Spektrum, aufgerufen am 2. November 2021
- ↑ a b c Die kleinen Giganten des Nordens - Das Geheimnis der Lemminge NDR, aufgerufen am 2. November 2021
- ↑ a b Lemminge kleine Nager fliehen in Massen Was ist was, aufgerufen am 2. November 2021
- ↑ Norway Lemming. Lemmus lemmus (engl.) IUCN, aufgerufen am 2. November 2021
- ↑ Begehen Lemminge Massenselbstmord? Universität Osnabrück, aufgerufen am 2. November 2021