„Terrorismus“ – Versionsunterschied
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[[Datei:UA Flight 175 hits WTC south tower 9-11 edit.jpeg|mini|[[Terroranschläge am 11. September 2001|Anschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001]]]]
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Unter '''Terrorismus''' (abgeleitet über „[[Terror]]“ von {{laS|terror}} ‚Furcht‘, ‚Schrecken‘) versteht man
Terroristen greifen nicht militärisch nach Raum (wie der [[Guerilla|Guerillero]]), sondern wollen nach einer klassischen Formulierung [[Franz Wördemann]]s „das Denken besetzen“ und dadurch Veränderungsprozesse erzwingen.<ref>[[Franz Wördemann]]: ''Terrorismus. Motive, Täter, Strategien.'' Piper, München/ Zürich 1977, S. 53; [[Andreas Elter]]: [http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/geschichte-der-raf/49218/definition-von-terrorismus?p=all ''Die Definition von Terrorismus.''] In: ''Dossier: Die Geschichte der RAF.'' [[Bundeszentrale für politische Bildung]], 20. August 2007.</ref> So ist Terrorismus keine [[Militär]]-, sondern primär eine Kommunikationsstrategie.<ref name="Bockstette" />
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Von [[Widerstandsbewegung]]en, [[Guerilla]]s oder [[Befreiungsbewegung|nationalen Befreiungsbewegungen]] unterscheidet sich der Terrorismus weniger durch die Wahl seiner Waffen als in der Wahl seiner Ziele: Eine nationale Befreiungs- oder Widerstandsbewegung ist zumeist militärisch raumgreifend, der Terrorismus dagegen versucht, mit seinen Gewaltakten möglichst große Aufmerksamkeit zu erlangen, um geschlossene Machtstrukturen zu untergraben und die Angreifbarkeit solcher Strukturen zu exemplifizieren und der Bevölkerung öffentlich zu erschließen.
Auch verschwimmen in länger bestehenden terroristischen Organisationen nicht selten durch eine [[Kommerzialisierung]] („Gewaltunternehmertum“ nach [[Georg Elwert|Elwert]]) die Grenzen zur [[Organisierte Kriminalität|organisierten Kriminalität]] (zum Beispiel finanzierten sich [[Provisional Irish Republican Army|IRA]] und [[Euskadi Ta Askatasuna|ETA]] teilweise durch [[Schutzgelderpressung]] bei örtlichen Unternehmern
=== Definitionen ===
Was als Terrorismus zu bezeichnen ist und was nicht, dazu gibt es weder in der politischen Praxis noch in der Forschung eine einheitliche Definition.<ref>Bruce Hoffman: ''Terrorismus – Der unerklärte Krieg.'' Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-10-033010-2, S.
Umstrittener sind juristische Definitionsversuche. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erarbeitete 2004 in [[Resolution 1566 des UN-Sicherheitsrates|Resolution 1566]] eine völkerrechtlich verbindliche Definition,<ref>vgl. Adam Roberts: ''The 'War on Terror' in Historical Perspective'', in: Thomas G. Mahnken und Joseph A. Maiolo: ''Strategic Studies – A Reader'', Oxon: Routledge 2007, 398.</ref> wenngleich sie bislang noch keine umfassende Anerkennung gefunden hat. Die Grenze zwischen „[[Widerstandskämpfer]]“ und „Terrorist“ ist weltanschaulich geprägt und daher oft strittig. Der Soziologe [[Henner Hess]] findet in der Begrifflichkeit ein Problem, da es im Auge des Betrachters läge. Wen manche als Terroristen nennen, können andere als „Gotteskrieger“, Revolutionär oder Freiheitskämpfer definieren. [[Richard Reeve Baxter]], ehemaliger Richter am [[Internationaler Gerichtshof|Internationalen Gerichtshof]], äußerte sich wie folgt:
:Wir haben Grund zu bedauern, dass uns ein [[Rechtswissenschaft|juristischer]] Begriff des Terrorismus jemals auferlegt wurde. Der Begriff ist unpräzise; er ist mehrdeutig; und vor allem dient er keinem entscheidenden juristischen Zweck.<ref>Originalwortlaut: ''„We have cause to regret that a legal concept of terrorism was ever inflicted upon us. The term is imprecise; it is ambiguous; and, above all, it serves no operative legal purpose.“'' Zit. n. [[University of New South Wales]]: [http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1351612 ''What is 'terrorism’? Problems of legal definition''], 2004.</ref> So existiert für nahezu jeden [[Staat]] eine andere Definition von [[Terror]]. In den [[Vereinigte Staaten
Im Jahre 1988 existierten bereits 109 verschiedene Definitionen des Wortes „Terror“ und diese Anzahl dürfte speziell nach dem 11. September 2001 weiter gestiegen sein.<ref>Vgl. [[University of New South Wales]]: {{Webarchiv |url=http://www.gtcentre.unsw.edu.au/Publications/docs/pubs/terrorismDefinitions.pdf#search=%22terrorism%20%22legal%20definition%22%20%22 |text=''What is 'terrorism’? Problems of legal definition'' |wayback=20060819045030}}, 2004.</ref> Einige Terrorismusforscher unterscheiden zwischen den Begriffen „Terrorismus“ und „Terror“. Demnach wird eine gewaltsame Methode als Terror verstanden, wenn sie von einem Staat angewendet wird, was auch als [[Staatsterrorismus]] bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ist aber zumindest in den anderen Definitionen nicht enthalten. In der Terrorismusforschung wird Terrorismus als gewaltsame Methode verstanden, die nicht zuletzt gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen gerichtet ist. Der Freiheits- oder Widerstandskämpfer wendet zwar physische Gewalt an, doch beschränkt er sich dabei vornehmlich auf militärische Ziele und beabsichtigt damit unmittelbar die Ziele seiner Organisation zu erreichen. Im Gegensatz dazu geht es dem Terroristen primär um die psychischen Folgen der Gewaltanwendung. Die [[Violenz]] des Terroristen ist kommunikativ und indirekt, der Terrorist kann sein Ziel nur über Umwege erreichen.<!-- [5] --> Seine Kommunikation ist an sein Opfer, das ein Staat und seine Apparate sein kann, oder auch Zivilisten gerichtet. Der Widerstands- oder [[Freiheitskämpfer]] beschränkt sich dabei vornehmlich auf militärische Ziele.
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Nach [[Carsten Bockstette]] kann Terrorismus wie folgt verstanden werden: „Erst die Verkopplung mit den [[Massenmedien]] macht den ''Terrorismus'' zu einer weltweit politisch-militärischen Strategie. [...] Terrorismus ist der nachhaltige und verdeckt operierende Kampf auf allen Ebenen durch die bewusste Erzeugung von [[Angst]] durch schwerwiegende Gewalt oder der Androhung derselben, zum Zweck der Erreichung eigener politischer Ziele. Dies geschieht unter teilweiser Nichtachtung von existierenden Konventionen der Kriegsführung. Hierbei wird versucht, höchstmögliche Publizität zu erlangen [...].“<ref name="Bockstette">Carsten Bockstette: ''Terrorismus und asymmetrische Kriegsführung als kommunikative Herausforderung.'' In: Carsten Bockstette, Siegfried Quandt, [[Walter Jertz]] (Hrsg.): ''Strategisches Informations- und Kommunikationsmanagement. Handbuch der sicherheitspolitischen Kommunikation und Medienarbeit.'' Bernard & Graefe Verlag, 2006, S. 204</ref> Demnach ist die Erzeugung von Schrecken ein wichtiger Bestandteil der Definition.
Bockstette weiter: „Terrorismus kann ein Teil eines asymmetrischen Konfliktes sein und trägt einen Konflikt mit geringfügigen Ressourcen gegen eine deutlich überlegende<!-- sic? nicht "überlegene" (ohne d)? --> Macht mit gewaltsamen Mitteln aus dem Untergrund aus. Oft proklamieren terroristische Gruppen für sich selbst, Guerilleros zu sein und einen [[Partisan]]enkampf mit unkonventionellen Methoden des Gewaltgebrauchs aufgrund ihrer militärischen Unterlegenheit führen zu müssen. Terroristen allerdings sind im Vergleich zu Partisanen normalerweise nicht in der Lage, eine direkte militärische Konfrontation zu überstehen und meiden diese, da sie dem Gegner anzahl- und ausrüstungsmäßig unterlegen sind. Terroristen setzen im Gegensatz zu Partisanen, nicht auf die physischen, sondern schwerpunktmäßig auf die psychischen Folgen ihrer Anschläge [...]“.<ref name="Bockstette" />
Nach der umfangreichen Definition von Pehlivan ist Terrorismus „[…] die Erzeugung von Schrecken
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Vom Terrorismus unterschieden werden kann der Terror, die Schreckensherrschaft als ein Machtmittel (prima ratio) durch Staaten gegenüber der eigenen Bevölkerung.“<ref>{{Literatur |Autor=E. Pehlivan |Titel=Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen EU und Türkei durch Europäisierung der inneren Sicherheit: eine Untersuchung am Beispiel der Terrorismusbekämpfung. |Ort=Duisburg |Datum=2009 |URN=nbn:de:0168-ssoar-280226}}</ref><ref>Vgl. Peter Waldmann: ''Terrorismus. Provokation der Macht.'' München 1998, S. 15 f.</ref>
Eine weltweit einmalige Ausweitung hat der Begriff seit 2013 in der Türkei erfahren. Im Mai 2016 stellte die in Ankara ansässige [[Denkfabrik]] TARK fest, dass es in der Türkei 11.000 aus politischen Gründen Inhaftierte gäbe, nicht zuletzt Akademiker, Journalisten und andere Intellektuelle, wobei es ein weltweit einmaliger Zustand sei, dass in der Türkei auch dann wegen Terrorismus verurteilt werden könne, wenn selbst mittelbar keinerlei Bezug zu politischer Gewalt angeklagt sei. Hierfür sei durch die [[Adalet ve Kalkınma Partisi|AKP-Regierung]] der Begriff „unbewaffneter Terrorismus“ erfunden und durch die Rechtsprechung angewandt worden.<ref>{{Internetquelle |url=http://tark.org.tr/abuse-of-anti-terror-law-is-destroying-turkeys-democracy-1547/ |titel=Abuse Of Anti-Terror Law Is Destroying Turkey’s Democracy |hrsg=Institute of Social and Political Researches (TARK), Ankara |datum=2016-05-10 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160517143138/http://tark.org.tr/abuse-of-anti-terror-law-is-destroying-turkeys-democracy-1547/ |archiv-datum=2016-05-17 |abruf=2016-05-17}}</ref>
Im April 2018 hat [[Facebook]] die Kriterien für die Löschung von Artikeln auf seiner Plattform präzisiert und dabei erstmals die den Löschungen zugrundeliegende Definition von Terrorismus vorgelegt: Terroristisch sei demnach „jede Nichtregierungsorganisation, die vorsätzliche Gewalthandlungen gegen Personen oder Eigentum betreibe, um eine Zivilbevölkerung, eine Regierung oder internationale Organisation einzuschüchtern, um ein politisches, religiöses oder ideologisches Ziel zu erreichen“.<ref>{{Literatur |Autor=WELT |Titel=Extremistische Posts: Facebook hat jetzt eine eigene Definition für Terrorismus |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2018-04-24 |Online=https://www.welt.de/wirtschaft/article175745357/Extremistische-Posts-Facebook-hat-jetzt-eine-eigene-Definition-fuer-Terrorismus.html |Abruf=2018-05-04}}</ref>
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Anstelle eines Versuches, den Begriff Terrorismus an sich zu definieren, soll das schon beschriebene moralische Dilemma am Beispiel des Umgangs der Vereinten Nationen mit dem Terrorismus illustriert werden, das auch von Hoffman 2002 beschrieben wird:
[[Datei:München 1972 Gedenkstein.jpg|mini|Denkmal für die Opfer des Münchner Olympia-Attentats von 1972]]
; Beispiel
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=== Ableitungen – Terrorist ===
Als '''Terrorist''' wird eine Person bzw. als Terroristen werden Personengruppen bezeichnet, die Anschläge und andere terroristische Aktionen bzw. Wirkungen beabsichtigen, ankündigen, planen und durchführen. Die Zuordnung wird typisch von den davon betroffenen Gruppen getroffen.<ref>Zum Begriff ausführlich reflektierend und mit weiteren Literaturnachweisen Thomas Marzahn: ''Das Feindstrafrecht als Komponente des Präventionsstaats?'' (= ''Beiträge zur Strafrechtswissenschaft. Papersbacks.'' Bd. 6). Lit, Berlin 2011, ISBN 978-3-643-10704-6, [https://books.google.de/books?id=gd6MPJ7ibZwC&pg=PA29 S. 29–32.]</ref> <!-- Für den Terroristen gehören teils das Leben im Untergrund, der bewaffnete Kampf und die Inkaufnahme oder gar die Einplanung des eigenen Tods (Selbstmordattentäter) zu den typischen Merkmalen. Weiterhin prägend ist eine für die jeweilige Person durchgehende, akzeptierte und teils selbst artikulierte Überzeugung in Kombination mit einer starken Radikalisierung. Quelle/Beleg? -->
== Geschichte ==
[[Datei:Memorial Stone for Siegfried Buback in Karlsruhe.jpg|mini|Gedenkstein für die von der RAF am 7. April 1977 in Karlsruhe ermordeten Georg Wurster, Wolfgang Göbel und [[Siegfried Buback]]]]
Terrorismus ist weltweit verbreitet und ein aktuelles, aber keineswegs ein neues Phänomen (siehe [[Sikarier]], [[Zelot]], [[Assassinen]] und die Bewegung [[Junges Italien]] um [[Giuseppe Mazzini]]). Einen Überblick geben die Listen [[Liste bekannter Attentate|bekannter Attentate]], [[Liste von Sprengstoffanschlägen|Sprengstoff-]] und [[Liste von Terroranschlägen|Terroranschläge]]. Die moderne Form des Terrorismus entwickelte sich in Europa wohl in der [[Sattelzeit]] um 1800 und wird in der Regel mit einer [[Ideologie]] begründet, die sich gegen die angegriffenen Personen, Personengruppen oder den Staat richtet und die mit friedlichen Mitteln nicht durchsetzbar sei (siehe dazu auch [[Fundamentalismus]] und [[Extremismus]]).<ref>Wolfram Siemann: ''Metternich. Staatsmann zwischen Restauration und Moderne.'' Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58784-9, S. 66 f.</ref> Die Historikerin [[Carola Dietze]] kam 2016 in ihrer Studie über die ''Erfindung des Terrorismus'' zum Ergebnis, dass die moderne Ausprägung – mit Rückgriffen auf die [[Amerikanische Revolution|Amerikanische]] und [[Französische Revolution]] – sich erst mit dem Attentat [[Felice Orsini]]s auf [[Napoleon III.]] im Jahr 1858 entwickelte und dessen transnationaler Rezeption in Europa, Russland und den Vereinigten Staaten verdichtet habe.<ref>[[Carola Dietze]]: ''Die Erfindung des Terrorismus in Europa, Russland und den USA 1858–1866.'' Hamburger Edition, Hamburg 2016, ISBN 978-3-86854-299-8 (beruht auf der Habilitationsschrift). [https://hpd.de/artikel/erfindung-des-terrorismus-im-19-jahrhundert-studie-13550 Rezension] von [[Armin Pfahl-Traughber]], [https://www.socialnet.de/rezensionen/22365.php Rezension] von [[Peter Eisenmann]].</ref>
Der Terrorismusexperte [[David C. Rapoport]] hat ''vier Wellen'' des Terrorismus seit dem 19. Jahrhundert identifiziert – eine [[Anarchismus|anarchistische]], eine [[Antikolonialismus|antikoloniale]], eine [[Neue Linke|neu-linke]] und eine religiöse –, die von Beginn an [[transnational]]e Medienereignisse gewesen seien (während frühere terroristische Aktivitäten wie die des [[Ku-Klux-Klan]] regional isoliert geblieben seien): In der ersten hätten Anarchisten den modernen Terrorismus in den 1880er Jahren vom russischen Zarenreich ausgehend begründet, was etwa eine [[Generation (Gesellschaft)|Generation]] lang angedauert habe. Die folgenden, teilweise überlappenden Wellen seien ebenso globale Phänomene gewesen: Ab den 1920er Jahren sei für etwa 40 Jahre die antikoloniale Welle beherrschend gewesen, ab den 1960er Jahren die neulinke Welle, die Ende des 20. Jahrhunderts abgeebbt und von der ab 1979 prävalenten religiösen Welle abgelöst worden sei.<ref>David C. Rapoport: ''The Four Waves of Modern Terrorism.'' In: Audrey Kurth Cronin, James M. Ludes (Hrsg.): ''Attacking Terrorism. Elements of a Grand Strategy.'' Georgetown University Press, Washington, D.C. 2004, S. 46–73, hier S. 46 f. [http://international.ucla.edu/media/files/Rapoport-Four-Waves-of-Modern-Terrorism.pdf (PDF)].</ref> Bedeutende Beispiele der neulinken Welle sind die [[Rote Armee Fraktion]] (RAF), die [[Provisional Irish Republican Army|Irish Republican Army]] (IRA), die [[Rote Brigaden|Brigate Rosse]] (BR) und die [[Euskadi Ta Askatasuna]] (ETA).
Nach dem [[Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA|11. September 2001]] führte der „[[Krieg gegen den Terrorismus]]“ der [[Bundesregierung (Vereinigte Staaten)|US-Regierung]] zum einen zur Terrorisierung der Zivilbevölkerung (beispielsweise in Pakistan)<ref>{{Internetquelle |autor=Stanford Law School |url=https://law.stanford.edu/publications/living-under-drones-death-injury-and-trauma-to-civilians-from-us-drone-practices-in-pakistan/ |titel=Living Under Drones: Death, Injury and Trauma to Civilians from US Drone Practices in Pakistan |sprache=en |abruf=2019-05-09}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Glenn Greenwald |Titel=New Stanford/NYU study documents the civilian terror from Obama's drones {{!}} Glenn Greenwald |Sammelwerk=The Guardian |Datum=2012-09-25 |ISSN=0261-3077 |Online=https://www.theguardian.com/commentisfree/2012/sep/25/study-obama-drone-deaths |Abruf=2019-05-09}}</ref>, sowie zu einer neuen Dimension des Terrorismus durch gezielt geplante [[Selbstmordattentat]]e von Islamisten, insbesondere durch das Terrornetzwerk [[Al-Qaida]]. Dessen Mitglieder beriefen sich auf einen historischen Hintergrund, der bis in Zeit der Kreuzzüge zurückreicht. So bezeichnete [[Osama bin Laden]] die Völker des Westens als „[[Kreuzfahrer]]“ und forderte von den Muslimen des Ostens einen „Krieg der Religionen“, um die muslimische Gemeinschaft im Westen zu unterstützen.<ref>Bigalke Abou-Taam (Hrsg.): ''Die Reden des Osama bin Laden.'' 2006, S. 111 f.</ref> Historischer Bezugspunkt ist die islamische [[Religionsgemeinschaft]] der [[Ismailiten]], eine Splittergruppe der [[Schiiten]], was jedoch mit deren theologischen und philosophischen Traditionen nicht vereinbar ist.<ref>Sebastian Simmert: ''Terrorismus im Zeichen falscher Traditionen. Über die Unvereinbarkeit ismailitischen Gedankenguts mit terroristischen Handlungen.'' In: ''Zeitschrift für Rechtsphilosophie.'' Heft 2, 2013, S. 3–17, hier [https://books.google.de/books?id=fnjVAgAAQBAJ&pg=PA16 S. 16 f.]</ref>
Am 23. November 2022 erklärte das [[Europäisches Parlament|Europäische Parlament]] [[Russland]] als staatlichen Unterstützer des Terrorismus.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.stimme.de/ueberregional/deutschland-welt/politik/ausland/eu-parlament-russland-ist-terrorismus-unterstuetzer-art-4702222 |titel=EU-Parlament: Russland ist Terrorismus-Unterstützer |werk=www.stimme.de |datum=2022-11-23 |sprache=de |abruf=2024-02-26}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20221118IPR55707/europaisches-parlament-erklart-russland-zu-staatlichem-terrorismus-unterstutzer |titel=Europäisches Parlament erklärt Russland zu staatlichem Terrorismus-Unterstützer |werk=www.europarl.europa.eu |datum=2022-11-23 |sprache=de |abruf=2024-02-26}}</ref>
== Ziele und terroristisches Kalkül ==
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{{Hauptartikel|Rechtsterrorismus}}
Rechtsterroristische Aktivitäten speisen sich zumeist aus [[Rassismus|rassistischen]] und [[Völkische Bewegung|völkischen]] Überzeugungen. Die größte Anzahl von Toten, durch Terroraktivitäten, ist in Deutschland durch den Rechtsterrorismus zu verzeichnen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.ftd.de/politik/deutschland/:rechtsterrorismus-ruf-nach-aus-fuer-v-leute-ist-purer-aktionismus/60129724.html |text=Ruf nach Aus für V-Leute ist purer Aktionismus |wayback=20111117174200}} Financial Times Deutschland, 16. November 2011.</ref> Der Beginn rechtsterroristischer Aktivitäten in Deutschland kann mit dem Mord an [[Kurt Eisner]] 1919 angegeben werden. In der [[Weimarer Republik]] begingen Rechtsradikale bis zu 400 „[[Fememord]]e“, unter den Opfern der zumeist in [[Freikorps]] organisierten Tätern waren vor allem Politiker der [[Sozialdemokratie]] und [[Kommunismus|Kommunisten]]. Mit der [[Machtergreifung|Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933]] wurde Rechtsterrorismus staatliche Politik. Für die ersten beiden Jahrzehnte der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] sind keine rechtsterroristischen Aktivitäten nachweisbar. Ende der 1960er Jahre bildete sich ein gewaltbereiter neonazistischer Untergrund und 1968 wurde von der Gruppe um [[Wehrsportgruppe Hengst|Bernd Hengst]] das Büro der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] beschossen. Der bekannteste Anschlag der [[Wehrsportgruppe Hoffmann]] war das [[Oktoberfestattentat|Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest]] mit 12 Toten. [[Deutsche Aktionsgruppen]] unter [[Manfred Roeder (Rechtsextremist)|Manfred Roeder]] begingen sieben Anschläge mit zwei Toten. In den 1980er und 1990er Jahren verlagerte sich der Schwerpunkt rechtsterroristischer Aktivitäten von politischen Gegnern zu rassistischen Attacken wie dem [[Mordanschlag von Mölln]] und dem [[Brandanschlag von Solingen|Mordanschlag von Solingen]] und der Mord- und Anschlagsserie des [[Nationalsozialistischer Untergrund|Nationalsozialistischen Untergrunds]]. Neben den organisierten Gruppen agierten Einzeltäter wie [[Kay Diesner]]. Mehrere Anschläge wie jener auf die [[Jüdisches Zentrum München|Münchner Synagoge]] durch das [[Kameradschaft Süd|Aktionsbüro Süd]] konnten im Vorfeld aufgedeckt werden.<ref>[https://www.welt.de/kultur/history/article13716280/Rechtsterrorismus-Es-begann-im-Jahr-1919.html Rechtsterrorismus – Es begann im Jahr 1919] von [[Sven Felix Kellerhoff]] in Welt online, 14. November 2011.</ref> Ähnliche Aktivitäten sind im gesamten europäischen Raum nachweisbar, die größte Anzahl an Todesopfern forderten die [[Anschläge in Norwegen 2011]]. In den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] ist der Rechtsterrorismus zudem religiös begründet und erklärt sich aus endzeitlicher [[Eschatologie]] und dem Kampf gegen als [[satan]]isch identifizierte Personen und Gruppen und weist Überschneidungen mit dem [[Milizbewegung in den Vereinigten Staaten|Militia]]- sowie [[Lebensrechtsbewegung#Gewalt|Abtreibungsgegnermilieu]] auf. In den USA lässt sich der rechtsextreme Terrorismus mit dem [[Ku-Klux-Klan]] bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Breit rezipierte Vorkommnisse neuerer Zeit sind [[Ruby Ridge]] und [[Branch Davidians]] sowie der [[Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City]].<ref>[http://www.publicgood.org/reports/wmdbrief.pdf Right Wing Terrorism and Weapons of Mass Destruction] (PDF; 91 kB) von Paul de Armond, 1999, auf der Website des Public Good Projects, abgerufen am 16. November 2011.</ref>
=== (Ethnisch-)Nationalistischer Terrorismus ===
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Die ''Global Terrorism Database'' (GTD) umfasst systematische Daten zu inländischen und internationalen terroristischen Ereignissen im Zeitraum 1970 bis 2017 und enthält aus diesem Zeitraum mehr als 180.000 Fälle.<ref>[https://www.start.umd.edu/gtd/ Global Terrorism Database]. Abgerufen am 6. Dezember 2018.</ref>
Laut [[National Counterterrorism Center]] (NCTC) der USA starben 2011 insgesamt 12.500 Menschen durch terroristische Angriffe.<ref>https://fas.org/irp/threat/nctc2011.pdf</ref> Der ''Global Terrorism Index'' des Institutes for Economy & Peace untersucht jährlich Opferzahlen, am stärksten betroffene Länder usw. Dem Index zufolge verloren z. B. im Jahr 2013 über 80 % der Opfer in einem der folgenden fünf Länder ihr Leben: Irak, Afghanistan, Pakistan, Nigeria und Syrien. 66 % der Anschläge wurden von einer der folgenden Terrorgruppen (oder ihren Partnern) verübt: [[Islamischer Staat (Organisation)|Islamischer Staat]], [[Boko Haram]],
Im Jahr 2014 beispielsweise wurden 78 % in einem der fünf
Laut Daten des ''Institute for Economics and Peace'':
{| class="wikitable"
! Jahr !! Tote durch Terrorismus !! davon in Europa
|-
| 2000 || 3.329<ref name="GTI-15-2">[http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2015/11/Global-Terrorism-Index-2015.pdf Global Terrorism Index 2015, S. 2] ''Institute for Economics and Peace''</ref> ||
|-
| 2012 || 11.133<ref name="GTI-14-2">[http://visionofhumanity.org/app/uploads/2017/04/Global-Terrorism-Index-Report-2014.pdf Global Terrorism Index 2014, S. 2]{{Toter Link |url=http://visionofhumanity.org/app/uploads/2017/04/Global-Terrorism-Index-Report-2014.pdf |date=2024-05}} ''Institute for Economics and Peace''</ref>
||
|-
| 2013 || 17.958<ref name="GTI-14-2" /> oder<br /> 18.111<ref name="GTI-15-4">[http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2015/11/Global-Terrorism-Index-2015.pdf Global Terrorism Index 2015, S. 4] ''Institute for Economics and Peace''</ref> || 244<ref name="GTI-14-35">[http://visionofhumanity.org/app/uploads/2017/04/Global-Terrorism-Index-Report-2014.pdf Global Terrorism Index 2015, S. 35]{{Toter Link |url=http://visionofhumanity.org/app/uploads/2017/04/Global-Terrorism-Index-Report-2014.pdf |date=2024-05}} ''Institute for Economics and Peace''</ref>
|-
| 2014 || 32.685<ref name="GTI-15-37" /> || 31<ref name="GTI-15-37">[http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2015/11/Global-Terrorism-Index-2015.pdf Global Terrorism Index 2015, S. 37] ''Institute for Economics and Peace''</ref>
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| 2015 || 29.376<ref name="GTI-16-2">[http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2016/11/Global-Terrorism-Index-2016.2.pdf Global Terrorism Index 2016, S. 2] ''Institute for Economics and Peace''</ref> || 487<ref name="GTI-16-22">[http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2016/11/Global-Terrorism-Index-2016.2.pdf Global Terrorism Index 2016, S. 22] ''Institute for Economics and Peace''</ref>
|-
| 2016 || 25.673<ref name="GTI-17-4">{{Webarchiv |url=http://visionofhumanity.org/app/uploads/2017/11/Global-Terrorism-Index-2017.pdf |text=Global Terrorism Index 2017, S. 4 |wayback=20181005152749
|-
| 2017 || 18.814<ref name="GTI-18-4">{{Webarchiv |url=http://visionofhumanity.org/app/uploads/2018/12/Global-Terrorism-Index-2018.pdf |text=Global Terrorism Index 2018, S. 4 |wayback=20200728000847
|-
| 2018 || 15.952<ref name="GTI-19-2">{{Webarchiv |url=http://visionofhumanity.org/app/uploads/2019/11/GTI-2019web.pdf |text=Global Terrorism Index 2019, S. 2 |wayback=20200904122139
|-
|}
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Zwischen 1970 und 1998 wurden durch Anschläge der [[Liste der Todesopfer der Rote Armee Fraktion|RAF 34 Menschen]] ermordet. Laut dem ''[[National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism]]'' (Global Terrorism Database der University of Maryland, USA) sind in Europa von 2000 bis 2015 durch Terrorismus 675 Menschen ums Leben gekommen.<ref>National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START), [https://www.start.umd.edu/gtd Global Terrorism Database], abgerufen 2016.</ref>
{{Siehe auch|Innere Sicherheit#Terroranschläge|
=== Relative Wahrscheinlichkeit ===
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== Literatur ==
* [[Mark Juergensmeyer]]: ''Terror in the Mind of God: The Global Rise of Religious Violence.'' 4. Auflage. University of California Press, Berkeley 2017, ISBN 978-0-520-29135-5.
* Florian Peil: ''Terrorismus – wie wir uns schützen können.'' Murmann, Hamburg 2016, ISBN 978-3-86774-559-8.
* {{BibISBN|978-3-593-39635-4|Kommentar={{Google Buch |BuchID=LnUT06qdNj8C |Seite=0}}}}
* David J. Whittaker (Hrsg.): ''The Terrorism Reader.'' 4. Auflage. Routledge, Abingdon 2012, ISBN 978-0-415-68731-7 [http://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=38653 (Rezension)].
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* [[Institut für Sicherheitspolitik]] (Hrsg.): ''Jahrbuch Terrorismus.'' Opladen, Farmington Hills, MI 2006 ff.
* Ben Saul: ''Defining Terrorism in International Law.'' Oxford University Press, Oxford, New York 2006.
* Johann Ulrich Schlegel
* [[Ulrich Schneckener]]: ''Transnationaler Terrorismus. Charakter und Hintergründe des „neuen“ Terrorismus.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-518-12374-4.
* [[Charles Townshend (Historiker)|Charles Townshend]]: ''Terrorismus. Eine kurze Einführung'' (= ''[[Reclams Universalbibliothek]].'' Band 18301). Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-018301-4.
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* [[Josef Isensee]] (Hrsg.): ''Der Terror, der Staat und das Recht.'' Duncker und Humblot, Berlin 2004, ISBN 3-428-11127-3.
* [[Walter Laqueur]]: ''Krieg dem Westen. Terrorismus im 21. Jahrhundert.'' Propyläen, Berlin 2003, ISBN 3-549-07173-6.
* Walter Laqueur: ''Terrorismus''. Athenäum, Kronberg/Ts 1977, ISBN 3-7610-8500-1.
* Sean K. Anderson, Stephen Sloan (Hrsg.): ''Historical Dictionary of Terrorism.'' Scarecrow Press, Lanham, MD 2002.
* Bruce Hoffman: ''Terrorismus – der unerklärte Krieg. Neue Gefahren politischer Gewalt.'' Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15614-9.
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{{Commonscat|Terrorism}}
{{Wikinews|Portal:Terrorismus}}
* {{DNB-Portal|4059534-1}}
* [http://www.bpb.de/apuz/25818/terrorismus ''Terrorismus.''] In: ''[[Aus Politik und Zeitgeschichte]]'', Ausgabe B51/2001.
* Robert Goehlert (Verantw.), Kira Homo, Christina Jones, John Russell: ''Terrorism. A Guide to Selected Resources.'' [[Indiana University]], Bloomington 2004 [http://www.indiana.edu/~global/resources/guides/TerrorismGuide.pdf (PDF)].
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{{Rechtshinweis}}
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